Der Keller
Zaun vorbeikam, warf er einen letzten Blick auf Brians gepfählten Körper. Dann rannte er los.
Kapitel zwölf
Kalte Luft strich über Tylers Gesicht. Der Rest ihres Körpers lag unter der warmen Decke. Sie rollte sich herum und begrub ihr Gesicht in der weichen Gemütlichkeit des Kissens.
Das friedliche Zwitschern und Schnattern der Vögel erinnerte sie an längst vergangene Sommermorgen, an denen sie so bequem im Bett gelegen hatte, dass sie eigentlich nicht aufstehen wollte. Doch Abenteuer lockten: Ein Flohmarkt (bei dem sie ein Vermögen verdienen würde), ein Picknick am See mit Sally, Huss und Loretta, ein Ausflug.
Diese Ausflüge waren am schönsten gewesen - sie machte sich entweder zu Fuß oder mit dem Fahrrad auf, um unbekannte Pfade zu entdecken, Waldwegen oder Eisenbahngleisen zu folgen, weiter als sie es jemals zuvor getan hatte.
Später dann die fast schmerzhafte Aufregung, wenn sie an das Freibad dachte und an Skip Robinson, der dort Rückenschwimmen trainierte und vielleicht einmal auf sie aufmerksam werden würde. Ihr Wunsch war in Erfüllung gegangen, obwohl sie so schüchtern gewesen war. Seine Haut hatte nach Sonnenmilch geduftet.
Abe dagegen roch nach Brut for Men. Sie presste ihren Körper gegen die Matratze, als sie sich daran erinnerte, wie er sie gestern Nacht in die Arme genommen hatte. Mitten auf der Verandatreppe, wie ein verliebter Teenager, während Nora mit Jack in ihrem Zimmer verschwunden war. Wenn sie Abe hereingebeten hätte, würde er jetzt neben ihr liegen. Doch stattdessen war jeder für sich in sein Zimmer gegangen.
Tyler hatte dies sofort bedauert, und jetzt fühlte sie eine schmerzhafte Leere in ihrem Inneren.
Ich kenne diesen Mann doch kaum, dachte sie.
Sie musste an Dan denken. Mit Abe ins Bett zu steigen kam ihr * fast wie Untreue ihm gegenüber vor.
Trotzdem wünschte sie, dass sie es getan hätte.
Sie war Dan nicht das Geringste schuldig. Sie hatten die Entscheidung, sich zu trennen, vor mehr als fünf Jahren getroffen, und selbst wenn sie ihn heute wiedersehen würde (im Horrorhaus?), war ihre Beziehung wahrscheinlich für alle Zeiten beendet. Der Gedanke an Dan hätte sie nicht abhalten sollen.
Aber da war noch etwas anderes. Sie mochte Abe so sehr und wusste doch, dass sie ihn nach dem heutigen Tag niemals wiedersehen würde. Er und Jack wollten nach Norden, sie und Nora würden zurück nach Süden fahren. Eine Affäre hätte alles nur noch schlimmer gemacht.
Wenn sie so darüber nachdachte, trauerte sie bereits über seinen Verlust, als wäre er schon abgereist.
Ein Tag bleibt uns noch, sagte sie sich.
Sie hatten sich zum Frühstück verabredet. Und danach? Die Führung durch das Horrorhaus?
Nora schien fest entschlossen, und wenn Abe und Jack mitkamen … zumindest konnte sie so etwas länger mit ihm zusammen sein.
Abe, das ist mein Exfreund Dan Jenson. Dan, das ist Abe Clanton.
Tyler? Ich kann es kaum fassen. Meine Güte, lass dich mal ansehen. Du bist wunderschön. Hast du abgenommen?
Abe würde eifersüchtig mit den Augen funkeln, wenn Dan sie in die Arme nahm. Abe würde sich umdrehen und weggehen. Nein, warte!
Jetzt war sie viel zu aufgeregt, um noch liegen zu bleiben und stand auf. Sie zog die Vorhänge zur Seite und sah auf den Innenhof hinaus. Ihr Herz machte einen Satz. Direkt gegenüber saß Abe auf der Verandatreppe. Er hatte die Ellbogen auf die Knie gestützt und starrte auf den Boden. Die Morgenbrise zerzauste sein Haar, und
seine Miene war düster. Er schien tief in Gedanken zu sein. Ob er über mich nachgrübelt?, fragte sie sich.
Bestimmt nicht. Wieso sollte er auch?
Andererseits …
Mann, er sieht so einsam und verzweifelt aus.
Von ihrer eigenen Entschlossenheit überrascht schlüpfte Tyler in ihren Morgenmantel und öffnete die Tür. Abe sah auf, und ein Lächeln erschien auf seinem Gesicht. »Morgen«, rief Tyler.
»Guten Morgen.«
»Bist du schon lange auf?«
»Nein, nicht so lange.« t
»Wie wär’s mit einer Tasse Kaffee?«
»Da sage ich nicht Nein.« Er stand auf und klopfte sich den Staub vom Hosenboden seiner alten, abgetragenen Jeans mit fadenscheinigem Stoff an den Knien und ausgefransten Aufschlägen. Seine Cowboystiefel dagegen schienen nagelneu zu sein. Sein weißes T-Shirt lag eng an seinem Oberkörper, so dass sich die Muskeln deutlich darunter abzeichneten.
Tyler war sich plötzlich bewusst, dass sie unter Morgenmantel und Nachthemd splitternackt war.
Aber das war ja wohl kaum als splitternackt zu
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