Der Keller
Kopf.
»Dort oben haben sie den armen Gus Goucher aufgeknüpft. Er war erst achtzehn Jahre alt und auf dem Weg nach San Francisco, um mit seinem Bruder in den Sutro Baths zu arbeiten, einer Badeanstalt, die inzwischen nur mehr eine Ruine ist. Am zweiten August des Jahres 1903 machte er hier Halt, um Feuerholz für Lilly Thorn zu schlagen, der damaligen Besitzerin des Hauses. Im Gegenzug bekam er eine warme Mahlzeit, bevor er sich wieder auf den Weg machte. Und genau in dieser Nacht schlug die Bestie zum ersten Mal zu. Nur Lilly überlebte den Angriff. Sie rannte auf die Straße und schrie, als wäre sie dem Leibhaftigen begegnet.
Sofort fanden sich einige beherzte Männer, die das Anwesen vom Keller bis zum Dach durchsuchten, ohne eine lebende Seele zu finden. Alles, worauf sie stießen, waren die zerrissenen, halb gefressenen Leichen von Lillys Schwester und ihrer zwei kleinen Jungen. Die Männer durchstreiften die Wälder und Hügel hinter dem Anwesen und entdeckten dort den selig schlafenden Gus Goucher.
Ein paar Leute erinnerten sich, dass sie ihn an diesem Tag auf dem Gelände der Thorns gesehen hatten - offensichtlich konnte nur er diese Tat begangen haben. Es gab eine Gerichtsverhandlung. Leider ohne Zeugen, da außer Lilly alle tot und sie selbst vor Kummer nicht bei Sinnen war. Obwohl das Urteil schnell gefällt wurde, bildete sich noch in derselben Nacht ein Mob, der Goucher aus dem Gefängnis zerrte, ihn an genau diesen Ort brachte und am Balkonpfosten dort oben aufknüpfte.
Natürlich war Gus Goucher völlig unschuldig. Die Bestie hat es getan. Folgen Sie mir nun bitte ins Haus.«
Die Gruppe betrat die überdachte Veranda.
»Wie Sie sehen, haben wir eine neue Tür anbringen lassen. Auf die Originaltür wurde vor drei Wochen mit einer Schrotflinte geschossen, als einer unserer örtlichen Polizeibeamten versuchte, sich Zugang zum Haus zu verschaffen, obwohl es besser für ihn gewesen wäre, wenn er sich von hier ferngehalten hätte.«
»Eine Frage«, warf der dickliche Teenager ein. »Wie sind die Zieglers eingedrungen?«
»Wie die Diebe in der Nacht. Sie haben ein Fenster auf der Rückseite eingeschlagen.«
»Vielen Dank.« Er warf einen Blick auf die anderen Gäste. Offenbar war er mit seinem wertvollen Wortbeitrag höchst zufrieden.
»Die Behörden«, fuhr Maggie Kutch fort, »haben ein wertvolles, antikes Schloss zerstört. Zum Glück gelang es uns, die ursprünglichen Türangeln und dies hier zu retten.« Sie zeigte mit dem Krückstock auf einen Türklopfer aus Messing. »Er soll an eine Affenpfote erinnern. Lilly Thorn persönlich ließ ihn hier anbringen. Sie hatte ein Faible für Affen.«
Maggie öffnete die Tür, und die Gruppe folgte ihr ins Innere des Hauses. »Würde bitte jemand von Ihnen die Tür schließen? Die Fliegen sind um diese Jahreszeit eine echte Plage.«
Sie hob ihren Krückstock. »Hier ist übrigens noch ein weiterer Affe.«
Donna hörte, wie ihre Tochter aufstöhnte. Man konnte es ihr nicht verdenken. An der Wand stand ein ausgestopfter Affe, der die Arme ausgestreckt hatte, teuflisch grinste und so wirkte, als würde er jeden Moment zubeißen wollen.
»Ein Schirmständer«, erklärte Maggie. Sie ließ ihren Gehstock in die Arme des Affen fallen und nahm ihn wieder auf.
»Jetzt zeige ich Ihnen den Platz, an dem der erste Angriff stattfand. Folgen Sie mir in den Salon.«
Sandy nahm Donnas Hand und blickte ängstlich zu ihr auf, als sie in den Raum links von der Eingangshalle geführt wurden.
»Ich betrat dieses Haus zum ersten Mal im Jahre 1931. Und es sah genauso aus, wie Lilly Thorn es exakt 28 Jahre vorher panisch verlassen hatte. Niemand hatte sich seitdem hierher gewagt. Keiner hatte den Mumm dazu.«
»Aber Sie hatten den Mumm?«, fragte der dicke Dreikäsehoch.
»Und das hat einen einfachen Grund: Mein Mann und ich wurden übers Ohr gehauen. Damals waren wir noch der festen Überzeugung, dass der arme Gus Goucher für die Morde an den Thorns verantwortlich war. Von einer Bestie hat niemand ein Wort gesagt.«
Donna warf dem Mann aus dem Café einen Blick zu. Er stand genau vor ihr neben seinem weißhaarigen Freund. Donna hob die Hand. »Mrs Kutch?«
»Bitte?«
»Weiß man inzwischen mit Sicherheit, dass Gus Goucher unschuldig war?«
»Nun ja, wie unschuldig er war, weiß ich natürlich nicht.«
Einige der Besucher lachten. Der Mann sah sich um. Sie vermied jeden Blickkontakt.
»Wahrscheinlich war er ein Radaubruder, ein Einbrecher und Tunichtgut. Auf
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