Der Kelim der Prinzessin
Prinzessin getan hatte. Aber der Bretone war auch wütend über einen anderen Wortbruch der Mongolen, das Brechen eines Wortes, das er dem Kommandanten der Zitadelle gegeben hatte. Kaum hatten die Soldaten der Garnison die Stadt verlassen, war der General Sundchak -
angeblich um Rache für den Hauptmann Dungai zu nehmen, von dem jeder wusste, dass Sundchak ihn nicht ausstehen konnte - über die Abziehenden hergefallen und hatte sie niedergemacht bis auf den letzten Mann. Ihre Köpfe schmückten tagelang die Zinnen der Zitadelle. Die Abreise von Yves wurde vor Yeza verheimlicht, hingegen ordnete Kitbogha an, dass ich die Prinzessin auf die Festung am Ur-miah-See begleiten würde.
Desgleichen sollte Baitschu mit uns gehen, den sein Vater ebenfalls in der Sicherheit von Schaha wissen wollte.
DIE VON HERRN JULIAN vollmundig angekündigte fürstliche Bewirtung auf Beaufort fiel recht kärglich aus, aber anfangs stieß es den Gästen noch nicht auf, wie rigoros innerhalb der Mauern Schmalhans als Küchenmeister regierte. Die beiden Okzitanier Guy und Pons folgten - kaum angekommen - bereits dem Vorschlag Davids, das seit
362
längerem zu kurz gekommene Wesen-Spiel wieder aufzunehmen. Ihr Gefährte Terez hatte noch nie daran teilgenommen - er setzte sich sofort wie ein Einsiedlerkrebs von seinen Kumpanen ab -, und auch Roc selbst schlug ihnen ihr Ansinnen grob ab, den vierten Mann abzugeben. Wie sehr vermissten sie jetzt ihren stets willigen Mitspieler Josh den Zimmermann! Aus Trotz versuchten sie es zu dritt, doch kaum hatten sie mit dem Bau der Pyramide begonnen, erregte ihr Treiben die heftige Neugier ihres Gastgebers. Julian war sofort Feuer und Flamme. Seine Gäste und ihr Wohlergehen interessierten ihn nicht mehr die Bohne, er versäumte sogar, sie der Schlossherrin, seiner Frau, vorzustellen.
Roc kümmerte sich um die zufrieden stellende Unterbringung der zehnköpfigen Truppe aus Antioch, denn er hatte hellhörig mitbekommen, dass die Ritter, die ihm Bohemund beigegeben, unwillig murrten, als er sich diesem Julian von Sidon anschloss. Einige von ihnen wussten zu berichten, dass der frühere Herr von Sidon seine Burg Beaufort schon seit längerem als Ausgangspunkt für Raubüberfälle in näherer und weiterer Umgebung benutzte, nicht selten auch die Grenzen des im Norden gelegenen Fürstentums von Antioch überschreitend. Der Trencavel beruhigte die Gemüter und setzte seine Erkundung der weitläufigen
Festungsanlage fort.
Julian ließ ihn gewähren, wahrscheinlich nahm er das Treiben seines Gastes gar nicht mehr wahr, so exzessiv hatte er sich der Spielleidenschaft ergeben. Seine zugreifende Hand zitterte regelrecht vor Erregung und Begierde, sein Kopf zuckte bei jedem Stäbchen, das einer von seinen Mitspielern aufnahm.
Beaufort lag lang gestreckt auf einem Felsrücken, der auf der Talseite seine natürlichen, steilabfallenden Wände anbot, die noch zusätzlich mit glatten Steinplatten verkleidet waren, während die dem Berg zugewandte Flanke durch einen tiefen, in den Fels gehauenen Graben geschützt war. Der Zugang verlief unterirdisch durch einen mehrfach gewinkelten Tunnel, durch drei Torbauten zusätzlich gesichert. Ein mächtiger Klotz von Donjon thronte über der Anlage. Roc machte sich an den Aufstieg.
363
Als er die Falltür zum obersten Turmgemach aufstieß, stand über ihm eine junge Frau. Ihn verwirrte nicht so sehr, dass sie ihm mit einem merkwürdigen Lächeln Einblick unter ihren Rock bis ins Dunkel ihrer Scham gewährte, sondern dass er sie beim ersten kurzen Blick in ihr schmales Gesicht für die verschlankte und verjüngte Fürstin von Antioch hielt.
»Tretet nur näher, Roc Trencavel«, sagte die Schöne mit belustigter Stimme, »meine Schwester Sybille hat mir -
auf ihrem Wege nach Damaskus, wo sie Euch zu sehen hoffte - von Euren wohligen Taten berichtet, die Ihr ihrem nimmersatten Schöße zu Antioch angedeihen ließet«, sprach sie mit wohlgesetzten Worten und reichte Rog die Hand, um sicherzugehen, dass er nicht Reißaus nahm. »Hier gibt es keine Rutsche zur schnöden Flucht«, lachte sie ihn an und trat beherzt die Klappe, aus der er entstiegen, hinter ihm zu. »Ich habe lange auf Euch gewartet, Roc Trencavel«, sagte Johanna von Sidon, bevor sie ihr Gewand fallen ließ.
TEREZ DE FOIX hatte sich von der Feste Beaufort hinwegbegeben und zog mit einer Meute von wenig
Vertrauen erweckenden Gesellen, die ihm der Burgherr Julian von Sidon bereitwillig mitgegeben hatte, durch die
Weitere Kostenlose Bücher