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Der Keller

Der Keller

Titel: Der Keller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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gerade in der Saturday Evening Post las.« Maggie ging um den Körper herum und deutete mit dem Stock auf eine aufgeschlagene Zeitschrift, die neben dem ausgestreckten rechten Arm der Figur lag. »Dies hier ist genau jene Ausgabe, in der sie zum Zeitpunkt des Angriffs blätterte.« Sie beschrieb einen Bogen mit ihrem Stock. »Es ist alles noch genau so, wie es in dieser grässlichen Nacht war. Bis auf den Leichnam natürlich.« Sie lächelte. »Aber diese exakte Kopie lässt wohl keine Fragen offen. Sie wurde von mir in Auftrag gegeben und im Jahre 1936 von Monsieur Claudie Dubois aus Nizza angefertigt. Bis hin zur kleinsten Wunde ist jedes Detail genauestens reproduziert. Dafür wurden Fotografien des Leichnams benutzt, die mir in die Hände fielen. Wie gesagt, alles ist authentisch. Das Nachthemd, das Ethel trägt, ist natürlich das Original. Die dunklen Flecken stammen von ihrem Blut.«
    »Krass«, murmelte das Mädchen, das Tyler auf den Fuß gestiegen war.
    Maggie ignorierte sie. »Sobald die Bestie mit Ethel fertig war, schlug sie den Salon kurz und klein. Sehen Sie die Büste von Julius Cäsar dort auf dem Kaminsims?« Sie deutete mit dem Stock darauf. »Die Nase ist abgebrochen. Das ist das Werk des Monstrums. Es warf die Büste auf den Boden und ein halbes Dutzend Porzellanfiguren in den Kamin. Außerdem zerstörte es diesen Stuhl. Dieses Rosenholzpodest…« - sie klopfte mit dem Stock darauf - »wurde durch das Erkerfenster geschleudert. Der Lärm weckte natürlich den Rest des Hausstandes. Lillys Zimmer ist gleich hier oben.« Sie richtete den Stock zur Decke. »Die Bestie muss gehört haben,‘Vie sie aufstand und eilte auf die Treppe zu.«
    Maggie schloss die Vorhänge, humpelte um die Absperrung herum und führte die Gruppe aus dem Salon. Gorman blieb ihr dicht auf den Fersen. »Darf ich fragen, wie Sie so sicher sein können, dass sich alles genau in dieser Reihenfolge abgespielt hat? Wie Sie vorhin erwähnten, gab es keine Zeugen«, fragte er mit lauter Stimme.
    »Die Polizeiberichte, Fotos und Zeitungsartikel lassen keinen Zweifel daran, wie alles passiert ist«, erklärte sie, während sie die Treppe erklomm. »Die Polizisten folgten einfach der Blutspur.«
    »War die Bestie denn verwundet?«
    Sie warf Gorman einen belustigten Blick zu. »Es war Ethels Blut. Es tropfte förmlich von ihr herunter, bis hierher, in Lillys Schlafzimmer.« Am Ende der Treppe angekommen wandte Maggie sich zur Linken.
    Tyler sah in die entgegengesetzte Richtung. Rote Vorhänge umgaben einen Bereich am Ende der Galerie, an dem nur ein enger Durchgang zu beiden Seiten vorbeiführte. Ein weiteres Exponat. Wie viele gibt es wohl davon?, fragte sie sich. Und wie viele kann mein Magen verkraften?
    Abe drückte beruhigend ihre Hand, und sie betraten Lilly Thorns Schlafzimmer. Wieder gruppierte sich die Menge um eine Absperrung mit roten Vorhängen dahinter. Maggie zog an einer weiteren Kordel, und die Vorhänge öffneten sich. Eine Wachsfigur in einem rosa Nachthemd saß aufrecht auf dem Bett. Sie hatte eine Hand vor den geöffneten Mund gelegt und sah mit vor Schreck aufgerissenen Augen an den Messingverzierungen des Bettgestells vorbei.
    »Wir befinden uns jetzt direkt über dem Salon«, sagte Maggie. »Der Lärm weckte Lilly auf, und sie schleppte den Frisiertisch zur Tür, um sie zu verbarrikadieren. Dann floh sie durch das Fenster. Sie landete auf dem Dach des Erkerfensters und schließlich auf der Straße.«
    Gorman schnaubte verächtlich, und Maggie warf ihm einen ärgerlichen Blick zu. »Haben Sie eine Frage hierzu?«
    »Nein, nein.« Er schüttelte den Kopf. »Ich dachte nur, dass …« Er verstummte. »Bitte fahren Sie fort.«
    »Zeit meines Lebens frage ich mich, warum sie nicht versucht hat, ihre Kinder zu retten.«
    »Aus Panik«, schlug ein Mann hinter der rothaarigen Frau vor.
    »Ja, vielleicht.« Maggie schloss die Vorhänge wieder. »Sobald die Bestie erkannt hatte, dass er nicht in ihr Zimmer gelangen konnte, rannte er diesen Korridor hinunter.«
    Er, dachte Tyler. Die Bestie war plötzlich ein Er geworden anstatt eine Sie oder ein Es.
    Sie gingen an der Treppe vorbei. Als sie sich dem abgesperrten Bereich näherten, mussten sie eine lange Reihe bilden, um zwischen Wand und Vorhang vorbeizugehen. Tyler ließ Abes Hand los und ging vor. Mit dem Unterarm streifte sie eine Falte des Vorhangs. Sie zuckte zusammen und spürte, wie sie Gänsehaut bekam. Dann hatten sie das Hindernis passiert und die Galerie wurde

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