Der katholische Bulle: Roman (German Edition)
reden.
»Ging es um Drogen?«, fragte ich.
Er zuckte mit den Schultern.
»Ich bin von der Mordkommission, nicht von der Drogenfahndung«, beharrte ich.
»Also ganz unter uns?«
»Ganz unter uns.«
»Schwören Sie es beim Leben des beschissenen Papstes.«
»Ich schwöre beim Leben des Papstes.«
»Na gut. Ich merke schon, Sie kommen fast um vor Neugier, also werde ich Sie von Ihrem Elend befreien. Ein paar ganz böse Jungs haben einen aufstrebenden jungen Mann in Andersonstown umgelegt, wir hatten ihm sicheres Geleit gewährt. Ich habe mir deswegen durchaus Sorgen gemacht – und ich habe mich gefragt, was aus den drei Beuteln braunem Heroin geworden ist, die der junge Mann bei sich hatte.«
Mir schoss es nur so durch den Kopf. Braunes Heroin? Sicheres Geleit? Was hatte Tommy Little mit alldem zu tun?
»Und was hat Tommy dazu gesagt?«, fragte ich ruhig.
»Nicht besonders viel. Er kam in mein Büro, gab mir zwei der drei Beutel und fragte, ob ich damit zufrieden sei, was ich bejahte.«
»Und wann genau war das?«
»Wie ich schon sagte, um acht.«
»Wie lange hat Ihr Treffen gedauert?«
»Zwei Minuten.«
»Und dann war er verschwunden?«
»Ja, dann war er verschwunden.«
»Und Sie haben ihn niemals wiedergesehen?«
Billy schüttelte den Kopf, sagte aber nichts.
»Sie haben Tommy nicht wiedergesehen?«
»Nein.«
Billy trug einen roten Trainingsanzug, Adidas-Sportschuhe und eine Goldkette um den Hals. Am Hals hatte er auf der einen Seite ein Spinnennetz, auf der anderen die rote Hand von Ulster tätowiert. Ganz das Erscheinungsbild eines protestantischen Paras auf mittlerer Ebene; dennoch war da etwas, das nicht ganz dazu passte.
Das hier war das Außenbild, das Image, das er vermitteln wollte. Darunter ging noch etwas anderes vor sich. Billy war clever, und sein Akzent klang so gar nicht nach Rathcoole. Mehr als nur ein Hauch südliches Afrika war noch immer zu hören.
»Sie waren doch auch mal Polizist, oder nicht, Billy? In Rhodesien?«
»Polizist? Steht das in Ihren Akten? Ein bisschen mehr Anerkennung, wenn ich bitten darf. Wir haben das Land praktisch geführt. Wir waren die Einzigen, die alles zusammengehalten haben. Das waren Zeiten. Tolle Zeiten! Das hätte ein Paradies sein können. Und schauen Sie es sich jetzt mal an! Wir hätten Mugabe ermorden sollen, als wir die Gelegenheit dazu hatten, und die hatten wir, können Sie mir glauben.«
Ich konnte mir ausmalen, was für tolle Zeiten das waren: Gefängnisprügeleien, Überfälle auf Mosambik, Dörfer niederbrennen, Ernten vernichten …
»Wie viele Menschen haben Sie in Rhodesien umgebracht, Billy?«
»Mehr als genug, Bulle. Mehr als genug«, sagte er eiskalt.
Ich rieb mir das Kinn. War irgendetwas davon wichtig? Er war ein eiskalter Killer, aber das wusste ich ja schon.
»Haben Sie jemals von Lucy Moore gehört?«
»Von wem?«
»Wissen Sie, wer Orpheus ist?«
»Was?«
»Lieben Sie Musik, Billy?«
»Natürlich.«
»Mögen Sie Oper?«
»Was?«
»Oper. Wagner. Puccini.«
»Mach ich mir nichts draus.«
»Nicht Ihr Ding?«
»Nicht mein Ding.«
Billy zündete sich eine Zigarette an und hielt mir das Päckchen hin. Ich nahm eine. Dann schaute ich zu, wie ein Flugzeug entlang der Küste des Belfast Lough zur Landung ansetzte.
»Noch mal zusammengefasst. Tommy Little kam Dienstag gegen acht Uhr vorbei, um Sie zu sehen. Er entschärfte einen potenziell ernsthaften Streit über das Heroin eines toten Drogendealers. Er blieb fünf Minuten, dann verschwand er, und Sie haben ihn nie wiedergesehen.«
»Kommt ungefähr hin«, bestätigte Billy, und wieder war da dieser Blick, der mir nicht gefiel. Wenn das die Wahrheit war, so war es nicht die ganze Wahrheit.
»Was taten Sie dann, als Tommy fort war?«
»Ich hab so bis zwölf Snooker gespielt und bin dann nach Hause.«
»Zeugen?«
»Alle im Club.«
»Die würden auch schwören, dass Sie der Schah von Persien sind.«
»Ja, das würden sie«, lachte Billy.
»Was denken Sie über Schwule, Billy?«
»Ich persönlich?«
»Ja.«
»Ist mir scheißegal. Wen kümmert’s, was die Leute in ihrem eigenen Zuhause so treiben.«
»Sehr aufgeklärt. Was würden Sie tun, wenn Sie herausfänden, dass einer Ihrer Jungs schwul ist?«
»Das wissen Sie doch.«
»Sie würden ihn umbringen?«
»Müssen wir. Die Oberen würden das verlangen.«
Der Niesel wich Regen.
»Noch weitere Fragen?«, sagte Billy.
»Ein oder zwei«, meinte ich
»Dann gehen wir besser rein.«
Wir gingen in das
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