Der Keller
von einem Fenster am Ende des Flurs erleuchtet.
»Die Bestie fand diese Tür unverschlossen vor«, sagte Maggie.
Sie betrat einen Raum zur Linken, und die Gruppe folgte ihr. Tyler gab acht, nicht hinter dem Mädchen zu stehen, das ihr auf die Zehen getreten war. »Hier schliefen die Kinder, obwohl ich annehme, dass sie bereits wach waren, als die Bestie eindrang - vielleicht versteckten sie sich unter ihren Bettdecken, starr vor Angst. Earl war zehn Jahre alt und sein Bruder Sam erst acht.«
Die Vorhänge glitten zur Seite.
Die beiden Wachspuppen lagen bäuchlings zwischen den Messingbetten. Ihre Schlafanzüge waren in Fetzen gerissen - genau wie ihre Haut. Tyler wandte sich ab. Ein Schaukelpferd mit abgeblättertem Lack stand neben einem Waschtisch. In einer Ecke stand eine indianische Trommel. Dahinter lehnte ein Baseballschläger an der Wand. Plötzlich erschienen Tyler die beiden Jungen ausnehmend real. Sie stellte sich vor, wie sie miteinander spielten, lachten und sich gegenseitig durch das Haus jagten. Sie biss sich auf die
Oberlippe und starrte auf das Fenster. Auf Maggies Stimme achte-te sie gar nicht mehr. Sie bemerkte einen verwitterten Pavillon auf dem Rasen hinter dem Haus. Auf der anderen Seite des Zauns erstreckten sich sonnendurchflutete, goldbraune Hügel mit einigen Flecken grünen Buschwerks, Felseninseln und kleinen Wäldchen. Es sah alles so friedlich aus. Eine Möwe glitt herab, ließ sich auf dem Zaun zwischen zwei Eisenspitzen nieder und pickte an etwas herum. Offensichtlich hatte sie etwas Fressbares gefunden. Sie wünschte sich, dort im Freien zu sein, anstatt durch dieses Mausoleum stapfen zu müssen. Vielleicht dachte Gorman dasselbe. Sie beobachtete, wie er ebenfalls aus dem Fenster starrte.
Als Maggie fertig war, folgten sie ihr wieder in die Galerie hinaus. Tyler ging mit dem Rücken zur Wand an der Absperrung vorbei, wobei sie die Arme dicht an den Körper presste. Schließlich erreichten sie wieder die Treppe. »Wir wohnten seit genau sechzehn Tagen in diesem Haus, als die Bestie erneut zuschlug. Mein Mann Joseph hielt sich nicht gerne in den Räumen auf, in denen die Morde passiert waren. Also machten wir es uns so gut es ging in einem der Gästezimmer gemütlich. Meine Töchter Cynthia und Diana teilten seine Bedenken nicht und waren mit dem Schlafzimmer der Jungen, das wir soeben verlassen haben, durchaus zufrieden.«
Sie führte sie in einen Raum zur Rechten, der sich direkt gegenüber Lillys Schlafzimmer befand. Der Großteil davon war abgesperrt, doch rote Vorhänge waren nur in einer Ecke zu erkennen.
Maggie deutete mit dem Stock auf ein Himmelbett. »Am siebten Mai 1931 schliefen Joseph und ich in diesem Bett. Obwohl das schon fast fünfzig Jahre zurückliegt, haben sich diese Vorkommnisse unauslöschlich in mein Gehirn eingebrannt. An diesem Tag regnete es wie aus Eimern. Wir hatten die Fenster geöffnet, und ich lauschte dem Plätschern. Meine Mädchen schliefen tief und fest am anderen Ende des Flurs, und Theodore, mein armes Baby, war sicher in seinem Kinderzimmer untergebracht. Ich fühlte mich geborgen, alles war friedlich, und so schlief ich ein.
Lange nach Mitternacht weckte mich das Geräusch von zersplitterndem Glas. Joseph stand auf und ging auf Zehenspitzen hier hinüber.« Sie humpelte zu einem Sekretär, öffnete eine Schublade und zog eine Pistole daraus hervor. »Das hier ist eine ,45er Colt Automatik, wie sie auch die Armee damals verwendete.«
»Cool«, sagte der Junge im Cowboykostüm.
»Joseph lud eine Kugel in den Lauf. Bis heute kann ich das Klicken hören.« Sie klemmte sich den Stock unter einen Arm und ließ den Schlitten der Waffe mit einem metallischen Klick-Klack vor-und zurückschnellen.
»Ich hoffe, die ist nicht geladen«, sagte der Vater des Mädchens.
»Und selbst wenn«, sagte Maggie. »Wir haben letztes Jahr den Lauf mit Blei ausgießen lassen.« Sie zielte auf den Boden und betätigte den Abzug. Es klickte. Dann legte sie die Waffe in die Schublade zurück.
»Joseph nahm die Pistole mit sich«, fuhr sie fort, »und verließ den Raum. Ich wartete, bis ich hörte, wie er die Stufen hinunterging, dann schlich ich mich auf die Galerie. Ich musste doch nach meinen Kindern sehen.«
Ohne dem Vorhang weitere Beachtung zu schenken, ging sie wieder um die Absperrung herum und führte die Gruppe erneut in den Korridor. »Ich war genau hier, als ich die Schüsse hörte, gefolgt von Josephs markerschütterndem Schrei und den Geräuschen
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