Der Kelch von Anavrin: Das magische Siegel (German Edition)
und war wie verzückt von den starken Empfindungen, die in ihren grünen Augen nur für ihn leuchteten. »Ja, ich habe tatsächlich das Gefühl, wieder zu leben.« Zärtlich strich er ihr mit den Fingern über die samtweichen Wangen und die Stirn und zeichnete die anmutig geschwungenen Brauen nach. »Nun«, murmelte er endlich, und heftige Gefühle wallten in ihm auf, »was sollen wir jetzt tun?«
Sie schmiegte sich an seine Brust. »Ich weiß es nicht. Bitte versteht, dass ich nicht länger hierbleiben kann.«
»Wo wollt Ihr denn hin? Etwa nach Cornwall? Was erwartet Euch dort?«
»Ich weiß es nicht – ich weiß es einfach nicht!« Ein schwerer Seufzer entfuhr ihr, als wolle sie Kenrick aus ihrem Herzen verbannen. »Aber ich gehöre nicht hierher«, fuhr sie fort und stieß mit den Händen gegen seine Brust. »Das zumindest weiß ich. Ich fühle es.«
»Nein. Was Ihr fühlt, ist Furcht. Aber hier habt Ihr nichts zu befürchten.«
Sie schüttelte den Kopf, löste sich weiter von ihm und strebte der Tür zu. »Es tut mir leid, aber ich muss fort.«
Er ließ noch zu, dass sie den Türriegel anhob, doch dann war er mit drei langen Schritten hinter ihr. Rasch legte er eine Hand auf das raue Holz, drückte die Tür wieder zu und merkte, dass Haven keinen großen Widerstand leistete.
Sie sah ihn nicht einmal an. Wie erstarrt harrte sie vor der Tür aus, ihr Atem ging schnell und flach, ihre ganze Haltung war steif und angespannt. Mit der anderen Hand berührte er nun ihre seidigen Locken. Sanft strich er ihr über den Kopf und gedachte, sie mit dieser Liebkosung zu beruhigen.
Nein, in Wirklichkeit wollte er mehr tun, als sie zu beruhigen. So viel mehr.
Er sog ihren Duft ein. Seine Stimme war leise und ein wenig heiser, als er an ihrem Ohr raunte: »Ihr wünscht, die Burg zu verlassen, und ich habe Euch versprochen, Euch gehen zu lassen. Doch jetzt merke ich, dass ich Euch nicht gehen lassen möchte.«
»Kenrick«, wisperte sie und kam nicht über ein Flüstern hinaus. »Bitte … «
Er fuhr mit der Handfläche über ihre zierliche Schulter und streichelte ihren Arm. Ihre Hand ruhte nach wie vor auf dem Türriegel. Er schloss die Finger um die ihren und drängte sie sanft, von dem Riegel abzulassen. »Ich möchte Euch hierbehalten, um die Gewissheit zu haben, dass Ihr in Sicherheit seid. Dass ich Euch beschützen kann. Aber das ist nur ein Teil der Wahrheit. Ich möchte Euch auch hierbehalten, weil dies mein Wunsch ist. Ich begehre dich, Haven.«
»Nein«, entfuhr es ihr mit einem Flüstern.
Er überging den gehauchten Einwand, denn er sehnte sich danach, sich endlich die tief empfundenen Gefühle von der Seele zu reden, die ihn schon seit Tagen nicht losließen. Seit dem Tag, als Haven auf so unerwartete Weise in sein Leben getreten war. »Mehr als jede andere Frau fesselst du meine Sinne, mehr als alles, was ich je gekannt habe. Du hast mich mit einem geheimen Zauber verhext.« Er stieß ein leises Lachen aus. »Ich halte mich für einen vernunftbegabten Mann, aber all meine Gedanken verlieren an Schärfe, sobald ich dich sehe. Ich hasse mich für diese Schwäche, die sich immer dann offenbart, wenn du in meiner Nähe bist, aber sie ist nun einmal da, und ich will verdammt sein, wenn ich sie leugne.«
Sie blickte zu Boden und presste die Stirn gegen das dicke Eichenholz, das ihr den Ausgang versperrte. Den Seufzer, der ihr nun entwich, hätte man für ein Anzeichen von Ratlosigkeit halten können, hätte Haven Kenrick nicht langsam das Gesicht zugewandt. Unter halb geschlossenen Lidern sah sie ihn an, und da war dieses Feuer in ihren grünen Augen, das sein Innerstes rührte.
»Ich kann dich nicht gehen lassen, Haven.« Er beugte den Kopf vor, den Blick auf das grüne Leuchten gerichtet, das ihn zu locken schien, auch wenn ihre Lippen in stillem Protest bebten. Mit den Fingern zeichnete Kenrick den Schwung ihrer Wangenknochen nach, bis er einen Finger auf ihren weichen, halb geöffneten Lippen ruhen ließ. »Ich möchte, dass du bleibst. Gott, wie sehr ich dich … begehre.«
»Kenrick.«
Sein Name war nicht mehr als ein Wispern an seinen Lippen, als er den Kopf hinabsenkte und Havens Mund fand. Er küsste sie sanft, streifte ihre Lippen mit den seinen und zwang sich, ihren Mund nicht mit dem drängenden Verlangen zu erobern, das in seinen Lenden brannte.
Havens Lippen schmeckten himmlisch und fühlten sich weich an.
Hitze durchströmte seinen Leib.
Heiß durchpulste ihn das Verlangen, roh und
Weitere Kostenlose Bücher