Der Kelch von Anavrin. Adrian schreibt als Lara Tina St. John - Adrian schreibt als Tina St. John, L: Kelch von Anavrin
Fehleinschätzung an jenem Tag hatte verheerende Folgen. Ich versuchte den Fehler wiedergutzumachen. Ich kehrte zurück, um meinen Sohn zu sehen, aber nicht einmal mein Zauber war stark genug, um mich vor Braedons Vater zu schützen. Er entdeckte mich in den Wäldern außerhalb der Burg und versuchte mich zu töten.«
Ariana nickte wissend, obgleich ihr die Geschichte immer noch unglaublich vorkam. Aber sie hatte mit eigenen Augen gesehen, dass sich die Frau verwandeln konnte. »Der weiße Wolf … Braedon erzählte mir von der Wölfin, die sich mit ihm anfreundete und die sein Vater in seinem Beisein erschießen wollte. Aber wie seid Ihr mit den schweren Verletzungen entkommen?«
»Meine Clanmitglieder – nun, die wenigen, die Ihr hier gesehen habt – fanden mich im Wald. Sie nahmen mich auf, da sie wussten, dass ich allein nicht lange überleben würde.«
»Ihr müsst stark verwundet gewesen sein.«
»Das stimmt, aber an den Verletzungen wäre ich nicht gestorben.«
Ariana runzelte die Stirn. »Das verstehe ich nicht.«
»Ich hatte ein feierliches Bündnis meiner Familie gebrochen. Ich hatte mich in einen Sterblichen verliebt. Beziehungen solcher Art sind uns verboten, das ist nur eine der Bedingungen unserer magischen Fähigkeiten hier in dieser Welt. Da mein Herz meinem Gatten und meinem Sohn gehörte, wurde ich von den Suchern meiner Familie dazu bestimmt, die Jagd nach dem Drachenkelch aufzunehmen. Es war eine gefährliche Aufgabe. Aber ich versagte. Und da ich mich der Liebe hingegeben hatte, wurde ich zu einem Schatten – so wie die übrigen Gestaltwandler, die mit mir hier in den Höhlen leben.«
»Und Braedon?«, fragte Ariana und fürchtete sich vor der Antwort. »Wenn er sich nun in jemanden verliebt … «
»Oh, er liebt Euch, meine Teure. Damit wir uns nicht falsch verstehen, ich sehe es jedem seiner Blicke an, die er Euch zuwirft.«
Bei der Vorstellung wurde Ariana warm ums Herz. Dennoch lasteten die Sorgen schwer auf ihrer Seele. »Aber die anderen – die Gestaltwandler, ist Braedon in Gefahr, wenn er mit mir zusammen ist?«
»Die Gefahr, der mein Sohn sich aussetzt, hat nichts mit seinen Gefühlen für Euch zu tun«, sagte sie und drückte Arianas Hand. »Er braucht Eure Liebe, aber das wisst Ihr vermutlich schon.«
»Vielleicht nicht so sehr, wie ich die seine brauche. Er ist fort, Mylady. Er versprach mir, dass wir zusammenbleiben würden, aber dann hat er mich verlassen.«
»Und das wollt Ihr nicht hinnehmen?«
»Nein, das werde ich nicht«, erklärte Ariana forsch. »Ich liebe ihn – mehr als alles andere auf der Welt.«
»Das sehe ich.« Ihr Gesichtsausdruck wurde milde. Neugierig legte sie den Kopf leicht schief. »Wie ich bemerke, gibt es immer noch vieles, das ich an den Menschen nicht kenne. Ich bewundere Eure Kraft und bin froh, dass Eure Leidenschaft für meinen Sohn so tief ist.«
Als die beiden Frauen einander die Hand gaben, bog Kenrick um die Ecke. »Die Pferde stehen bereit, Ariana. Bist du fertig?«
»Ich muss jetzt gehen«, sagte sie zu Braedons geheimnisvoller Mutter. Einer inneren Eingebung folgend trat sie einen Schritt vor und umarmte sie. »Ihr seid eine außergewöhnliche Frau. Seid vorsichtig, und habt Dank für alles, was Ihr für uns getan habt.«
Braedons Mutter lächelte warm und voller Zuneigung. »Passt auf ihn auf, mein Kind. Und sorgt dafür, dass er weiß, dass ich ihn immer geliebt habe und immer lieben werde, ganz gleich, was er von mir denken mag.«
»Lebt wohl«, sagte Ariana, löste sich von der Frau und folgte ihrem Bruder.
Sobald sie der Biegung des Gangs folgte, hörte sie Braedons Mutter aufschluchzen.
»Sie haben sich auf den Weg gemacht, Captain. Späher haben Pferde und Reiter jenseits des Waldes entdeckt. Sie reiten in gestrecktem Galopp Richtung Küste.«
»Drei Reiter?«
»Nein, nur zwei. Die Frau und ihr Bruder, der Templer. Le Chasseur muss sich noch irgendwo in den Wäldern versteckt halten, oder sie haben sich getrennt, um die Verfolger zu verwirren.«
»Le Chasseur wird sich nicht verstecken, nicht jetzt. Sehr viel wahrscheinlicher ist, dass er uns längst entkommen ist und kurz davorsteht, den nächsten Teil des Kelchs zu finden.«
Draec le Nantres schüttete den restlichen Inhalt seines Bechers aus und warf seinem Untergebenen einen kurzen Blick zu. Die Asche des nächtlichen Lagerfeuers war noch warm. Le Nantres’ Stimmung war schlecht. Nicht nur hielt er seine Begleiter allesamt für unfähig, auch die beißende
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