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Der Keil des Himmels

Der Keil des Himmels

Titel: Der Keil des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horus W. Odenthal
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aufeinander geschichtet und miteinander verbacken wie zu Geröll zermahlene Tonscherben.
    Er blickte wieder auf und sah vor sich in der Feste geradewegs in die geballte Schwärze des Torwegs hinein. Die winzige, dunkel gerüstete Gestalt innerhalb der Tunnelbohrung wandte sich in insektenhaften Gewimmel von Kleinteiligkeit von ihm ab, nur um noch einmal im letzten Moment den Kopf über die Schulter zu ihm hin zu drehen – ihn weiter zu drehen, als ein Mensch dies eigentlich konnte. Sie nickte ihm grüßend zu und – er war sich dessen sicher, auch über die Entfernung hin – ihr Blick verschränkte sich für eine Sekunde mit dem seiner Augen.
    In diesem Moment war er aufjapsend aus dem Traum hochgefahren. Ku Zwei war auf sein Bett gesprungen und hatte sich an ihn gekuschelt; auch er fuhr hoch.
    Klar darüber, dass er zunächst einmal nicht wieder würde einschlafen können, zog er sich ein Hemd an und warf den blauen Soldatenmantel über. Ku Zwei ließ resignierend den Kopf wieder auf die Decken sinken.
    Die weiß getünchten Gebäude des Komplexes hoben sich aus dem Dunkel der Nacht hervor. Zum Waffenmagazin hin sah er vereinzelte Laternen und in ihrem Schein die vagen Bewegungen der nächtlichen Bewachungstruppe für die Senphoren.
    Während des Marsches nach Norden würde jeweils ein Senphore durch die Soldaten einer ganzen Brigade geschützt sein. Routine würde sich einschleifen, die Gemüter würden sich beruhigen. Durch eine ganze Brigade kam selbst ein Wesen, wie er es bei dem Rundturm des riesenhaften Senphoren gesehen hatte, unmöglich hindurch.
    Er blickte umher und sah etwas abseits eine einzelne Gestalt auf einer Mauer sitzen, gekleidet in einen Soldatenmantel, die Kapuze über den Kopf gezogen. Neugierig, wer das mitten in der Nacht sein mochte, ging er hinüber, erkannte als er näher kam, im Heben des Kopfes unter der Kapuze die Vikarin Berunian.
    „Vikarin. Können Sie auch nicht schlafen?“
    „Nein, mich treiben die ganze Zeit die Gedanken daran umher, was jenseits der Drachenrücken in Idirium vor sich geht. Ich kann nicht aufhören, darüber nachzudenken, was ich da losgetreten habe.“
    Er setzte sich neben sie auf die Mauer.
    „Ich glaube nicht Sie haben da etwas losgetreten. Da war etwas seit langer Zeit in Vorbereitung.“ Er blickte ihr direkt und scharf in die Augen. „Etwas, worüber Sie am besten Bescheid wissen müssten.“
    Sie wich seinem Blick aus. „Alles, was ich glauben und wissen kann, habe ich der Kutte gesagt. Wenn die Kutte ihr Wissen mit ihnen geteilt hat, sind sie genauso gut mit den Fakten vertraut, wie ich. Wenn nicht, wird die Kutte gute Gründe gehabt haben, sie nur über das zu unterrichten, was Sie wissen sollten.“
    Sie schwieg wieder, und er beließ es dabei.
    „Haben Sie sich schon überlegt, welche Entscheidung Sie treffen wollen, wenn sich morgen unsere Truppe in Marsch setzt?“ Als sie ihr Schweigen beibehielt und weiterhin seinen Blick mied, fuhr er fort. „Sie können hier mit der regulären Beatzung der Garnison zurückbleiben. Wenn ich ihren Erwägungen folge, dass ganz bestimmt niemand vermuten wird, dass Sie ausgerechnet mit meiner Truppe in den Norden gezogen sind und dass die Loge des Einen Weges hier in Norgond nicht Fuß gefasst hat, dürften Sie eigentlich sicher genug sein.
    Oder Sie schließen sich unserer Truppe auf unserem Feldzug in die Nordgebiete an. Da dürften Sie natürlich den Schutz von wesentlich mehr Soldaten, die sie umgeben, genießen. Der Haken bei der Sache ist natürlich, dass, wenn bei diesem Feldzug etwas schief gehen sollte, Sie sich in der gleichen Gefahr befinden, wie der Rest des Heeres.“
    Jetzt erst wandte Sie ihm den Kopf zu, und sah ihn direkt an.
    „Ich bleibe bei Ihnen“, sagte sie.
    Das war der Moment, als das Geschrei losging.
    Auric sprang auf und lief auf die Laternen des Wachkommandos und das Waffenmagazin zu.
    Das Geschrei war schrill und markerschütternd, und es hielt die ganze Zeit über an, während er sich den Reihen der Wachen näherte, während er durch den Tumult der aufgeschreckten Wachen hindurch stürzte, auch noch, als er das Gebäude erreichte, in dem sich das Waffenmagazin befand, zusammen mit den Wachen, unter dem hektischen Lärm, der Laufschritte, dem Klirren und Klappern von Rüstungen, den nervösen Rufen und Befehlen, die Flure entlang, die Treppen hinunter stürmte, hin zu den Räumen, in denen die Senphoren für die Nacht untergebracht waren. Dann jedoch brach es plötzlich ab.

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