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Der Keil des Himmels

Der Keil des Himmels

Titel: Der Keil des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horus W. Odenthal
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Dinge, die ihr bei euren magischen Forschungen entdeckt, auf frappierende Weise mit Andeutungen in Texten übereinstimmen, die ganz klar als Fiktionen gelten, als Mythen und erfundene Geschichten.“
    Der Ninra blickte ihn fragend an.
    „Erinnerst du dich noch daran“, fuhr Auric fort, „was ich dir über meine militärischen Theorien erzählt habe, wie ich sie auf Beispielen aus der Literatur aufgebaut habe? Wie ich mich vor Silgenja und Kelam beinahe tödlich blamiert habe, als ich ihnen meine Theorien vortrug, weil ich diese Werke für Realität, das was in ihnen berichtet wurde, für bare Münze gehalten habe? Wie du mir dann später gesagt hast, dass ich gegen jede Wahrscheinlichkeit Recht hatte, dass diese Werke tatsächlich keine Fiktion sondern eine Wiedergabe der historischen Wirklichkeit sind? Dass dies aber bei den Idirern aufgrund eines Ausbruchs von bestimmten Kräften in Vergessenheit geriet?“
    In den Augen des Ninra zeigte sich ein erregtes Glühen. Er sah, worauf Auric hinaus wollte, war aber noch nicht ganz bereit, es anzunehmen und damit das, was sein Volk für richtig und real hielt, über Bord zu werfen. Er musste es ausgesprochen hören.
    „Vielleicht handelt es sich auch beispielsweise bei im Ring der Neun geschilderten Personen, bei Ninraé, die Magie ausübten, bei dem Magier-Tyrannen Perkantheron nicht um fiktive Gestalten sondern um wirkliche Personen, die einmal gelebt haben. Vielleicht seid auch ihr, ihr Ninraé Opfer eines Ausbruch dieses … wie heißt es?“
    „Elmssog.“
    „ …dieses Elmssogs geworden, der euer Verständnis von Realität verwirrt hat und euch das alles vergessen ließ.“
    „Das würde bedeuten, dass wir mit unseren Forschungen etwas wiederentdecken, was wir in der Vergangenheit schon einmal beherrscht haben. Aber warum sollte das aus unserem Gedächtnis getilgt worden sein? Durch wen?“
    „Was weiß ich. Lebenden Worte, Großen Gedanken, Webende Geister. Das, was wir Menschen Engel, Dämonen, Götter nennen.“
    Darachel starrte ihn entgeistert an.
    „Das würde dann tatsächlich bedeuten, die Apokryphen hätten Recht. Die wenigen Bruchstücke, die wir von dem, was wir Apokryphen nennen, haben. Aber wo ist dann der Rest? Die Schriften, die die ganze Wahrheit berichten?“
    Auric musste lächeln, dass Darachel, der gegenüber seiner Geschichte eine so verfeinerte, kommentierende Weisheit zeigte, sich hier gegenüber einem ihn selber betreffenden Gebiet so naiv zeigen sollte. Es musste sich um einen Fall von Leugnung des Offensichtlichen handeln, im Angesichts dieser Ahnung, dieses Erkenntnisschocks. Denn gerade Darachel hätte es besser wissen müssen. Gerade bei der Natur seiner kleinen literarischen Arbeit, wie er es nannte. Also sprach er selber es für ihn aus.
    „Wahrheit? In Büchern? Wie sollte die in Büchern zu finden sein. Die Wahrheit liegt in dem, der sucht. Ob er nun in diesem Prozess der Lesende oder der Schreibende ist. Aber die Wahrheit kann nicht in den Worten liegen. Sie sind Werkzeuge. Darachel, es gibt in den Büchern keine Prophezeiungen, die dann auch tatsächlich eintreffen, nur weil sie dort geschrieben stehen. Nur weil Bücher alt sind, müssen sie nicht die Wahrheit sagen. Es sind alles Worte, Darachel. Es sind Geschichten. Geschichten, die sich manchmal wirklich auf die Wahrheit beziehen, die manchmal die Wahrheit suchen. Wenn derjenige, der sie schrieb, ein redlicher Mensch war, jemand, der die tiefe Verpflichtung zur Suche nach der Wahrheit mit seinen Worten spürte, diese Schuld, die er abtragen muss, weil er, indem er diese Geschichten schreibt, nichts anderes als die höhere Form eines Lügners ist. Die Wahrheit liegt in unserer Suche. Bücher sind unser Weg, nicht unser Ziel. Darum sind Bücher so wertvoll.“
    Darachel blickte ihn eine Zeit lang weiter aus blicklosen Augen an, Augen die den Fokus verloren hatten, die den Gespinsten seiner ihn selber verblüffenden Gedanken nachjagten. Schließlich schien etwas in ihm zueinander zu finden, sein Blick kehrte in die Realität zurück.
    „Dann machen wir uns auf die Suche“, sagte er. „Jagen wir der Wahrheit nach. Gehen wir in die große Bibliothek von Himmelsriff. Sie wird dir gefallen, Auric. Schau dir dort die Version der Rings der Neun , der Diegese und der anderen Schriften an, die für uns als kanonisch gilt. Schau dir die Varianten an. Vergleiche sie mit den Texten, so wie du sie kennst. Und dann lass uns dort zusammen nach anderen Texten suchen, die uns näher

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