Der Kelim der Prinzessin
den nächsten und musste sich schon wieder ducken, weil die Burg sich plötzlich ums andere Mal dräuend über ihm erhob. Baitschu versuchte sich nach den Schatten zu richten, die von den glühend 423
heißen Felsen geworfen wurden - aber sie führten ihn immer mehr in die Irre. Er nahm seine Sinne zusammen und beschloss, in einer schmalen Klamm zwischen den Klippen die Dunkelheit abzuwarten, bevor er seine Flucht fortsetzte.
Auf Beaufort wollte sich Herr Julian nicht den Anblick der enttäuschten Gesichter versagen, wenn er seinen Gefangenen in der Tiefe der Zisterne mitteilte, dass ihr einarmiger Gefährte David der Templer zu den Mongolen geritten sei, um den dummen Kugelköpfen den schriftlichen Beweis zu überbringen, dass es die Templer von Sidon waren - und niemand sonst! -, die das Massaker von Baalbek veranstaltet hätten! Doch zu seinem Ärger erntete er, als er seine schadenfrohe Ankündigung von oben durch das Loch in der Decke hinunterposaunt hatte, nur ungläubiges Schweigen. Anscheinend trauten sie ihrem Freund eine solche Torheit nicht zu, und so verlangte Herr Julian den Knaben Baitschu zu sehen, dieses freche mongolische Bürschchen, das er jetzt mit seinem Hohn überschütten wollte und vor allem mit der bitteren Nachricht für alle, dass von den Mongolen nun keine Rettung mehr zu erwarten sei. Doch der Knabe Baitschu befand sich nicht mehr unter den Insassen der Zisterne, so gründlich Herr Julian sie auch von oben inspizierte. Da Rog Trencavel und die anderen sich weiterhin in Schweigen hüllten, hetzte er eine Hand voll seiner Strolche hinab zu den verstockten Gefangenen. Die fanden auch schnell die stillgelegte Abflussröhre, den einzig möglichen Fluchtweg. Brüllend vor Wut, jagte Herr Julian das gesamte Wachpersonal in die Sättel, und kurz darauf preschten die Strolche bereits aus dem weit aufgerissenen Tor.
So sah sich Terez de Foix plötzlich doch noch belohnt. Die Figur des davonreitenden Templers war am Talausgang - schon durch sein leuchtend weißes Tuch - noch deutlich auszumachen. Auch die Verfolger mussten den Fliehenden erspäht haben - Terez spannte seine Armbrust und legte den ersten Bolzen auf, denn gleich mussten die Strolche unter ihm auftauchen. Doch sie schwenkten allesamt in die Entgegengesetzte Richtung, teilten sich in zwei Grup-424
pen und strebten unter den Mauern der Burg zu den Felsklippen auf deren Rückseite hin, als wollten sie dort einen gefährlichen Angreifer überraschend in die Zange nehmen - oder galt ihr Manöver einem ahnungslosen Flüchtling? Terez sah ein, dass er auf seinem jetzigen Posten nicht in das Geschehen eingreifen konnte, holte sein Pferd aus dem Versteck, nahm es am Zügel und verließ - nach allen Seiten sichernd - die Felswand.
Baitschu war es nicht gelungen, einen wesentlichen Abstand zwischen sich und Beaufort zu bringen, er hatte kein Pferd, und das ungewohnte Klettern in den scharfkantigen Klippen oder das mühselige Krauchen und Stolpern durch die Steinwüste hatten ihn erschöpft. Er sah seine Verfolger nicht, aber sie hatten die Gestalt des Knaben entdeckt, die sich nur langsam wie ein aus dem Nest gefallener Vogel hüpfend zwischen den Felsen voranbewegte. Zwei der Strolche machten sich getrennt, behenden Bergziegen gleich, an den Abstieg, hefteten sich an die Fersen ihres ahnungslosen Opfers. Der erste war ihm schnell so nahe gekommen, dass er schon den blanken Dolch zwischen die Zähne nahm, um den letzten Fels zu erklimmen, der ihn noch von Baitschu trennte.
Er setzte zum Sprung an, als ihn der Bolzen in den Hals traf. Der Knabe schaute nur erschrocken auf, als die blanke Stahlklinge scheppernd vor ihm zwischen den Steinen zu liegen kam. Entsetzt rannte er in die entgegengesetzte Richtung, hechtete mit einem Satz der Verzweiflung über eine sich vor ihm auftuende Felsspalte, genau dem zweiten Häscher entgegen. Der zückte seinen Hirschfänger und richtete sich auf - der Bolzen drang ihm zwischen den Schulterblättern in den Rücken, und er fiel vornüber, Baitschu knapp verfehlend stürzte er an ihm vorbei. Der Knabe schenkte auch ihm keinerlei Beachtung, denn er hatte von dem jetzt erklommenen Fels aus in der Ferne den Heereszug der Mongolen entdeckt -
David der Templer ritt unangefochten in die Richtung, von der er annahm, dass sie ihn nach Sidon führen würde.
Auch er sah aus sicherer Entfernung das Heer der Mongolen, das sich rasch und zielstrebig vorwärts bewegte.
Da er von der Angewohnheit der
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mongolischen
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