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Der Keim des Verderbens

Der Keim des Verderbens

Titel: Der Keim des Verderbens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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dreiundsiebzig Dollar pro Nacht ausgehandelt. Marino bestaunte die noble Lobby mit den Buntglasscheiben und dem Springbrunnen mit den Stockenten darin.
    »Heiliger Strohsack«, sagte er, »ich hab' noch nie ein Hotel gesehen, in dem es lebende Enten gibt. Der Laden ist ja voll davon.«
    Wir gingen ins Mallards, das Hotelrestaurant. Überall waren kunstgewerbliche Entenfiguren in Vitrinen ausgestellt, an den Wänden hingen Entengemälde, und auch die grünen Westen und Krawatten des Personals waren mit Enten gemustert.
    »Auf dem Dach haben sie einen richtigen Entenpalast«, sagte ich. »Und zweimal am Tag, wenn sie fortfliegen und wenn sie wieder zurückkommen, wird ein roter Teppich für sie ausgerollt und Stars and Stripes Forever gespielt.«
    »Ach, Quatsch.«
    Ich bat die Empfangsdame um einen Tisch für zwei Personen. »Nichtraucher«, fügte ich hinzu.
    Das Restaurant war voll von Männern und Frauen, die im Hotel an einer Immobilienmaklertagung teilnahmen und daher große Namensschilder trugen. Wir saßen so dicht beieinander, daß ich in den Unterlagen unserer Tischnachbarn lesen und ihre Gespräche mithören konnte. Ich bestellte einen Teller frisches Obst und Kaffee, während Marino seinen üblichen Hamburger mit Beilagen orderte.
    »Medium rare«, sagte er zum Kellner. »Medium.« Ich zwinkerte Marino zu. »Ja, ja, schon gut.« Er zuckte mit den Schultern. »Kolibakterien«, sagte ich zu ihm, als der Kellner sich entfernte. »Glauben Sie mir. Das ist es nicht wert.«
    »Verspüren Sie denn nie Lust, etwas zu tun, was schlecht für Sie ist?« fragte er.
    Er machte ein deprimiertes Gesicht, und wie er mir so gegenübersaß, in diesem schönen Restaurant, in dem die Menschen gut gekleidet waren und mehr verdienten als ein Polizei-Captain aus Richmond, wirkte er auf einmal alt.
    Marinos Haar bestand nur noch aus widerspenstigen Fransen, die seine Ohren umspielten wie ein heruntergerutschter Heiligenschein aus angelaufenem Silber. Seit ich ihn kannte, hatte er kein Gramm abgenommen. Sein Bauch ragte über seinem Gürtel hervor und stieß an die Tischkante. Es verging kein Tag, an dem ich mir nicht Sorgen um ihn machte. Es war für mich unvorstellbar, nicht bis in alle Ewigkeit mit ihm zusammenzuarbeiten.
    Um halb zwei verließen wir per Leihwagen das Hotel. Marino fuhr, denn etwas anderes kam für ihn nicht in Frage. Wir nahmen die Madison Avenue und entfernten uns in östlicher Richtung vom Mississippi. Die Universität war so nah, daß wir auch zu Fuß hätten gehen können. Marino parkte in der Nähe des Haupteingangs der Gerichtsmedizin hinter dem Regional Forensic Center, das gegenüber einer Reifenhandlung und einem Blutspendezentrum lag.
    Das Institut, das vom County subventioniert wurde, war etwa so groß wie meine eigene Dienststelle in Richmond. Es gab dort drei forensische Pathologen und außerdem noch zwei forensische Anthropologen, was höchst ungewöhnlich und beneidenswert war. Einen wie Dr. David Canter hätte ich nur zu gern in meinem Team gehabt. Es gab noch etwas weniger Erfreuliches, wodurch sich das Forensic Center auszeichnete.
    Sein Chef hatte mit zwei der unrühmlichsten Fällen der amerikanischen Geschichte zu tun gehabt. Er hatte die Autopsie an Martin Luther King durchgeführt und der von Elvis beigewohnt.
    »Wenn es Ihnen recht ist«, sagte Marino, als wir aus dem Wagen stiegen, »gehe ich telefonieren, während Sie mit Canter sprechen.«
    »Gut. Die stellen Ihnen hier bestimmt ein Büro zur Verfügung.«
    Auf dem Weg zum Haus blinzelte er in den herbstblauen Himmel und schaute sich dann um. »Ich kann's noch gar nicht fassen, daß ich hier bin!« sagte er. »Hier ist also seine Leiche eingeliefert worden.«
    »Nein«, erwiderte ich. Ich wusste genau, von wem er sprach.
    »Elvis Presleys Leiche kam ins Baptist Memorial Hospital.
    Hier ist er nie gelandet, obwohl er an sich hierhergehört hätte.«
    »Wieso nicht?«
    »Man tat so, als sei er eines natürlichen Todes gestorben«, antwortete ich.
    »Na, das ist er ja auch. Er starb an einem Herzinfarkt.«
    »Es stimmt zwar, daß er schwer herzkrank war«, sagte ich.
    »Aber das hat ihn nicht umgebracht. Sein Tod geht auf das Konto eines ganzen Cocktails von Drogen.«
    »Sein Tod geht auf das Konto von Colonel Parker«, murmelte Marino in einem Ton, als hätte er den Mann am liebsten umgebracht.
    Ich warf ihm einen Blick zu, während wir das Center betraten. »Elvis hatte zehn verschiedene Drogen intus. Sein Tod hätte eigentlich als

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