Der Kelim der Prinzessin
den Satz stehen. Dass dies ihre Lust nicht minderte, bewiesen ihre geschickten Finger, Rog war nicht Wachs in ihrer Hand, sondern Kerze.
»Und er verstößt Euch nicht?«, sagte er, um etwas zu sagen.
»Es ist ihm recht«, gab sie schnurrend zur Auskunft, »weil es nichts zu erben gibt! Selbst Beaufort haben ihm die Templer unter dem Hintern weggepfändet!«
Herr seiner Lenden blieb auch der Trencavel nicht mehr lang. Johanna ließ ihr Liebespfand nicht eher los, als bis er sich über sie geworfen und ihre Hartnäckigkeit belohnte, auch wenn er sich als Mann allemal einreden mochte, sie gehörig zu bestrafen.
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Terez de Foix und seine Mannen hatten ihre Beute durch sämtliche Tore von Beaufort getrieben, der gesamte Burghof war voll mit sich drängenden, blökenden Mutterschafen, hoppelnden Lämmern und störrischen Widdern. Julian war sofort herbeigeeilt und hatte - an Terez vorbei - seine eigenen Männer, die er den Fremden beigegeben, wütend zur Rede gestellt.
»Was habt ihr nur in euren Bocksschädeln?!«, fauchte er sie an. »Hättet ihr ein Hirn oder wenigstens Augäpfel hinten im Kopf, dann hättet ihr längst spitzgekriegt, was ich mit geschlossenen Lidern vor mir sehe.«
Schnaubend holte er Luft. »Sämtliche Beduinenstämme der Beka'a ziehen zornentbrannt auf Beaufort zu, um den Raub dieser stinkenden Herde zu rächen!« Die gescholtenen Burschen senkten schuldbewusst ihre verwegenen Räuberschädel. »Bringt mir die Schafhirten!«, wies er sie an. »Und dann lasst mich gefälligst allein mit ihnen -« Das galt mehr Terez de Foix und den Rittern aus Antioch, die sich über diesen schnöden Empfang ärgerten und sich schon deswegen erhobenen Hauptes entfernten. Inzwischen waren bereits - wie vorhergesagt -
die ersten Beduinen vor der Burg angelangt und schickten - um der guten, alten Freundschaft willen! -
Abgesandte zum Herrn Julian, damit er die Herde freigäbe und sie angemessen entschädige. Der Burgherr bat sie in den Rittersaal, aus dem jetzt die Wesen-Spieler rüde vertrieben wurden. Das Problem des Herrn Julian war, dass er nichts besaß, um die Erzürnten zu versöhnen. Er ließ also das Beste - und Letzte - aus Küche und Keller auffahren, um Zeit zu gewinnen. In solcherart genährter Hoffnung, so war sein Kalkül, würden sich die Stimmführer der wichtigsten Hirtenclans schon beruhigen. Beim listig gewährten Umtrunk ließ er sie erst einmal erzählen, was die Hirten auch willig taten. Der ungewohnte Wein-genuss lockerte die Zungen und besänftigte die Gemüter. Dabei berichteten sie, etwas verwirrend, weil alle durcheinander redeten, dass eine ungewöhnliche Karawane der Mongolen Damaskus verlassen habe und nordwärts gen Baalbek zöge. Zwei Hundertschaften eskortierten die schwer beladenen Kamele, die nicht nur eine riesige Teppichrolle mit sich schleppten, sondern auch viele kleine Kisten und Truhen -Julian hatte ihnen aufmerksam gelauscht und
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war sofort hellhörig geworden, als er von den schweren kleinen Truhen vernahm. Das konnte nur den Transport von Gold bedeuten, wahrscheinlich brachten die Mongolen ihre räuberische Ausbeute von Hama, Homs und Damaskus in Sicherheit. Sein Hirn arbeitete fieberhaft. Dann sei da noch eine Sänfte mit einem jungen Weib, das goldenes Haar habe. Anscheinend sei sie eine besondere Gefangene, die man auch hungern ließ, denn das junge Weib sei erschreckend dünn. Nach dieser Beschreibung, die Julian lächelnd aufnahm, konnte es sich nur um jene Yeza handeln, die andere Hälfte dieses legendären Königlichen Paares, dessen männlicher Part Roc Trencavel als Gast in seinen Mauern weilte. Julian pries die Heilige Jungfrau und seine eigene weise Voraussicht, dass er sich allein mit den Beduinenführern in diesem Raum befand. Sein Plan nahm Formen an. Er billigte den Hirtensöhnen die sofortige Rückgabe der Herde zu und darüber hinaus eine Entschädigung für die erlittene Unbill, in einer Höhe, die deren kühnste Erwartungen weit überstieg. Allerdings müssten sie ihrerseits ihm mit einem Dienst zu Gefallen sein, ein kleiner Heereszug ihrer Stämme unter seiner Führung.
»Kampf gegen die Feinde des Glaubens!«, das ging Julian glatt von der Zunge, schließlich waren Nestorianer eben keine wahren Christen! - Diese Hirtensöhne hatten sofort verstanden, dass es gegen die Mongolen ging, gegen besagte Karawane. Allein hätten sie sich nie getraut, sich mit den gefürchteten firsan al nabbala, diesen
»Bogenreitern«, aus dem fernen Land der
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