Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der katholische Bulle: Roman (German Edition)

Der katholische Bulle: Roman (German Edition)

Titel: Der katholische Bulle: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adrian McKinty
Vom Netzwerk:
erledigen, aber was sollte ich machen?
    Wir klopften an die kleine, in passendem Grün gestrichene Holztür.
    »Mr Hays?«, fragte Crabbie.
    Die Tür ging auf. Hays war groß und dürr, etwa fünfundzwanzig. Er trug weiße Jeans zu weißem Hemd, eine John-Lennon-Brille mit blauen Gläsern und hatte sich die blonden Haare gegelt. An der Wange hatte er einen blauen Fleck, die Lippe war aufgeplatzt und noch nicht verheilt, seit – und da gab es keinen Zweifel – die IRA ihn wegen Tommys Tod befragt hatte. Er richtete eine doppelläufige Schrotflinte Kaliber 12 auf uns.
    »Kann ich behilflich sein?«, fragte er in einem gepflegten »South Belfast«-Akzent.
    »Wir sind von der Polizei. Wir ermitteln im Fall des Todes von Tommy Little«, sagte ich und zeigte ihm meinen Ausweis.
    »Ich habe nichts zu sagen«, erwiderte Hays und studierte den Ausweis sorgfältig.
    »Haben Sie bis vor kurzem mit Tommy Little im Haus 33 Falls Court gewohnt?«
    »Bis gestern«, murmelte er.
    »Bis die IRA Sie rausgeschmissen hat?«
    »Kein Kommentar.«
    »Vielleicht könnten Sie die Flinte von meinen Eiern weghalten, ich werde bald Vater«, sagte Crabbie.
    Hays senkte die Waffe.
    »Mit wem haben Sie gerechnet?«, fragte ich und deutete auf die Flinte.
    »Ach, man kann ja nie wissen?«, meinte Hays nur.
    »Gehört das Haus Ihnen?«, fragte ich.
    »Hat meinem Vater gehört. Wir sind ab und zu hergekommen, um mal aus Belfast rauszukommen.«
    »Sie und Tommy Little?«
    »Kein Kommentar.«
    »Womit verdienen Sie Ihren Lebensunterhalt, Mr Hays?«
    »Ich arbeite für die Forstverwaltung.«
    »Ah, das ist sicher eine interessante Arbeit. Ich hab gehört, noch um 1800 konnte ein Eichhörnchen von einer Seite Irlands zur anderen von Ast zu Ast spazieren.«
    »Kommt ungefähr hin«, brummelte er und kniff die Augen zusammen.
    Ich hatte schon viele gesehen, die keine Aussage machen wollten, aber dieser Kerl war noch mürrischer als so manch anderer. Unter normalen Umständen würde er schwer zu befragen sein, doch zu unserem Glück war er mit den Nerven am Ende, gedemütigt und vor allem wütend.
    »Wer hat Ihnen gesagt, dass Sie nicht mit uns reden sollen, Mr Hays?«
    »Was glauben Sie?«
    »Die IRA?«
    »Die und mein gesunder Menschenverstand.«
    »Dürfen wir hereinkommen, Mr Hays?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Hören Sie, Mr Hays, ich bin Detective Sergeant bei der Carrickfergus RUC. Ich untersuche Tommys Tod. Anders als Ihre Freunde bei der IRA, die den ganzen Fall am liebsten unter den Teppich kehren würden, will ich den Mörder finden. Ich will herausfinden, wer es war.«
    »Tommy ist an dem Abend ausgegangen, mehr weiß ich nicht«, sagte Hays und wollte die Tür zumachen.
    Ich schob meinen Schuh in den Spalt. »Wohin wollte er?«
    »Ich sag nichts weiter.«
    »Wohin wollte er?«, setzte Crabbie nach.
    »Ich weiß gar nichts.«
    »Na kommen Sie schon, wir versuchen herauszufinden, wer ihn umgebracht hat«, beharrte ich.
    Seine Augen wurden feucht, aber noch immer schüttelte er den Kopf. »Ich kann Ihnen nichts sagen. Das hat man mir unmissverständlich klargemacht. Die haben mich an einen verdammten Stuhl gefesselt. Sie haben mir eine Waffe an den Kopf gehalten. Man hat mir gesagt, ich kann von Glück reden, dass ich noch lebe!«
    Ich holte tief Luft und legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Sagen Sie uns nur, wohin er gegangen ist«, flüsterte ich.
    Hays starrte mich wütend an, hielt aber den Mund.
    Ich sah zu Crabbie rüber. Natürlich konnten wir ihn mit aufs Revier nehmen, aber mit einem Anwalt der Sinn Fein im Zimmer würden wir bloß gegen eine Wand anrennen … Außerdem konnten wir sehen, dass der Mann einknickte.
    Er fing an zu zittern, kein einzelnes Ereignis, sondern eine Reihe kleiner Wellen, die sich zu einem Höhepunkt aufschaukelten, wie bei Menschen im Bus auf dem Weg zum Knock-Schrein. Echter Kummer.
    »Wir müssen wissen, wohin Tommy gegangen ist«, sagte Crabbie sanft.
    »Wen hat er besucht, Walter?«, fragte ich.
    Hays schüttelte den Kopf. »Ich lese Zeitung. Das hat nichts mit Tommys Job zu tun, oder? Das war ein Irrer, der einfach wahllos Leute umbringt! Schwule!«
    Er sagte es ganz verächtlich – so wie er wohl dachte, dass wir das Wort ›Schwule‹ aussprachen.
    Aber es war zu spät. Er hatte uns eine wichtige Information gegeben. Tommys Job.
    »Was hat Tommy denn für die IRA gemacht, Walter?«
    »Selbst das wisst ihr nicht mal?«, meinte Hays voller Verachtung. »Ihr habt nicht den leisesten Schimmer,

Weitere Kostenlose Bücher