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Der Keil des Himmels

Der Keil des Himmels

Titel: Der Keil des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horus W. Odenthal
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mit ihm zu vermeiden, doch Auric bemerkte von der Seite her die Anspannung in ihrem Gesicht und ihre nervösen, bekümmert umher schweifenden Blicke.  
    Vikarin Berunian, das hatte ihm noch gefehlt. Er musste eine seiner schärfsten Kritikerinnen mit auf seinen Feldzug schleppen. Gerade die, welche ihn im Parlament auf so unverschämte Weise geschmäht hatte. Auf was hatte er sich nur mit seiner Zusage gegenüber Silgenja eingelassen, bei der Befreiung des Aussteigers zu helfen?  
    Er war ein wenig erstaunt gewesen beim Blick auf seine Leibgarde lediglich die üblichen sechs Gesichter zu sehen. Was war aus Silgenjas Ankündigung geworden, zwei Mitglieder der Kutte würden ihn begleiten? Es gab keine zwei zusätzlichen Männer, noch waren zwei durch neue Gesichter ersetzt worden. Entweder hatte Silgenja nicht Wort gehalten oder … Mit Mistrauen musterte er nacheinander die Gesichter seiner Leibgarde. Hubbarb, dessen Skopaina stumm an seiner Seite ritt, grinste ihm zu.
    Unbeachtet ritten sie durch Vorstadtstraßen und erreichten schließlich das Hügelland, in dem sich nur noch verstreut Villen und Gutshöfe fanden.  
    So verließ General Auric Torarea Morante, von seinen Soldaten Auric der Schwarze genannt, Idirium.

Siebtes Buch:  
    Norgond

Abweichungen

    „Genau da, wo es konkret werden sollte, genau da, wo es für uns interessant wird, brechen die Schriften ab.“
    „Und ich kann keine ergänzenden Texte oder Anschlusstexte finden, so sehr ich auch die Bibliothek durchsuche. Es ist zum Verzweifeln. Als würde ein großes Loch in unseren Aufzeichnungen klaffen. Genau der Eindruck, den ich in meiner Arbeit über die Späten Feuerkriege erhalten habe. Beim Studium all der Varianten und Apokryphen. Als wäre die Gesamtheit der Schriften darüber, der Ring der Neun , die Historien , die Diegese des Späten Widerstands, das alles, ein gigantisches Palimpsest, Texte, die abgeschabt und wieder und wieder überschrieben wurden.“
    Er und Darachel saßen tief über Schriften, Bücher und Pergamente gebeugt inmitten einer Anordnung von Schreib- und Lesepulten, Regalen und Buchgestellen, die sie in einen Nebenraum der Halle des Neuen Ringes geschafft hatten.
    Darachels porzellanweiße Stirn zeigte im Licht der Feuersphären tiefe Furchen. Es war spät in der Nacht. Er und der Ninra hatten sich länger in die Arbeit an ihrer Fechtschule vertieft, als sie eigentlich sollten, länger als es die fürsorgliche Siganche angesichts seiner Rekonvaleszenz als ratsam angesehen hätte. Aber die Arbeit nahm sie dermaßen gefangen, dass sie die Zeit vergessen hatten.
    Auric war heute auch zum ersten Mal kurz Zeuge dessen geworden, was die Gemeinschaft neben ihrem Fechtunterricht in der Halle des Neuen Ringes erforschte und trainierte. Das, was er dort sah – Feuer, Lichter, die aufgrund von Handgesten der Ninraé unvermittelt in der Luft erschienen –, hatte Erinnerungsbilder in ihm aufsteigen lassen. Er hatte die düsteren Schatten, die sie mit sich brachten, verdrängt und sich ganz auf die Gegenwart konzentriert. Ja, er konnte den Ninraé ein paar Dinge zu dem, was sie erforschten, sagen. Doch vorher wollte er ihre Praktiken genauer studieren, damit das, was er beizutragen hatte, auch tatsächlich hilfreich war.
    Vielleicht war es das, was er in der Halle gesehen hatte, zusammen mit den Erinnerungen, was ihn angetrieben hatte, ihre Arbeiten an der Fechtschule so lange und so intensiv in die Nacht hinein voranzutreiben.
    „Du hast es selber gesagt.“ Er bemerkte, dass Darachel ihn anstarrte. Ihm wurde klar, dass Darachel schon vorher etwas gesagt hatte, das er aber nicht verstanden hatte, weil er in Gedanken abgeschweift war. „Du hast selber gesagt“, fuhr Darachel fort, „dass Teile des Rings der Neun, so wie ich sie dir vorgetragen habe, nicht dem entsprechen, wie du dich daran erinnerst. Du hast mir die Textstellen selber vorgetragen. Vollkommen andere Abschnitte und Kapitel des Rings der Neun. Es gibt da Diskrepanzen, es ist wirklich nicht zu leugnen.“ Darachel war erregt, er strich sich durch seinen spitz in die Stirn laufenden Haaransatz.
    „Und immer geht es in dem entsprechenden Text um Magie. Was also ist das? Haben vielleicht sogar die Apokryphen recht. Sind sie vielleicht der Urtext?“
    Auric verstand die Erregung des Ninra. Es ging nachdem, was er gesehen und Darachel ihm erzählt hatte, in diesen Texten um genau das, was sie erforschten.
    „Darachel“, sprach er ihn an, „du hast mir gesagt, dass

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