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Der Keller

Der Keller

Titel: Der Keller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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nickte.
    »Abgesehen davon kann es manchmal ein bisschen langweilig werden. Die Gäste konzentrieren sich üblicherweise auf die Audioführung, also werden sie dir keine Löcher in den Bauch fragen. Nur ganz selten wollen sie etwas von dir wissen.«
    »Wie ›Wo sind die Toiletten, bitte?‹, zum Beispiel?«
    »Das ist die Frage, die sie dir am häufigsten stellen werden. Weißt du noch, wo sie sind?«
    »Hinter dem Haus gleich neben der Snackbar. Sie können sie gar nicht verfehlen.« »Sehr gut!«
    »Mann, ich bin doch keine Amöbe!«
    »Aber eine Giraffe vielleicht…«
    »Hey, hey. Zum Glück habe ich keine Komplexe wegen meiner Größe.«
    »Klar, du bist ja richtig froh drum.«
    »So kann ich wenigstens Winzlinge wie dich in die Schranken verweisen.«
    »Vergiss nicht, ich bin hier der Chef. Außerdem solltest du ja wohl keine Schwierigkeiten haben, ein paar Fragen zu beantworten. Du bist ja schließlich ein großes Mädchen. Und warst auf dem College.«
    »Stimmt.«
    »Und du hast beide Bücher gelesen …«
    »Sie sogar studiert.«
    »Also kennst du dich mit der Bestie ja aus. Wenn du mal keine Antwort weißt, dann schick die Leute zu mir. Ich bin die führende Expertin auf diesem Gebiet. Wenn ich es nicht weiß, weiß es niemand.« Sie grinste.
    »Und noch dazu so bescheiden.«
    »Eine weitere meiner zahlreichen guten Eigenschaften. Hast du noch Fragen?«
    »Über deine guten Eigenschaften oder …«
    »Nein, über die Arbeit.«
    »Tja, im Lauf der Zeit werden mir sicher noch viele einfallen, aber im Moment…«
    »Eins noch, bevor ich es vergesse. Unsere offizielle Position, was den Schniedel der Bestie angeht, ist: kein Kommentar.«
    »Danach fragen die Leute auch?«
    »Ständig.«
    »Na toll.«
    »Manche sind wirklich neugierig und glauben, dass wir Insider auf diesem Gebiet wären. Andere wollen einfach nur sehen, wie du rot wirst. Viele Männer halten es für einen echten Brüller.« »Und ich soll es weder bestätigen noch leugnen?«
    »Genau. Schlag ihnen vor, die Mitternachtsführung mitzumachen oder die Bücher zu lesen.«
    »Ich soll also für die Mitternachtsführung werben?«
    »Ja! Bitte! Bei jeder sich bietenden Gelegenheit!«
    »Taugt sie denn auch was?«
    »›Taugt sie denn auch was? ‹ Sie ist spitze! Ich bin spitze! Ich erzähle alles. Außerdem hat man das Horrorhaus erst richtig gesehen, wenn man nachts hier war.«
    »Ich kann’s kaum erwarten.«
    »Es wird dir gefallen.«
    »Das bezweifle ich nicht.«
    Tuck lachte. »Fertig?«
    »Fertig wofür?«
    »Für das.« Sie stieß sich mit dem Hintern von der Tür ab und ging durch die Eingangshalle in den Salon. »Als Erstes mache ich immer einen kurzen Rundgang, bevor wir öffnen … nur um sicherzugehen, dass alles seine Ordnung hat. Wir wollen ja keine unliebsamen Überraschungen.«
    Dana folgte ihr.
    »Schönen guten Morgen, Ethel«, begrüßte Tuck eine auf dem Boden liegende Gestalt. »Ich hoffe, du hast gut… Oha. Was zum Teufel?«
    »Oh Mann«, murmelte Dana.
    »Siehst du, was ich meine?«, sagte Tuck. Sie klang nicht besonders aufgeregt. »Eine Überraschung.«
    Die Wachsfigur von Ethel Hughes lag hinter einer als Absperrung dienenden Kordel. Ein nacktes Bein lag auf dem Polster einer Couch. Ihre Augen waren weit aufgerissen und ihr Gesicht schmerzverzerrt. Das weiße Nachthemd war mit hellrotem Blut getränkt und zerrissen. Darunter war die blutige, zerfetzte Haut von Armen, Bauch und Beinen zu sehen.
    Und ihre Brüste.
    Und ihr Schambereich.
    Noch gestern war alles von Ethels blutigem Nachthemd verdeckt gewesen.
    »Was ist da nur passiert?«, fragte Tuck mit leiser Stimme. Sie warf einen Blick über die Schulter.
    Dana folgte ihren Augen, konnte jedoch nur die leere Eingangshalle erkennen.
    Sie blieb dicht bei Tuck, als diese sich dem Körper näherte. Wenige Meter vor der Absperrung blieben sie stehen.
    »Irgendjemand wollte wohl sehen, wie sie drunter aussieht«, sagte Tuck.
    »Wirkt ziemlich lebensecht«
    Tuck runzelte die Stirn und nickte. »Maggie war in dieser Hinsicht eine echte Perfektionistin. Einfache Schaufensterpuppen waren nicht gut genug für sie. Sobald sie es sich leisten konnte, gab sie richtige Wachsfiguren in Auftrag, die bis ins letzte Detail authentisch sein sollten.«
    »Und wie es aussieht, sind sie das auch.«
    »Weißt du, weshalb sie so auf der korrekten Anatomie bestanden hat?«
    »Keine Ahnung.«
    »Weil sie nicht alle Tassen im Schrank hatte.« Lachend stieg Tuck über die Absperrung. »Nein, im Ernst.

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