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Der Kelch von Anavrin: Geheimnisvolle Gabe (German Edition)

Der Kelch von Anavrin: Geheimnisvolle Gabe (German Edition)

Titel: Der Kelch von Anavrin: Geheimnisvolle Gabe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Adrian schreibt als Tina St. John
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spürte seine aufbrandenden Gefühle wie einen Schlag.
    »Nichts«, wiederholte er, aber er glaubte ihr nicht. »Warum habe ich dann das Gefühl, dass du bei jeder Gelegenheit in meine Seele schauen willst?«
    »Es ist nicht meine Absicht, so etwas zu tun«, antwortete sie aufrichtig. Serena hielt den Atem an und versuchte, die machtvoll anschwellende Ahnung abzumildern, die sie erneut mit einem Schwindelgefühl überfiel. All ihre Gedanken wurden durch seine qualvollen Gefühle verdrängt. »Warum versucht Ihr, all das zu verbergen?«
    In dem langen Moment des Schweigens kam ein wilder Ausdruck in seine Augen. Zorn versengte ihre Finger. Angesichts ihrer kühnen Frage kochte er vor Wut, würde in ihrer Gegenwart aber nichts preisgeben. Es stimmte sie traurig, fühlte sie doch, wie verzweifelt er sich bemühte, seine Empfindungen zu verdrängen. Das Einzige, was er noch zuließ, war Zorn. Alles andere lag hinter einer dicken Mauer von Selbstverleugnung und Furcht.
    »Ihr braucht mich nicht zu fürchten, Rand.«
    Serena sprach sehr ernst und eindringlich, damit er ihr glaubte. Er war ein Fremder für sie, aber tief in ihm brannte dieser Schmerz, dessen Grund sie nicht verstand – und es gab nichts, das sie weniger ertragen konnte als das Leiden anderer.
    »Ich soll dich fürchten?«, gab er spöttisch zurück, als wolle er sie mit seinem Hohn verletzen.
    »Ihr könnt mir vertrauen«, beteuerte sie, und sie meinte es genau so, wie sie es sagte. »Es gibt keinen Grund, etwas vor mir zu verbergen.«
    Für einen flüchtigen Augenblick spürte sie, dass er die Möglichkeit abwägte. Er überlegte … hoffte … doch dann brach er in ein höhnisches Lachen aus.
    »Du weißt offenbar nicht, wovon du sprichst, Serena. Ich bin keines deiner Waldgeschöpfe, die in Not geraten sind.« Er gab sie so plötzlich frei, als gehe eine sengende Hitze von ihrer Berührung aus. »Dieser Wald ist wahrlich eigenartig. Und das trifft auch auf dich zu.«
    Serena stand vor dem Dickicht und starrte Rand an. Er berührte sie nicht mehr, seine Worte verklangen in den leisen Geräuschen des Waldes, aber das Wispern der Ahnung hallte noch in ihren Ohren nach.
    Kann mich nicht vor dem Schmerz verstecken, vor meinen Taten … dem Verlust.
    Elspeth.
    Serena fühlte, wie er an diesem Namen hing und sich an die Erinnerung klammerte, obwohl er sich abrupt abwandte und schon im Begriff war, sich zu entfernen. Die Ahnung drückte ihr schier das Herz ab. Sein Kummer erfasste sie, seine quälende Trauer, die wie eine klaffende Wunde schmerzte. Seine Schuldgefühle rissen an ihr. Es war wie eine Peinigung, die sie kaum ertragen konnte.
    Vergiss es nie … vergiss nie den Schwur.
    Begehre niemals eine andere.
    Rand entfernte sich von ihr, bis ins Innerste getroffen. Was, zum Teufel, war über ihn gekommen? Was für eine Frau war das, wenn sie seine Gedanken scheinbar mit einem einzigen Blick ergründen konnte?
    Er wollte es gar nicht wissen. Ebenso verbat er sich jeden weiteren Gedanken über das unerwartet aufflammende Verlangen, das ihn durchzuckt hatte, als er ihre Hand hielt. Immer noch pulste es in ihm, warm und lebendig. Verboten. Er hatte sie nur festgehalten, um sie daran zu hindern, die Falle zu zerstören und dadurch ihre Anwesenheit zu verraten; stattdessen war er wie benommen gewesen: durch ihren unglaublichen Blick, durch die Zartheit ihrer Haut.
    Lüstern.
    Unersättlich.
    Wild und ungezähmt.
    So hatte man ihn oft beschrieben, als er noch ein junger, ausgelassener Knappe gewesen war – und auch später im Ehebett. All diese Bezeichnungen hatte er hingenommen, ohne Verlegenheit zu spüren. Da er einer langen Linie von Schurken und Halunken entstammte, wie er stets scherzhaft angemerkt hatte, entsprach es nicht seiner Veranlagung, ein schönes Gesicht zu missachten. Aber niemals hatte er sich etwas genommen, das ihm nicht bereitwillig dargeboten wurde. Und nie war er der lieblichen Elspeth nach der Eheschließung untreu gewesen.
    Die liebliche, traurige Elspeth. Sie war kaum zwei Monate tot, und doch begannen ihre Züge in seiner Erinnerung bereits zu verblassen. Nicht aber ihr Kummer, der nie schwächer werden würde. Ebenso wenig die Schreie, die in seinen Ohren gegellt und ihm schier das Herz zerrissen hatten, ehe sie gestorben war. Sie hatte ihn verflucht und ihm zugerufen, dass sie ihn dafür hasse, dass er dieses Unglück über sie gebracht hatte.
    Rand verdiente ihre Verachtung. Doch er vermochte es nicht ungeschehen zu machen, weder

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