Der Keil des Himmels
Mit einem letzten gellenden Laut verhallte das auf- und abschwellende Geschrei verschiedener, sich abwechselnder, sich überlagernder Stimmen und ließ eine gespenstische Abwesenheit zurück, unter der all die chaotischen Geräusche der Aufregung und Verwirrung nach oben getrieben und durcheinander gewürfelt wurden.
Als Auric sich durch die zuerst angekommenen Soldaten schob – die ihn erkannten und kreidebleich zurückwichen – und den ersten der Räume betrat, in dem die Senphoren untergebracht waren, wusste er, dass er zu spät kam.
Alles war voller Blut. Es war sogar bis zu den Decken hoch gespritzt. Überall lagen die Leichen von Senphoren und Skopai umher. Mit abgetrennten Gliedmaßen, aufgeschlitzten Kehlen. Ein Kopf lag direkt in Aurics Pfad und sah ihn aus blicklosen Augen an.
„Hubbarb!“
Sein persönlicher Senphore. Was war mit dem? War der auch …
„Lasst mich durch!“, rief er den Wachsoldaten entgegen, die inzwischen Eingang und Zugangsflure versperrten und nachdrängten, um in die Quartiere der Senphoren zu gelangen. „Den Befehl nach draußen weitergeben: Zum Quartier meines persönlichen Senphoren“, brüllte er. Vor ihm nur Gesichter, verwirrt, verständnislos. So gut sie konnten wichen sie zurück, um ihrem General Platz zu machen. „Ihn in Gewahrsam nehmen und absichern!“ Wenn es nicht schon zu spät war. Wenn der Attentäter sich nicht zuerst um einen einzelnen Senphoren gekümmert hatte, um danach den Rest zu erledigen. Wenn der Mörder wusste, dass er einen persönlichen Senphoren hatte, der auch in dieser Nacht getrennt von den anderen untergebracht war.
Einige folgten seinem Befehl, gaben die Anweisung weiter, andere nahmen den Ruf Flur und Treppen entlang auf. Er hoffte – während er sich weiterkämpfte und die Gesichter vorbei taumelten –, genug davon kam oben an. Zum Quartier des Senphoren: Das allein würde ja immerhin reichen. Er bahnte sich seinen Weg das mit Stimmen wiederhallende Treppenhaus hinauf und entdeckte Kudai zwischen den nach unten drängenden Soldaten.
„Los, zu Hubbarb! Die anderen Senphoren sind ermordet worden!“ Sein Schrei hallte über den allgemeinen Lärm.
Oben trat er kurzerhand das nächstbeste Fenster ein, sie stürzten hinaus in die inzwischen von wimmelnder Aufregung erfasste Nacht. Fackeln flammten überall auf. Aus allen Türen strömten Soldaten. Er sah Oberst Doranth nahe beim Gebäude des Waffenmagazins auf sie zu rennen.
In Hubbarb Quartier erwarteten sie schon ein paar zuerst Eingetroffene mit ratlosem Blick. Hubbarbs Bettlager, seine Laken und Decken waren zerschlitzt, von ihm und seinem Skopai fehlte jede Spur.
Auric stürmte zurück in den Kasernenhof, entdeckte Czand, Crussav, schließlich auch Nefraku unter den Umherlaufenden.
„Alle tot?“, rief ihm Czand entgegen.
„Offensichtlich.“
„Und das Köfferchen?“
„Nicht in seinem Quartier. Such ihn gerade.“
Wo war dieses verdammte schwarze Schaf von einem Senphoren? Lag seine Leiche schon irgendwo im einem Gebüsch? Hatte man ihn vorher erwischt und seine Leiche versteckt, damit ein vorzeitiger Fund nicht den Erfolg der weiteren Anschläge gefährdete? Er fing im Gewimmel umher rennender Menschen den Eindruckssplitter eines grauen, glatten Gewandes auf. Sein Blick zuckte zurück, sah den Skopaina, der sich wie eine Statue mit seinem Fechtspeer vor einem Gebäudeeingang aufgebaut hatte.
„Wo ist Hubbarb“, rief er ihm über den Hof stürmend entgegen.
Der Skopaina deutete mit dem Daumen auf den Eingang hinter sich.
Nefraku kam gleichzeitig mit ihm an. Befremdet spürte er, dass sich dessen Hand auf seine Schulter legte, als er durch die Tür den Raum betrat.
Keiler Drei kam ihm vom Tisch her entgegen. Einen Krug hielt er noch in seiner Hand.
Am Tisch saß Hubbarb. Er sah ihn mit dem Blick eines vor Panik erstarrten Kalbes an. Vor ihm stand ebenfalls ein Krug, er hielt ihn noch umklammert. Bier war über die Tischplatte geschwappt.
„Hubbarb, du versoffenes Loch!“ Der Blick des Senphoren wurde noch eine Spur panischer, er wich auf seinem Stuhl sitzend rückwärts. „Du lebst. Inaim sei Dank!“
„Das hätte ich dir sagen können, wenn du mich eben gefragt hättest“, sagte Nefraku, der neben ihn getreten war. „Ich war die ganze Zeit, bis ich den Schrei gehört habe, dabei.“
„Bleib bei ihm“, rief Auric ihm zu, wieder in den Kasernenhof zurück stürzend, Czand, die gerade ankam, in den Raum hinter ihm winkend. Keiler Drei ist
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