Der Katzenelf (German Edition)
Tiere, die sie hier kennen lernte, das verletzte Reh, das damals Großmutter pflegte. Zusammen mit dem Förster brachten sie das erwachsene Tier später auf den Buckligen Berg um es in das Dickicht des Mischwaldes, der sich südlich vom Berggipfel in das Stille Tal hinunterzog, wieder in die Freiheit zu entlassen. Es verschwand im dunklen Grün der Bäume. Sie trafen es nie wieder, doch manchmal sah sie den Schatten des jungen Rehs in mondhellen Nächten draußen vorbei ziehen. Vollmondnächte in denen sie hellwach, in eine Decke gewickelt, am Fenster stand und auf den See hinausstarrte. Sie erinnerte sich an die Fahrten mit der Gebirgsbahn durch den dunkeln Fichten und Tannenbestand in die Stadt, wo sie später das Gymnasium besuchte. Wie oft hatte sie dieser alten Eiche hier ihre kindlichen Träume und Wünsche, ihren ersten Liebeskummer und ihre Sehnsüchte anvertraut.
Warum war das alles in den letzten Jahren so in Vergessenheit geraten? Seit sie ihre Großmutter am Dorffriedhof begrub, kam sie so selten hierher und wenn, dann mit ihren alten Freunden nur am Wochenende. Das schnelle Leben der Stadt hatte sie eingefangen, die vielen Begegnungen mit interessanten Menschen, Freundschaften, Konzerte, Theater, Kino, Discoabende und endloses, meistens jedoch sinnloses Philosophieren in den schummrigen Kneipen mit ihren Studienkollegen. War das wirklich wichtiger als das alte Haus hier, dieser tröstende Baum und der kleine See? Die Einsamkeit, die sie hier umgab war gar nicht traurig, sondern wie heilender Balsam in ihrem verwundeten Herzen. Nein, sie musste einen Weg finden das Haus zu behalten! Sie erkannte, dass sie es wie auch diese Gegend hier so notwendig wie die Luft zum Atmen brauchte. Jetzt wollte sie hier nicht mehr weg.
Plötzlich strich etwas Felliges über ihre Beine und sie sah Prinz, der den Stamm des Baumes intensiv beschnupperte und dabei seinen Schwanz zitternd nach oben stellte. Sie verstand nicht allzu viel von der Körpersprache der Katzen, doch es sah aus, als würde er erregt die Eiche begrüßen. Dann sprang er mit einem Satz den Baum so plötzlich an, dass sie erschrak und aufstand. Doch Prinz stieß seine Krallen in den Stamm, kletterte ihn fast senkrecht hoch und verschwand im dicken Geäst. Sie lächelte, stand auf und ging ins Haus zurück. Ja, hier gefiel es ihrem neuen Gefährten, da war sie sich ganz sicher.
Am Wochenende kam Anna zu Besuch. Sie umarmte Isa stürmisch und freute sich über Prinz, denn sie liebte Katzen. Sie kraulte ihn entzückt mit ihren angeklebten, teuren Kunstfingernägeln, während er sich wohlig dehnte, streckte und dabei behaglich schnurrte. Anna hatte noch einen Koffer von Isas zurückgelassenen Habseligkeiten mitgebracht und während beide Frauen lachend und schnaufend das Gepäck von der Bahnstation herunterzerrten, erzählte Anna von Benedikt.
„Er hat getobt, als er von Venedig zurückkam! Andauernd rief er bei mir an und wollte wissen wo du dich aufhältst. Weil er so wütend war, sagte ich ihm, dass du in einer anderen Stadt ein Stellenangebot angenommen und einen neuen Freund hast, den ich noch nie gesehen habe. Natürlich wollte er deine neue Handynummer, deine Adresse und gab vor, wichtige Dinge mit dir besprechen zu müssen. Ich musste ihm leider sehr deutlich sagen, dass du nichts mehr von ihm wissen willst, doch das glaubte er mir einfach nicht! Überall fragt er bei unseren gemeinsamen Bekannten herum, doch niemand konnte ihm Auskunft geben. Ich halte es sogar für möglich, dass er eine Detektei beauftragt hat um dich zu finden und es wundert mich, dass er das Haus am See anscheinend vergessen hatte. Er ist plötzlich von dir besessen und bildet sich tatsächlich ein, du allein seiest seine große Liebe. Er sagte mir drohend, dass er dich nicht einfach so ziehen lasse!“ Isa lächelte: „Meine neue Handynummer kennst nur du, aber irgendwann werde ich schon wieder mit ihm sprechen. Jetzt möchte ich einfach ein paar Monate von diesem Menschen Abstand haben!“ Doch Anna antwortete: „Ach Isa, es gehören doch immer Zwei zum Streiten!“ „Richtig Anna“, erwiderte Isa „ Und in meinem Fall war es Einer der austeilt, und der andere, der einsteckt und sich alles gefallen lässt! Und der Andere, der war ich! Leider! Jetzt will ich nicht mehr Opfer sein, verstehst du? Also sag ihm bitte weder meine Adresse, noch meine Nummer! Ich glaube kaum, dass er glaubt, dass ich mich hier niedergelassen haben könnte. Er mochte das Haus nie. Und wenn er
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