Der Katzenelf (German Edition)
Sonnenstrahlen verschwanden, landete sie am Fuße des Hohen Berges im Stillen Tal.
Der Wasserfall gischte in den kleinen kalten Bergsee, und wie durch eine magische Macht an der Hand genommen, stieg Isa mühelos den steilen Abhang neben dem tosenden Wasser hinauf und betrat dann hinter dem spritzenden Nass eine Höhle. In deren metallisch rötlichen Licht erkannte sie die Frau mit den goldbraun leuchtenden Haaren wieder, die ihr in dem Traum mit der grünhaarigen Nixe bereits begegnet war. Und wieder sah die Elfe sie flehend mit ihren erdbraunen Augen an und sagte: „Bitte hilf mir, ich muss zu meinem Volk zurück!“ Noch ehe Isa mit ihr sprechen konnte, verschwand die Frau in der Höhle.
Als sie erwachte war der Hohe Berg weit fort. Sie lag auf dem moosigen Waldboden unterhalb des Joches bei der Quelle am Fuße des Felsens und hielt noch immer den rau-rindigen Stamm von Faniris Baum umschlungen. Noch bevor ihre Gedanken wieder frisch und klar wurden, fiel ihr ein, dass der Hohe Berg mit dem Wasserfall am Ende des Stillen Tales die Form einer Pyramide mit drei Spitzen hatte.
Die folgenden Tage regnete es ununterbrochen und Isa konnte ihren Ausflug ins Stille Tal und zum Hohen Berg zwar planen, aber nicht ausführen. Das Stille Tal begann im Südosten am Fuße der Rückseite des Buckligen Berges und verlief ungefähr fünfzehn Kilometer lang, links und rechts eingeschlossen von hohen Gebirgsketten südwestlich, parallel zu jenem Mittelgebirge, wo Isas Haus stand. Der Hohe Berg, stand wie ein einsamer dreizackiger Wächter am Talschluss und riegelte dieses Tal wie eine unbezwingbare Mauer ab. Um eine Straße von Südwesten aus zu errichten, hätte man einen riesigen Tunnel durch den Berg sprengen müssen, doch dieses Gebiet stand unter Naturschutz und wurde von den Besitzern schon jeher nur zur Jagd und für Viehzucht benutzt, deshalb gab es auch keine Infrastruktur. Deshalb nannte man dieses Tal auch seit ewigen Zeiten das „Stille Tal“.
Isas Vorfahren hatten die Almwiesen schon seit Generationen an ein paar Bauern verpachtet, die in größeren Abständen Holzhütten als Schutz vor schlechtem Wetter für ihre Hirten und Tiere errichteten. Eine kleine Alm beherbergte ebenfalls im Sommer Vieh, von dem Butter, Milch und Käse hergestellt wurden. Die nicht allzu stabile Materialseilbahn beförderte die lebensnotwendigen Dinge direkt vom Buckligen Berg herunter bis kurz vor die Almhütte und zurück, da ja das Tal nicht befahrbar war.
Diese Gegend war ein Paradies für Wanderer im Sommer und Skitourengeher im Winter. Für Menschen, die die Ruhe und die unberührte Natur liebten. Denn hier im Stillen Tal spürte man noch ab und zu den Atem Gottes, ein Gott der die Herzen mithilfe der Schönheit dieser Gegend weit öffnete und das schnelle, hektische, das sinnlose Streben nach mehr und mehr auslöschte. Ja, diese Landschaft war Balsam für die Seele und der Geheimtipp unter Naturliebhabern, die gerne alleine unterwegs waren, größere Touristenansammlungen verabscheuten und lieber in Ruhe Pflanzen und Tiere beobachteten.
Der Hohe Berg ragte mit seinen drei mächtigen Zinnen schroff und unnahbar wie ein einsamer stolzer Riese aus vergangener Zeit, im Talschluss auf. Von seinen zerklüfteten Felsen schoss ein wild tosender Wasserfall herab, der in einen kleinen kalten türkisgrün schimmernden Bergsee mündete, von dem aus ein kleiner Fluss sich wie eine silberne Schlange durch das Tal in Richtung Osten zum Buckligen Berg wand. Dieser Bach war voll von munteren Gebirgsforellen und Äschen, welche wie das hier zahlreich lebende Wild von Trimmel gehegt und gepflegt wurden, der Jagdaufseher für die Gemeinde war, an welche die schottischen Besitzer des Stillen Tales ihre Jagdrechte verpachtet hatten. Das alles war nun Isas Eigentum.
Doch das große Ausmaß ihres Besitzes wurde Isa erst bewusst als sie ihre Wanderkarte studierte und begriff, dass sie für einen Ausflug zum Hohen Berg wieder zwei Tage einplanen musste. Sie besuchte also erneut ihren alten Freund Josef Trimmel, der ihr freudig zu ihrer Erbschaft gratulierte und sie dann ängstlich fragte, was sie für Pläne für das Stille Tal hatte. Sie bat ihn, sich keine Sorgen zu machen und überreichte ihm einen Brief mit dem Auftrag, diesen aufzubewahren und ihn erst zu öffnen, falls ihr irgendetwas zustoßen würde.
Sie erzählte ihm von Bennos Besuch und seinen Kaufangeboten und ihrer Absage und merkte, dass der alte Mann sehr erleichtert war. Ja, Trimmel
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