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Der katholische Bulle: Roman (German Edition)

Der katholische Bulle: Roman (German Edition)

Titel: Der katholische Bulle: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adrian McKinty
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antwortete ich.
    »Lass mal einen Ausweis sehen«, verlangte er.
    Wir zeigten unsere Dienstmarken vor und wurden in ein Hinterzimmer geführt.
    Ein alter Knacker hockte in einem Angst einflößenden, klaustrophobischen Zimmerchen, das es locker mit dem Führerbunker hätte aufnehmen können, hinter einem unbehandelten Fichtentisch. UVF-Poster an den Wänden, daneben eine, sagen wir mal, naive Darstellung der Queen auf einem Pferd. Hinter dem Alten standen kartonweise Zigaretten jeder nur erdenklichen Sorte. Er schaute sich auf einem großen Fernseher eine Gärtnersendung an.
    »Sind Sie Billy?«, fragte ich.
    Der Alte erwiderte nichts darauf.
    Ich sah Matty an. Der zuckte mit den Schultern. Wir setzten uns auf zwei Plastikstühle.
    Der Alte glotze mich misstrauisch an. »Kommt ihr vom Finanzamt?«, wollte er wissen.
    »Nein.«
    »Zoll?«
    »Wir sind von der Polizei und möchten zu Billy.«
    »Und ihr kommt auch nicht von den Missionaren der Apostasie?«
    »Ich weiß noch nicht mal, was das heißen soll. Ist Billy da?«
    »Kommt in fünf Minuten zurück. Er holt nur Benzin für den Generator. Wir hatten letzte Nacht keinen Strom.«
    »Niemand hatte welchen«, sagte Matty.
    »Möchten Sie Tee?«, fragte der Alte.
    »Ich hätte nichts dagegen«, antwortete Matty.
    Der Alte ging zur Tür hinaus und kam ein paar Minuten später mit drei Bechern Tee, einer Flasche Milch, Würfelzucker und einer Packung McVitie’s Schokoladenvollkornkeksen zurück. Er gab Milch und Zucker in unsere beiden Becher und rührte mit seinem nikotingelben Zeigefinger um.
    »Danke«, sagte ich, als er mir einen Becher reichte.
    Der Alte fing an zu quatschen, erst über Busse und über Fußball, schließlich aber über die Schützengräben und den Ersten Weltkrieg, aus dem er, wie er sagte, am ersten Tag der Schlacht an der Somme als einziger Überlebender einer Einheit der Ulster Volunteers herausgekommen war. Ich sah auf die Uhr. Ziemlich lange fünf Minuten.
    »Ich geh mal kurz raus«, sagte ich, ging durch den Spielsaal, öffnete die Tür und füllte mir die Lungen mit Gottes kostenloser frischer Luft. Es regnete, die Jeansmänner hockten drinnen und warteten darauf, dass sie an den Snookertischen an die Reihe kamen.
    Ein schwarzer Mercedes 450 SL hielt an. Das klassische Verkehrsmittel von Terroristen, Zuhältern und afrikanischen Diktatoren.
    Zwei Mann stiegen aus. Einer von ihnen hob einen großen Kanister aus dem Kofferraum und schleppte ihn zur Rückseite des Clubs. Er war ein junger Kerl, blond, etwa zweiundzwanzig. Gut aussehender Bursche in brauner Hose und scharzem T-Shirt.
    Der andere Typ zündete sich eine Zigarette an und nickte mir zu. Das war Billy, ich wusste es. Er hatte schwarze Haare, mit einer Susan-Sontag-Strähne vorn. Die blaugrauen Augen saßen tief in den Höhlen, die Falten um seinen Mund waren noch tiefer. Er hatte ein kantiges Keltengesicht, das mich an Fred Feuerstein oder Ian McKellen erinnerte.
    »Sind Sie der Bulle, der angerufen und nach mir gefragt hat?«, wollte er wissen.
    »Detective Sergeant Sean Duffy, Carrickfergus RUC«, bestätigte ich.
    »Katholisch?«
    »Ja.«
    Er lachte kurz und hässlich. »Okay, also worum geht’s?«
    »Tommy Little.«
    »Lassen Sie mich raten, Sie haben Walter Hays befragt, und er hat gesagt, Tommy wollte zu mir? Richtig?«, sagte er mit animalischer Verschlagenheit.
    »Richtig.«
    »Wollen Sie wissen, woher ich das weiß?«
    »Sie verfügen über telepathische Fähigkeiten.«
    »Weil die IRA mich bereits angerufen und gefragt hat, wann ich Tommy das letzte Mal gesehen habe. Und das sehr höflich.«
    Natürlich waren IRA und UVF Todfeinde, die rein theoretisch bei jeder sich bietenden Gelegenheit versuchten, sich gegenseitig umzubringen. In der Praxis gab es allerdings zahlreiche Kontakte zwischen den beiden Organisationen. Sie kooperierten, um Reibungen zu verringern und die Verteilung und das Eintreiben von Schutzgeldern zu sichern.
    »Wann haben Sie Tommy das letzte Mal gesehen?«
    »Tommy tauchte an dem Tag, als er erschossen wurde, etwa um acht Uhr abends hier auf. Dienstag.«
    »Warum?«
    »Wir hatten Geschäftliches zu klären.«
    »Was für Geschäfte?«
    »Ist nicht relevant, Bulle«, sagte Billy drohend.
    Genau wie bei Gerry Adams und Freddie Scavanni wusste ich auch in diesem Fall, wer hier die Spielregeln vorgab. Ich musste mich ganz, ganz vorsichtig herantasten. Er konnte das Gespräch jederzeit beenden, und ich würde nie wieder die Chance haben, mit ihm zu

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