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Der Keller

Der Keller

Titel: Der Keller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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sie die Glühbirne zerbrechen und sich mit den Scherben die Handgelenke oder die Kehle aufschlitzen. Das würde sie fertig bringen.
    Es gab dabei nur ein Problem.
    Sie wollte nicht sterben.
    Sie würden sie nicht freilassen, so viel war sicher. Doch sie hatten ihre Wunden versorgt, also wollten sie, dass sie sich erholte. Weshalb? Ihr fiel nur ein Grund ein, und allein beim Gedanken daran wurde ihr übel: Sie sollte der Bestie als Spielzeug dienen.
    Beim ersten Mal war sie ohnmächtig gewesen, doch wenn das Monstrum jetzt über sie herfiel, würde sie es sehen und seine Klauen und Zähne und seinen Penis in sich spüren.
    Besser nicht daran denken. Möglicherweise hatten sie auch etwas ganz anderes vor.
    Aber das bezweifelte sie.
    Sie legte eine Handfläche auf die Binde zwischen ihren Schenkeln.
    Das darf nicht passieren, dachte sie.
    Ich muss hier raus.
    Klar. Gar kein Problem. Einfach die Tür eintreten und losrennen.
    Letzten Sommer hatte es die kleine Joni geschafft, diesem Irren zu entkommen, der sie im Bungalow festgehalten hatte - und sie war im Gegensatz zu Janice jetzt an ein Bett gefesselt gewesen. Andererseits war die Bungalowtür nicht von außen verschlossen gewesen.
    Irgendwann müssen sie ja die Tür öffnen, erkannte sie. Früher oder später würden sie nach ihr sehen, ihr etwas zu Essen bringen oder - ihre Eingeweide krampften sich zusammen - die Bestie auf sie loslassen.
    Der Augenblick, in dem sich die Tür öffnete, war ihre einzige Chance.
    Sie musste sich darauf vorbereiten.
    Sie rollte von den Kissen herunter und stöhnte auf, als stechender Schmerz sie durchfuhr. Auf Händen und Knien schleifte sie einige der großen Kissen in die Mitte des Raums und stapelte sie aufeinander.
    Während sie sich abmühte, auf den Stapel zu klettern, fiel ihr ein, dass die Glühbirne sehr heiß sein musste. Also humpelte sie zu der Stelle zurück, an der sie gelegen hatte, und hob ein Satinkissen auf. Sie zerrte so lange daran herum, bis der Bezug zerriss. Dann schüttelte sie das Schaumstoffpolster heraus und wickelte sich den glatten Stoff um die rechte Hand.
    Sie stellte sich auf den Kissenstapel. Ihre Füße versanken in den weichen Polstern. Sie wedelte mit den Armen, um auf dem wackeligen Turm nicht das Gleichgewicht zu verlieren.
    Mit der rechten Hand packte sie die Glühbirne und spürte ihre Hitze durch das Satin. Die Birne ließ sich leicht drehen und erlosch schließlich.
    Janice befand sich nun in völliger Dunkelheit. Während sie weiter an der Birne herumschraubte, verlor sie um ein Haar das Gleichgewicht. Die Kissen unter ihren Füßen schienen sich zu bewegen, und nur ihr sanfter Griff um die Glühbirne hinderte sie daran, umzufallen.
    Endlich löste sich die Birne aus der Fassung.
    Blindlings machte sie einen Satz nach vorne und hatte das Gefühl, eine Ewigkeit zu fallen, bis ihre Füße endlich den Boden berührten. Mit rudernden Armen fiel sie um und landete auf dem Hintern. Ihr Hinterkopf und die Schultern prallten gegen die Kissen, und sie krümmte sich vor Schmerz zusammen.
    Ganz toll, dachte sie. Nach dieser Übung hatte sich bestimmt jede einzelne Wunde wieder geöffnet.
    Trotzdem war sie stolz auf sich, und die Schmerzen mischten sich mit Aufregung. Sie hatte es geschafft! Sie drückte die Glühbirne an die Brust, bis sie die Hitze spürte.
    Also gut, dachte sie. Jetzt habe ich eine Waffe.
    Sie wartete, bis die Schmerzen wieder einigermaßen erträglich waren, dann kroch sie auf allen vieren durch die Dunkelheit. Nach einer Ewigkeit ertastete sie eine Wand. Irgendwo zu ihrer Linken musste sich die Tür befinden.
    Vorsichtig wickelte sie die Birne aus dem Kissenbezug, packte sie an der Fassung und klopfte mit dem Glas leicht gegen die Wand. Dann fester. Die Birne zerbarst mit einem Knall, der ihr in der absoluten Stille ohrenbetäubend laut vorkam. Sie ließ die Finger den Glaskörper entlanggleiten, bis sie eine scharfe Kante spürte.
    Dann kroch sie so lange an der Wand entlang, bis sie die Tür erreicht hatte. Sie setzte sich, lehnte sich gegen die Mauer, zog die Knie an und wartete.
    Von irgendwoher ertönte ein Kreischen, das an einen Säugling erinnerte. Womöglich eine Katze, dachte sie. Nein, es klang tatsächlich wie ein menschliches Baby. Wenige Augenblicke später verstummte das Geschrei, und Stille legte sich wieder über das Haus.
    Janice runzelte die Stirn. Ein Baby? Maggie Kutch war viel zu alt, um noch ein Kind zu bekommen. War es möglich, dass sie nicht die einzige

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