Der Kelch von Anavrin. Adrian schreibt als Lara Tina St. John - Adrian schreibt als Tina St. John, L: Kelch von Anavrin
ausgedientes Segel abkaufen.
Als sie die Hafenstraße hinunterliefen, warf Braedon immer wieder einen Blick über die Schulter. Er musste sichergehen, dass sie nicht verfolgt wurden. Alsbald erreichten sie den Laden des Segelmachers und wurden von dem Alten begrüßt. Er hatte gerade die Tür geöffnet, um seine Katze hinauszulassen. Nicht gerade freundlich scheuchte er das dicke, gescheckte Tier mit dem Fuß fort, schaute dann auf und lächelte Braedon an.
»Ah, Monsieur. Schon so bald zurück? Und Madame.« Sein Blick flog zu Ariana, und sein Lächeln wurde breiter. Bei einem jüngeren Mann hätte Braedon es für anzüglich gehalten. »So kommt doch herein, s’il vous plaît.«
Er streckte Ariana freundlich die Hand entgegen, aber Braedon hielt seine Begleiterin zurück. Etwas in der Dunkelheit des Ladens hatte sein Misstrauen erregt. Auch wenn er es nicht erklären konnte, hatte ihn in diesem Moment eine böse Vorahnung durchzuckt. »Vermutlich hattet Ihr noch nicht die Zeit, Euch meinem Segel zu widmen? Wir sind leider etwas in Eile.«
Der Segelmacher zögerte und ließ den Blick von Braedon zu Ariana gleiten. »Doch, Monsieur, ich habe schon damit begonnen. Es ist fast fertig. Kommt, ich zeige es Euch.«
Nachdem er sich mit einem verstohlenen Blick über die Schulter vergewissert hatte, dass ihnen von der Straße her keine Gefahr drohte, gab Braedon Ariana mit einem Kopfnicken zu verstehen, dass sie eintreten konnten. Dennoch hielt er sich dicht neben ihr und hatte eine Hand auf ihren Arm gelegt. Währenddessen ließ er den alten Segelmacher nicht aus den Augen, beobachtete jede seiner Bewegungen und lauschte auf jedes Geräusch im Haus, denn erneut hatte ihn sein sicheres Gespür für Gefahr gewarnt.
Claude ging mit schlurfenden Schritten voraus und ließ sich Zeit, als er seine Gäste in den Arbeitsraum des Ladens führte. »Ich hatte gehofft, Ihr würdet Eure Dame mitbringen, Monsieur. Ich bekomme nicht oft Besuch von schönen Frauen.« Abermals bedachte er Ariana mit einem seltsamen Grinsen. »Kommt zu mir, Kind. Lasst mich Euch den Umhang abnehmen. Legt Eure Sachen ruhig hier ab und erzählt mir, warum Ihr unsere schöne Stadt so rasch wieder verlassen müsst. Schließlich seid Ihr doch gerade erst angekommen.«
Ariana erwiderte sein breites Lächeln mit einem höflichen Nicken und schaute Braedon fragend an.
»Wir können nicht lange bleiben«, antwortete er an ihrer Stelle und legte ihr den Arm um die Schulter. »Ihr sagtet, das Segel sei fast fertig?«
»In der Tat«, antwortete der alte Mann. »Es ist hier, im Nebenraum.«
Sie folgten ihm zu einem Vorraum am Ende des engen Arbeitsraums. Braedon achtete darauf, nicht von Arianas Seite zu weichen. Er schaute sich in dem Raum um, konnte sein Segel aber nirgends entdecken. Auf einem Arbeitstisch lag ein fremdes, schimmeliges Stück Leinen, das erst zur Hälfte mit Leder verstärkt worden war.
»Das ist nicht meins«, fuhr Braedon den Handwerker ungeduldig an.
»Seid Ihr Euch da sicher, Monsieur? Kommt näher und betrachtet es genauer.«
»Dieses alte Segel gehört mir nicht, und das wisst Ihr genau.« Wieder ließ Braedon den Blick durch den Raum schweifen. Die Ruhe im Haus behagte ihm nicht. Es war hier so still wie in einem Grab. »Was für ein Spielchen treibt Ihr, alter Mann?«
»Spielchen? Ich weiß nicht, wovon Ihr redet, Monsieur .«
Braedon glaubte ihm nicht. Das Misstrauen, das er bereits an der Türschwelle verspürt hatte, verstärkte sich, je länger er dem seltsamen Kauz gegenüberstand. Ihm fiel auf, dass eine Kerze auf dem Arbeitstisch umgefallen war. Wachsflecken hatten sich auf dem Tisch und dem Saum des Segels verteilt. Die Werkzeuge des Alten, die auffallend ungeordnet herumlagen, waren ebenfalls zum Teil mit Wachsspritzern überzogen. Seltsam, dachte Braedon, dass der stolze Segelmacher es zulässt, dass seine Arbeitsgeräte derart verschmutzt sind.
Er schaute Claude an, der nun dichter bei ihm stand und ihn anstarrte.
Ihn musterte.
Dann huschten seine Augen auf den Arbeitstisch. »Ah!«, rief der Alte und schnalzte mit der Zunge. Er lächelte und schüttelte den weißhaarigen Kopf. »Diese verfluchte Katze. Das Tier muss aber auch immer aufspringen und Sachen umstoßen. Ich weiß gar nicht, warum ich das Biest noch hierbehalte.«
Als Braedon dem Alten in die flackernden Augen schaute, hatte er das Gefühl, dass mit dem Mann selbst irgendetwas nicht stimmte.
Es waren seine Augen, wie Braedon plötzlich
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