Der Keim des Verderbens
draußen gehen«, sagte ich. »Frische Luft wird uns guttun.«
Wir kletterten aus dem Wagen. Er steckte sich eine Marlboro an und sog daran, als handele es sich um Muttermilch. Die Leute vom USAMRIID-Team, die für den Tieflader und seine schaurige Fracht verantwortlich waren, steckten immer noch in ihren Schutzanzügen und hielten sich von allen anderen fern. Sie hatten sich auf dem zerfurchten Feldweg versammelt und sahen den AirForce-Leuten dabei zu, wie sie Quadratmeter für Quadratmeter dieser Fläche bearbeiteten, die in wärmeren Monaten als Bolzplatz hätte dienen können. Um kurz vor zwei Uhr morgens kam ein dunkler Plymouth herangerollt, und Lucy trabte zu ihm hinüber. Ich beobachtete, wie sie durch das offene Fahrerfenster hindurch mit Janet redete. Dann fuhr der Wagen fort.
»Da bin ich wieder«, sagte Lucy leise und berührte dabei meinen Arm.
»Alles in Ordnung?« fragte ich. Ich konnte mir denken, daß das Leben, das die beiden miteinander führten, hart sein mußte.
»Bislang alles unter Kontrolle«, antwortete sie.
»Nett von dir, Null-null-sieben, daß du hergekommen bist, um uns zu helfen«, sagte Marino zu Lucy. Er qualmte, als habe sein letztes Stündlein geschlagen.
»Respektlosigkeit gegenüber FBI-Agenten wird strafrechtlich verfolgt«, sagte sie. »Vor allem, wenn es sich um Minderheiten italienischer Herkunft handelt.«
»Ich will doch schwer hoffen, daß du eine Minderheit bist. Noch mehr Leute von deiner Sorte will ich da draußen nicht haben.« Er schnippte Asche von seiner Zigarette. In weiter Ferne hörten wir ein Flugzeug.
»Janet bleibt hier«, sagte Lucy zu ihm. »Das heißt, Sie beide werden gemeinsam an diesem Fall arbeiten. Also merken Sie sich: Im Auto wird nicht geraucht, und wenn Sie sich an sie ranmachen, sind Sie ein toter Mann.«
»Schhhh«, machte ich zu den beiden.
Der Jet kehrte mit lautem Getöse aus nördlicher Richtung zurück. Wir standen schweigend da und starrten zum Himmel hinauf, und dann gingen plötzlich die Scheinwerfer an. Sie bildeten eine flammende, gepunktete Linie - Grün markierte die Einflugschneise, Weiß die Landebahn und die Warnfarbe Rot schließlich deren nahendes Ende. Mir kam der Gedanke, wie unheimlich dieser Anblick auf jemanden wirken mußte, der unglücklicherweise genau in dem Moment vorbeifuhr, wenn das Flugzeug zur Landung ansetzte. Es sank immer tiefer, und ich konnte seinen dunklen Schatten und die blinkenden Lichter an den Tragflächen sehen. Der Lärm war kaum noch auszuhalten. Das Fahrwerk wurde ausgefahren, und aus dem Radschacht drang smaragdgrünes Licht hervor, als die C-17 direkt auf uns zusteuerte.
Ich war wie gelähmt. Es kam mir vor, als würde ich gleich Zeuge einer Bruchlandung, als würde diese monströse, stumpfgraue Maschine mit den aufgestellten Flügelspitzen und der gedrungenen Form sich gleich tief in die Erde bohren. Dröhnend wie ein Hurrikan schwebte sie direkt über unseren Köpfen. Wir steckten uns die Finger in die Ohren, als ihre riesigen Räder auf dem Boden aufsetzten. Gras und Schmutz flogen umher, große Erdbrocken wurden aus den Furchen gerissen, die die großen Räder unter der Last von 130 Tonnen Aluminium und Stahl in den Boden pflügten. Mit aufgestellten Landeklappen, die Triebwerke auf Umkehrschub, kam der Jet mit kreischenden Bremsen am Ende des Ackers zum Stehen, der kleiner war als ein Football-Feld. Dann legten die Piloten den Rückwärtsgang ein und begannen mit lautem Getöse auf dem Gras zurückzusetzen. Die Maschine kam direkt auf uns zu, bis sie wieder eine Startbahn von ausreichender Länge vor sich hatte. Als das Heck den Rand des Feldweges erreichte, stoppte die C-17. Die Heckklappe öffnete sich wie das Maul eines Hais, und eine Metallrampe wurde herabgelassen. Der Frachtraum war jetzt vollständig geöffnet und beleuchtet. Überall schimmerte glänzendes Metall.
Eine Weile sahen wir dem Lademeister und der Crew beim Arbeiten zu. Sie trugen C-Waffen-Schutzkleidung -dunkle Helme und Schutzbrillen sowie schwarze Handschuhe -, die ziemlich furchteinflößend aussah, vor allem nachts. Zügig fuhren sie den Pick-up vom Tieflader herunter und koppelten unten den Wohnwagen ab, der anschließend vom Jeep in die C-17 geschleppt wurde.
»Komm«, sagte Lucy und zog mich am Arm. »Wir wollen doch unseren Flug nicht verpassen.«
Wir gingen aufs Feld hinaus. Die Druckwellen und der Lärm, den die Maschine erzeugte, waren unglaublich. Wir stiegen die hydraulische Rampe hinauf. Drinnen
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