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Der Kelim der Prinzessin

Der Kelim der Prinzessin

Titel: Der Kelim der Prinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Berling
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auf und gaben ihm eine Decke, damit er sich zum Schlafen legen konnte. David verriegelte die Lattentür so gut es ging von innen, damit seine Keuschheit des Nachts nicht Gefahr lief, von den frechen Mägden geraubt zu werden.
    In dem hohen Gewölbe unter dem Burggraben am äußersten Ende von Beaufort gelegen, hatten Roc und die beiden verbliebenen Okzitanier, Guy und der dicke Pons, alle Hände voll zu tun, die Flucht von Baitschu zu vertuschen. Beim ersten Mal formten sie eine Puppe aus Stroh, die sie zudeckten wie einen Schlafenden - und dann wegen seiner Trägheit beschimpften, als von den Strolchen des Julian von oben der Korb mit der täglichen Speise herabgelassen wurde. Dann setzten sie die Puppe in eine Ecke, als würde der Knabe gerade fürchterlich stinkend seine Notdurft verrichten, sodass sie sich die Nase zuhalten mussten. Sie rotteten sich unter der runden Deckenöffnung zusammen, um frische Luft zu schnappen, sobald von oben die Gesichter ihrer Wächter neugierig, aber ohne jedes Mitleid sich von ihrem Wohlbefinden überzeugten. Sie mussten befürchten, dass ihnen kaum Zeit blieb, immer neue Varianten zur Figur Baitschu auszuhecken und stets auf unerwartete Kontrollen vorbereitet zu sein, denn - außer dem fest schlummernden Faulpelz < - schien es ihnen nicht ratsam, ihre Einfälle allzu oft zu wiederholen, nur um ihre Wärter vom Verschwinden des munteren Knaben abzulenken!
    Außerdem hätten sie wirklich gerne gewusst, was mit dem einarmigen Templer geschehen war.
    419
    Als David schon alle Hoffnung aufgegeben hatte, sich wütend zum Narren gehalten fühlte, kam die alte Wirtschafterin, eine hagere Hexe, und brachte ihm das hergerichtete Wams, völlig mit neuem Futter versehen.
    Die Mägde bestanden darauf, dass David es auf der Stelle anlegte. Jetzt fühlte er sich schon wohler in seiner Haut, denn er musste nicht länger ihre feuchten Hände auf seinem nackten Rücken spüren - oder wenn sie begehrlich seine behaarte Brust betasteten. Mutig fragte er die alte Hexe nun auch nach seiner Clamys. Die tat ganz erstaunt, mit vorwurfsvollem Blick zu den Maiden, sein blütenweiß gewaschenes Ordensgewand hänge doch schon so lange im Obstgärtchen auf der Wäscheleine, dass es längst in der Sonne getrocknet sein müsste!
    David war darüber so erfreut, dass er das Angebot der Alten begierig annahm, doch selbst in den Garten zu laufen und es sich zu holen. Also stürzte er durch die Küche, die er zuvor nie hatte betreten dürfen, ließ sich das Türlein zum Garten zeigen und stolperte ins Freie. Der Kräutergarten mit dem anschließenden Olivenhain zog sich hin bis zur Außenmauer. Schnell entdeckte David seine geliebte Clamys zwischen allerlei bunten Tüchern, Schürzen und Laken. Feuerrot leuchtete ihm das Tatzenkreuz entgegen. Bebend zog er sich das Kleid seines Ordens über, feierlich war ihm zumute, und neue Kraft schien ihn zu durchströmen. Abenteuerlustig schaute er sich um. Sein Blick fiel durch einen offenen Torbogen. Erst wollte David seinen Augen nicht trauen: Da stand ein Pferd, ein gesatteltes Pferd! - Und niemand weit und breit? Der Versuch war es wert, er schlenderte durch den Torbogen, jederzeit darauf gefasst, barsch vom Besitzer des Tieres oder irgendwelchen Wachen weggescheucht zu werden. Kaum hatte er es erreicht - und noch immer hatte sich ihm keiner in den Weg gestellt
    -, erkannte der Templer, dass er die Mauern von Beaufort bereits hinter sich gelassen hatte. Immer noch ungläubig löste er die Zügel von dem Feigenbaum, an den es angebunden stand. Beherzt schwang er sich in den Sattel und ritt davon, ohne sich noch einmal umzusehen.
    420
    Oben im Donjon, hinter dem schmalen Fenster ihrer Kemenate, stand Frau Johanna und schaute lächelnd dem immer schneller trabenden Templer hinterdrein.
    DURCH EINEN BLÜHENDEN FRUCHTGARTEN ritt ein junges Paar. Wo immer die Leiber ihrer Pferde oder
    sein Helm die Zweige streiften, fielen Blütenblätter zu Boden. Üppige rosa Mandelbäume wechselten mit den kleinen weißen Sternen, mit denen die Zitrusstauden übersät waren. Sie hatten dem ihnen folgenden Reiter den Rücken zugewandt, aber er hegte nicht den geringsten Zweifel, dass es Roc und Yeza waren, wenn auch das Blondhaar der Prinzessin von einem silbrig glänzenden Turban gebändigt wurde. Granatapfel, schlanke Dattelpalmen, ausladende Feigensträucher flogen vorbei, der Ritt wurde schneller. Das Königliche Paar drohte ihm zu enteilen, er wollte sie bei ihren Namen rufen, doch seine

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