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Der Keim des Verderbens

Der Keim des Verderbens

Titel: Der Keim des Verderbens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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Pockenart, aber keine, die wir kennen. Wir müssen herausfinden, wie sie übertragen wird. Kannte Lila Pruitt die Frau, die gerade gestorben ist? Hatte sie sonst irgendwelchen Kontakt mit ihr oder der Tochter? Wohnten sie in der Nähe? Was ist mit der Trinkwasserversorgung? Ich weiß noch, daß ich dort einen Wasserturm gesehen habe. Einen blauen.«
    Ich zog mich an. Wesley stand in der Tür, das Gesicht fast grau und versteinert.
    »Du willst also wieder dorthin«, sagte er.
    »Zuerst muß ich in die Stadt.« Ich sah ihn an.
    »Ich fahr' dich«, sagte er.

Kapitel 12
    Wesley setzte mich ab und sagte, er werde für eine Weile zur FBI-Außenstelle von Richmond fahren und später nach mir sehen. Energischen Schrittes ging ich den Korridor hinunter und wünschte den Angehörigen meines Personals, die ich traf, guten Morgen. Rose telefonierte gerade, als ich eintrat.
    Der Blick durch die Tür, die unsere Büros verband, auf meinen Schreibtisch war niederschmetternd. Hunderte von Autopsieberichten und Totenscheinen warteten darauf, von mir abgezeichnet zu werden, und mein Eingangskorb quoll über vor Briefen und Telefonnotizen.
    »Was ist denn hier los?« fragte ich, als sie auflegte. »Man könnte meinen, ich wäre ein Jahr lang weggewesen.«
    »So kommt es mir auch vor.«
    Sie rieb sich die Hände mit Lotion ein, und ich bemerkte die kleine Dose Vita-Aromatherapie-Spray am Rand meines Schreibtischs. Die geöffnete Versandpackung lag gleich daneben. Auf Roses Schreibtisch, neben ihrer Flasche Vaseline Intensive Care, stand ebenso eine Dose. Mein Blick wanderte zwischen beiden hin und her, von meinem Vita-Spray zu ihrem, und mein Unterbewußtsein hatte das, was ich sah, verarbeitet, noch bevor mein Verstand soweit war. Alles um mich herum schien kopfzustehen, und ich suchte am Türrahmen Halt. Roses Stuhl rollte ruckartig zurück, als sie aufsprang und um ihren Schreibtisch herum auf mich zustürzte.
    »Dr. Scarpetta!«
    »Wo haben Sie das her?« fragte ich und starrte auf das Spray.
    »Das ist bloß eine Probe.« Sie wirkte bestürzt. »Es waren ein paar solcher Sprays in der Post.«
    »Haben Sie es schon benutzt?«
    Jetzt verrieten ihre Augen echte Besorgnis. »Na ja, es ist gerade erst angekommen. Ich habe es noch nicht ausprobiert.«
    »Fassen Sie das ja nicht an!« sagte ich scharf. »Wer hat sonst noch eins gekriegt?«
    »Du meine Güte, das weiß ich wirklich nicht. Wieso? Was ist denn los?« Ihre Stimme wurde lauter.
    Ich holte mir Handschuhe aus meinem Büro, nahm das Gesichtsspray von ihrem Schreibtisch und tütete es dreifach ein.
    »Alle in den Konferenzraum, sofort!«
    Ich lief den Gang hinunter zum Empfang und sagte auch dort Bescheid. Wenige Minuten später war mein gesamtes Personal versammelt, einschließlich einiger Ärzte in OP-Anzügen. Ein paar Leute waren noch ganz außer Atem, und alle starrten mich beunruhigt und erschöpft an.
    Ich hielt die transparente Beweistüte mit der VitaSprayprobe hoch.
    »Wer von Ihnen hat so eins bekommen?« fragte ich und sah von einem zum anderen.
    Vier Leute hoben die Hand.
    »Wer hat es benutzt?« fragte ich dann. »Das ist ganz wichtig.«
    Cleta, eine Bürokraft vom Empfang, machte ein erschrockenes Gesicht. »Warum? Was ist denn los?«
    »Haben Sie es sich ins Gesicht gesprüht?« fragte ich sie.
    »Nur auf meine Pflanzen«, erwiderte sie.
    »Die Pflanzen werden eingetütet und verbrannt«, sagte ich.
    »Wo ist Wingo?«
    »Am MCV.«
    »Ich weiß es zwar nicht mit absoluter Sicherheit«, sagte ich in die Runde, »und ich bete darum, daß ich falschliege. Aber möglicherweise ist dieser Artikel verseucht. Bitte geraten Sie nicht in Panik. Trotzdem darf unter keinen Umständen jemand das Spray anfassen. Weiß jemand, auf welche Weise genau es geliefert wurde?«
    Cleta ergriff das Wort. »Ich war heute morgen vor allen anderen hier. Wie üblich waren die Polizeiberichte durch den Briefschlitz geschoben worden, und diese Proben befanden sich auch dabei. Sie steckten in kleinen Versandröhrchen. Es waren elf Stück. Ich habe sie nämlich gezählt, um zu sehen, ob sie für alle reichen.«
    »Und es war nicht der Briefträger, der sie gebracht hat. Jemand hat sie einfach durch den Schlitz in der Eingangstür geschoben.«
    »Wer sie gebracht hat, weiß ich nicht. Aber sie sahen aus, als seien sie mit der Post gekommen.«
    »Bitte bringen Sie mir alle Verpackungsröhrchen, die Sie noch haben«, sagte ich.
    Alle gaben an, das Spray nicht benutzt zu haben. Die Röhrchen wurden

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