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Der Keller

Der Keller

Titel: Der Keller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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Schicksal so gut wie besiegelt.
    Ein paar Leute erinnerten sich, dass sie ihn an diesem Tag auf dem Gelände der Thorns gesehen hatten - offensichtlich konnte nur er diese Tat begangen haben. Es gab eine Gerichtsverhandlung, leider ohne Zeugen, da außer Lilly alle tot und sie selbst vor Kummer nicht mehr bei Sinnen war. Obwohl das Urteil schnell gefällt war, bildete sich noch in derselben Nacht ein Mob, der Goucher aus dem Gefängnis zerrte, ihn an genau diesen Ort brachte und an diesem Querbalken dort oben aufknüpfte.
    Doch diese Amateure leisteten schlechte Arbeit. Anstatt ihm das Genick zu brechen, ließen sie ihn dort oben zappeln. Offenbar dauerte es ziemlich lange, bis er schließlich unter grässlichen Verrenkungen den Geist aufgab.«
    »Wie reizend«, flüsterte Nora.
    »Natürlich war Gus Goucher völlig unschuldig. Die Bestie hat es getan.« Sie ließ ihren Stock zweimal auf den Boden krachen. »Fol-
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    gen Sie mir nun bitte ins Haus.«
    Als sie sich umdrehte, warf Tyler Abe einen Blick zu. Er schüttelte den Kopf, als fände er die ganze Sache auf eine seltsame Art witzig.
    »Barbie hatte Recht«, flüsterte Nora. »Unanständig und billig.«
    Wahrend sie die Verandatreppe hinaufging, ließ Tyler Abes Hand los, um ihre schweißnassen Hände an der Cordhose abzuwischen. Sie verspürte ein mulmiges Gefühl im Magen.
    Die Gruppe versammelte sich in der Eingangshalle. Im Gegensatz zum sonnendurchfluteten Morgen vor der Tür war das Haus dunkel und kühl. Tyler erwartete fast, in der Finsternis plötzlich Dan zu entdecken, der in einer Uniform Wache stand.
    »Igitt«, sagte ein Mädchen aus der ersten Reihe.
    Lächelnd deutete Maggie mit ihrem Stock auf einen ausgestopften Affen, der an die Wand gelehnt war. Sein Mund war weit aufgerissen, die Zähne gefletscht. »Ein Schirmständer«, erklärte sie und ließ ihren Stock in seine zottigen Arme fallen. »Lilly hatte ein Faible für Affen.« Sie schnappte sich den Stock wieder und schlug damit auf den Kopf des Affen, wobei sie eine Staubwolke aufwirbelte.
    »Der erste Angriff fand im Salon statt«, sagte sie. »Bitte hier entlang.«
    Gorman rempelte Tyler an. »Verzeihung, meine Liebe«, sagte er und bahnte sich einen Weg durch die kleine Gruppe nach vorn. Er erreichte die Tür vor den anderen und folgte Maggie hindurch.
    »Ein echter Draufgänger«, murmelte Abe.
    »Was für ein Ekel«, sagte Tyler.
    Sie betraten den Salon, und die Gruppe verteilte sich vor einer Absperrung, wie man sie normalerweise in Theatern oder Opernhäusern vorfand. Der Raum dahinter wurde von geschlossenen roten Vorhängen verdeckt. Maggie stand neben der Wand hinter der Absperrung und strich über eine Falte im seidenen Vorhangstoff. »Wir haben diesen Vorhang gerade erst angebracht. Sieht sehr edel aus, finden Sie nicht?« Sie packte eine Kordel.
    »Ethel Hughes, Lillys Schwester, befand sich am zweiten August 1903 in diesem Raum. Sie war zu Lillys Hochzeit angereist, die in der nächsten Woche hätte stattfinden sollen, wenn nicht diese furchtbare Tragödie geschehen wäre. Die Bestie drang dort ein.« Sie deutete mit dem Kinn auf eine Tür hinter Tyler. »Und überraschte die völlig nichtsahnende Ethel.«
    Sie riss an der Kordel, und die Vorhänge öffneten sich. Tyler hörte verhaltenes Keuchen. Ein Mädchen, das vor ihr stand, schreckte zurück und trat ihr auf die Zehen. Eine rothaarige Frau wandte das Gesicht ab. Ein Junge in einem Cowboykostüm beugte sich über die Absperrung, um besser sehen zu können. Gorman hob die Kamera und Maggie drohte ihm mit ihrem Stock. »Keine Fotos«, warnte sie ihn. »Jeder, der eine Erinnerung an die Tour haben will, kann eine illustrierte Broschüre für nur sechs fünfundneunzig im Souvenirladen erwerben.« Gorman ließ genervt die Kamera sinken.
    »Die wurde ja ordentlich in die Mangel genommen«, flüsterte ein Mann neben Tyler.
    Widerstrebend warf sie einen Blick auf die Wachsfigur von Ethel Hughes, die ausgestreckt auf dem Boden lag. Ein Bein ruhte auf einem Couchkissen. Die weit aufgerissenen Augen starrten zur Decke, und das Gesicht war vor Entsetzen und Schmerz verzerrt. Das zerrissene, inzwischen vergilbte Nachthemd war mit rostfarbenen Flecken übersät. Die Fetzen bedeckten kaum mehr als die Brüste und den Schambereich. Die bloße Haut war vom Hals bis zu den Oberschenkeln mit klaffenden Wunden übersät und der ganze Körper in ein helles Rot getaucht.
    »Die Bestie sprang über die Couch und überraschte Ethel Hughes, die

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