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Der Kelim der Prinzessin

Der Kelim der Prinzessin

Titel: Der Kelim der Prinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Berling
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Stimme versagte ihm den Dienst, die Blütenblätter wirbelten ihm ins Gesicht, so sehr drängte es ihn, sie einzuholen, da wandte sich die junge Frau zu ihm um - der Rote Falke sah in das Gesicht von Madulain, die sich über ihn beugte, sie musste schon lange wach an seiner Seite seinen Schlaf behütet haben.
    »Man hat mich gebeten, Euch zu verlassen«, sagte sie und erhob sich. Sie trug bereits ihren Reiseanzug, dazu den amamah aus mit Silberfäden durchwirkter Seide, der sie aus der Ferne oft wie ein schlanker junger Mann wirken ließ.
    Der Rote Falke schloss die Augen, er wollte sie nicht gehen sehen. Dann traten zwei dunkelhäutige Knaben an seine Lagerstatt und fragten, ob sie ihm beim Anlegen seiner Kleider behilflich sein dürften. Er gestattete ihnen nur, ihm beim Anziehen der Reitstiefel zur Hand zu gehen. Baibars betrat das Zelt, grüßte den Roten Falken freundlich, um dann ohne Umschweife zur Sache zu kommen.
    »Euer Tod ist beschlossen«, verkündete er mit größter Selbstverständlichkeit. »Ich kann Euch in Ketten nach Kairo schicken, zur Verfügung des regierenden Sultans Qutuz, der Euch übel ge-421
    sonnen ist, weil Ihr dem Ali, Sohn seines gewaltsam beseitigten Vorgängers, Hilfe bei dessen Flucht geleistet habt -, oder ich kann das Urteil hier vollstrecken?« Der Mameluckenemir sah ihn fragend an. »Ihr habt die Wahl
    -«
    Der Rote Falke musste sich nicht bedenken. »Ich ziehe die Hand eines Mannes vor, der zwar nie mein Freund war, aber den ich achte - vor allem, weil er mir die Ehre nicht nimmt.«
    »Wollt Ihr Euch von Eurem Weibe verabschieden?«
    »Nein, wir haben uns alles gesagt.«
    »Ihr seid also bereit?«
    »Keineswegs«, erwiderte der Verurteilte. »Zuvor sollt Ihr, Baibars, mir schwören, dass - wie auch immer das Schlachtenglück zwischen Euch und Kitbogha entscheidet - Ihr Roc und Yeza kein Haar krümmen werdet, sollten sie Euch lebend in die Hände fallen - «
    Baibars sah ihn nachdenklich an, ein Lächeln huschte über sein von Wind und Wüstensand gegerbtes Gesicht.
    »Es tut mir Leid, wenn Ihr Euch deswegen solch Ungemach bereitet habt, denn ich schätze den jungen Trencavel und die Prinzessin ganz im Besonderen - « Er sah dem Roten Falken fest ins Auge. »Diese, meine Hochachtung gilt über den leiblichen Tod hinaus - den Meinen wie den Euren - « Baibars bedachte sich bei diesem Gedanken nicht lange. »Ich will Euch sogar versprechen, dass ich, was in meiner Macht steht - also alles, was von Seiten der Mamelucken geschieht, unternehmen werde, um die Unversehrtheit dieser beiden außergewöhnlichen jungen Menschen zu gewährleisten.« Baibars war kein Freund großer Worte, er war langes Reden nicht gewohnt. »Nicht nur, weil die Prinzessin Yeza einst meinem Sohn Mahmoud das Leben gerettet hat, sondern weil ich Euch im Angesicht des Todes den Traum von der Friedensherrschaft nicht rauben will.«
    Die beiden Männer umarmten sich. Dann betrat der Scharfrichter das Zelt.
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    UNTERM TATZENKREUZ
    ES GAB JEMANDEN, der hatte die Burg Beaufort seit Tagen niemals aus seinem Blick verloren. Der einsame Reiter hatte sein Pferd in einer Höhle der gegenüberliegenden Felswand versteckt und hockte selbst hinter einem Stein über dem tief eingeschnittenen Flusstal. Terez de Foix wartete auf die Stunde der Abrechnung mit Julian von Sidon, dem Herrn der Burg. Das Tor hatte er im Auge behalten, seitdem Roc Trencavel und seine Freunde dort eingeritten waren und nicht wiederkehrten. Weil die Röhre auf der ihm abgewandten Seite ins Geröll mündete, war ihm die Flucht Baitschus aus der Zisterne entgangen, nicht aber das plötzliche Auftauchen des David von Bosra, hoch zu Ross! Der einarmige Templer - weithin leuchtete seine schneeweiße Clamys mit dem blutroten Tatzenkreuz auf der Brust! - war eilig davongeritten, als befürchte er, verfolgt zu werden. Jeden Augenblick müssten jetzt die Strolche aus dem Tor hervorpreschen, um den Flüchtling wieder einzufangen, aber nichts dergleichen geschah! So ließ Terez seine Armbrust wieder sinken, doch er war fest entschlossen, ja sogar begierig darauf, die offensichtliche Flucht des Gefährten von seinem Hinterhalt aus zu decken -
    Der Knabe Baitschu hingegen - kaum, dass er, mit vor Aufregung zitternden Beinen, durch das Felsgeröll gekrochen und sich aus der Sichtweite von Beaufort entfernt wähnte - verlor schnell jegliche Orientierung.
    Hastig, dabei einige Male stürzend und sich die Knie aufschürfend, sprang er den steinigen Hang hinab, erklomm

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