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Der Keil des Himmels

Der Keil des Himmels

Titel: Der Keil des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horus W. Odenthal
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Entourage aus Leibgarde und der Kombination von Signalisten und Elitekämpfern war er an die Spitze seines Heeres geritten, um den Feind und das vor ihnen liegende Terrain in Augenschein zu nehmen.
    Mehr als wir geglaubt haben. Wer hat es nur geschafft so viele verschiedene Stämme zu einem einzigen Heer zusammenzuschmelzen?
    Während des ganzen Marsches durch die Talenge hatte man, als noch der schäumende Fluss zu ihrer Linken lag und ihre Flanke deckte, wachsam und argwöhnisch die dunklen von Kiefern und Tannen bestandenen Hänge des Elsternforsts im Blick behalten und die rechte Flanke durch schwärmende, berittene Kundschaftertrupps gesichert. Dann, als die an ihrem Ufer aufragenden Steilwände und Felsstürze des Bukainan die Schinnach in ein schroff begrenztes Bett gezwungen und den Weg ihrer Marschsäule vom Fluss weggelenkt hatten, hatte ihre gespannte Wachsamkeit beiden Seiten gegolten, den Steilhängen zur Linken und den bewaldeten Hängen zur Rechten. Man glaubte die Taktik des Feindes zu kennen, glaubte, dass er an einem späteren Punkt erst die Konfrontation suchen würde, doch das gab ihnen auf diesem kritischen Punkt ihres Marsches, auf dem Weg ihrer Kolonnen durch den Engpass, keineswegs das Gefühl der Sicherheit. Zum Glück hatte es keine herabdonnernden Felsbrocken oder Gerölllawinen gegeben, keine unverhofften Überraschungsattacken aus dem Dunkel der Nadelwälder heraus. Der Feind hatte tatsächlich mit der Konfrontation gewartet, wie vorhergesehen.  
    Was man nicht erwartet hatte, war seine Stärke, die eng verwobene Zusammensetzung des Heeres aus normalerweise miteinander in Fehde liegenden Stämmen. Und die Konsequenz mit der er seine Mauer so kurz hinter dem engen Flaschenhals des Engpasses setzte. Das wird es noch etwas schwieriger machen.
    Vor sich die Sommerwiese durchschnitten von der Reihe der Feinde, in seinem Rücken das Brodeln und Wühlen seines eigenen Heeres. Das ansonsten auf diesem weichen Grund fast unhörbare Marschieren der Soldatenstiefel summierte sich durch die schiere Masse zu einem dumpfen rhythmischen Dröhnen. Darüber lag der zerrissene auf und ab brandende Teppich des üblichen Klirren und Rasselns, von Rufen und scharf gebrüllten Befehlen. Dort wurden, hinter dem Schirm von dicht aufgestellten Soldatenreihen, auf engstem Raum Truppenbewegungen durchgeführt, zusammen mit der Vorbereitung zum Nachtlager. Der Tumult der Verblüffung, den eine Heerschar von Soldatenkehlen auf Befehl und Verabredung beim Verlassen der Talenge und ersten Sichtkontakt mit dem Feind hinlänglich überzeugend von sich gegeben hatte, war inzwischen verebbt. Aber er hatte eine Zeit lang wie ein dunkles aufheulendes Grollen über dem in die Weite des Talausgangs heraus marschierenden Heerbann gelegen.
    Genau das, was der Feind hören wollte.
    Sie hatten sich bisher gut gehalten. Seine Sechzehnte.
    Er hatte sie während der Passage der Talenge mächtig zur Eile angetrieben. Dort war es unmöglich ein Lager zu errichten, das ihnen auch nur ein Mindestmaß an Sicherheit bot. Doch das war nicht der eigentliche Grund für die Eile. Trotz des Tempos, das sein Heerbann vorgelegt hatte, war es dennoch Nachmittag geworden, bevor sie auf die andere Seite gelangt und auf das Valgarenheer gestoßen waren.
    Die Optionen, die sich daraus für sie ergaben, hatte er mit seinem Stab noch ein letztes Mal am Abend zuvor gegeneinander abgewägt, als sie ihr letztes Lager vor dem Marsch durch die Talenge aufgeschlagen hatten.  
    Jetzt, so spät am Tag noch den Feind angreifen oder damit bis zum nächsten Morgen warten.  
    Selbst wenn sie sofort angriffen, konnte mit keinem schnellen Ergebnis der Schlacht gerechnet werden und die Kämpfe würden sich, selbst bei diesen langen Augusttagen, bis in die Dunkelheit hineinziehen. Das war ein Alptraum, den jeder Feldherr vermeiden wollte. Ein blindes Schlachten im Dunkel ohne jede Richtung mit der hohen Wahrscheinlichkeit, ja Unausweichlichkeit, dass eigene Truppen nicht den Feind sondern sich gegenseitig massakrierten, Mordlust und Überlebenstrieb in der Dunkelheit in blindwütiger Verzweiflung zu etwas unkontrollierbar Explosivem hochgepeitscht. Nein, sie würden lagern und bis zum Morgen warten. Die Valgaren sollten sich erst einmal die Nacht in Zuversicht wiegen, weil ihre Überraschung gelungen war.
    Außerdem hoffte der Feind genau darauf. Denn es verstärkte nur den Effekt, den er mit dieser Art den Ort der Konfrontation zu bestimmen, angestrebt hatte.

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