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Der Kelch von Anavrin: Geheimnisvolle Gabe (German Edition)

Der Kelch von Anavrin: Geheimnisvolle Gabe (German Edition)

Titel: Der Kelch von Anavrin: Geheimnisvolle Gabe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Adrian schreibt als Tina St. John
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deutete der stolze Vater zur anderen Seite der Großen Halle. »Wusstet Ihr schon, dass ich sie am königlichen Hof vorgestellt habe, als sie gerade einmal drei Jahre alt war? Der König war ganz vernarrt in sie. Selbst in diesem zarten Alter war sie schon bezaubernd.«
    Silas’ eher missmutiges Schnauben ging in der lebhaften Musik unter, die von der Galerie herunterschallte. Der Höflichkeit halber schaute er in die Richtung, in die der Burgherr zeigte. Weiter vorn in der Halle versuchten sich einige Landadlige an einem Tanz, den sie, so verkündete einer der Tänzer stolz, in London gelernt hätten. Junge Herren mit begrenztem Verstand und Ritter mit übertriebenem Ehrgeiz buhlten um die Aufmerksamkeit von acht herausgeputzten jungen Frauen. Sybilla de Moulton kam ganz nach ihrem Vater und besaß mit ihrem länglichen Gesicht und den vorstehenden Zähnen eine gewisse Ähnlichkeit mit einem Pferd. Im Augenblick riss sie den viel zu großen Mund weit auf, da sie in das jungmädchenhafte Gekicher der Gefährtinnen einfiel.
    Doch während Vater und Tochter nicht gerade mit einer ansprechenden äußeren Erscheinung gesegnet waren, konnte man de Moultons Gemahlin als durchaus anziehend beschreiben. Sittsam saß sie zu seiner Linken, eine zierliche Schönheit mit goldenem Haar und forschen blauen Augen. Sie merkte, dass Silas sie beobachtete und fing seinen Blick ein … länger, als es sich ziemte. Mit überlegener Miene musterte sie ihn und bedachte ihn dann mit einem Blick, aus dem Verachtung sprach.
    »Ist sie nicht ein Geschenk, Mylord?«
    Silas war mit seinen Augen immer noch bei der hochnäsigen Lady de Moulton und bleckte die Zähne zu einem leicht anzüglichen Grinsen. »In der Tat. Ein Geschenk, da gebe ich Euch recht.«
    Baron de Moulton entging die Anspielung. Wieder begann er, eine langweilige Begebenheit vor seinem Gast auszubreiten, doch Silas hörte kaum noch zu. Langsam wandte er den Blick von der kühlen, schönen Burgherrin ab und sah zu, wie sich die stümperhaften Tänzer in der Mitte der Großen Halle mit wenig Anmut im Kreise drehten. Schließlich ließ er die üppige Ausstattung des Burgfrieds auf sich wirken, und für einen Moment, nur zum Zeitvertreib, schwelgte er in der angenehmen Vorstellung, wie es wohl sein mochte, wenn er sämtliche Besitztümer des Barons für sich beanspruchte, sobald er des Drachenkelchs habhaft würde. Denn dann – und daran hatte er keinen Zweifel – wäre nichts mehr unerreichbar für ihn.
    Tatsächlich könnte er die Burg sogar jetzt schon für sich beanspruchen, wenn er es wünschte. Er war vermögend, er war mächtig, und in den Jahren seines langen Lebens war keine Waffe stark genug gewesen, um ihm das zu verwehren, was er verlangte. Mehr als ein Narr hatte sich ihm in den Weg gestellt. Andere würden es gewiss ebenfalls versuchen, aber Silas würde immer obsiegen.
    Schließlich hatte die Unsterblichkeit ihre Vorteile.
    Doch während er keine Skrupel hatte, sich fremde Besitztümer einzuverleiben, langweilte es ihn schon seit Langem, das Vermögen in seinen Geldkassetten zu zählen. Ein Schluck aus dem Drachenkelch hatte ihm Unsterblichkeit beschert, doch schließlich war es der Kelch selbst, nach dem es ihn verlangte. Mit diesem Schatz würde er über diese Welt herrschen und König sein sowohl über die Sterblichen als auch im Reich Anavrin. Er wäre ein Gott.
    Ein siegessicheres Lächeln umspielte seine Lippen, wusste er doch, dass die Zeit seiner Herrschaft bald anbrechen würde. Aber wie schwer war es, sich in Geduld zu üben, wenn ein so großes Geschenk greifbar nah war!
    Plötzlich riss ihn eine Unruhe in der Nähe der Tür zur Großen Halle aus seiner schönen Gedankenwelt. Er hörte die Stimme einer Frau, zunächst nur vage, doch der Tonfall war fordernd. Der Wächter an der Tür, der den Auftrag hatte, nur die geladenen Gäste einzulassen, brummte etwas als Erwiderung.
    Silas schaute über den Rand seines Kelchs hinweg, und seine Augen verengten sich zu scharfen Schlitzen.
    Durch die ungelenken Bewegungen der Tänzer hindurch gewahrte er etwas Eigenartiges. Etwas Fesselndes. Er reckte den Hals und heftete seinen stechenden Blick auf die Tür. Die Frau, die eben eingetroffen war und nun Einlass begehrte, kam ihm irgendwie bekannt vor. Allerdings konnte er ihr Gesicht nicht sehen, da die Tänzer sich immer wieder in sein Blickfeld schoben. Alles was er sah, war eine anmutige Frauengestalt mit glänzend schwarzem Haar.
    Die Frau war ihm fremd, aber wie

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