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Der Keller

Der Keller

Titel: Der Keller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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jeden Fall ein dummer Mensch. Nichtsdestotrotz wusste jeder in Malcasa Point, der ihn auch nur einmal ansah, dass er die Thorns bestimmt nicht ermordet hatte.«
    »Woher konnten sie da so sicher sein?«
    »Er hatte keine Krallen, Schätzchen.«
    Die Gruppe kicherte. Der dicke Junge hob eine Augenbraue, beäugte Donna kritisch und ging weiter. Nur der Mann aus dem Café starrte sie unbeirrt an. Ihre Blicke trafen sich. Seine Augen schienen sie förmlich zu durchdringen, und Donna spürte, wie sich eine angenehme Wärme zwischen ihren Schenkeln breitmachte. Sie wandte sich ab und versuchte, die Kontrolle über sich zu behalten. Schließlich gelang es ihr, ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Führung zu richten.
    »… durch das Küchenfenster. Wenn Sie bitte um diese spanische Wand herumtreten wollen.«
    Die Gruppe schob sich an einer dreiflügligen Pappwand vorbei, die eine Ecke des Raums abtrennte. Jemand kreischte auf. Mehrere Besucher waren schockiert und holten tief Luft. Andere murmelten vor sich hin oder stöhnten vor Abscheu auf. Donna folgte ihrer Tochter und sah hinter der Ecke des Raumteilers eine ausgestreckte, blutige Hand auf dem Boden liegen. Sandy blieb abrupt stehen. Donna prallte gegen sie und stolperte.
    Die Reaktion der Gruppe brachte Maggie zum Kichern.
    Donna führte Sandy ganz um die spanische Wand herum, hinter der die Gestalt einer Frau auf dem Boden lag. Ein Bein ruhte auf einem staubigen Couchkissen. Die glänzenden Augen waren zum Himmel gerichtet, und ihr Antlitz war von Schmerz und Furcht verzerrt. Sie war nur mit einem dreckigen Leinenkleid bedeckt, das notdürftig ihre Brüste und den Intimbereich bedeckte.
    »Die Bestie riss die spanische Wand in Stücke«, sagte Maggie, »sprang über die Couch und erwischte Ethel Hughes, während diese in der Saturday Evening Post las. Das hier ist genau jene Ausgabe, in der sie zum Zeitpunkt des Angriffs blätterte.« Maggie hob ihren Krückstock und tippte damit gegen die Zeitschrift.
    »Es ist alles genauso, wie es in dieser grässlichen Nacht war.« Sie lächelte zufrieden. »Bis auf den Leichnam natürlich. Diese Kopie wurde von mir in Auftrag gegeben und im Jahre 1936 von Mr Clau-die Dubois angefertigt. Bis hin zu den Bissspuren an ihrem armen Hals ist jedes Detail genauestens reproduziert. Dafür wurden Photographien des Leichnams benutzt.
    Das Nachthemd, das Ethel trägt, ist natürlich authentisch. Die dunklen Flecken stammen von ihrem Blut.«
    »Gab es einen sexuellen Übergriff?«, stammelte der weißhaarige Mann, sichtlich um Fassung bemüht.
    Maggies freundliche Augen verhärteten sich, als sie sich ihm zuwandte. »Nein«, sagte sie.
    »Da habe ich aber etwas anderes gehört«, sagte er.
    »Was Sie gehört haben, Sir, liegt nicht in meiner Verantwortung. Ich weiß nur das, was ich weiß, und das ist mehr, als jede andere Person, sei sie noch am Leben oder bereits verstorben, über die Bestie weiß. Und ich kann Ihnen versichern, dass das Ungeheuer, das in diesem Haus sein Unwesen treibt, niemals irgendjemanden missbraucht hat.«
    »Ich bitte vielmals um Entschuldigung«, sagte der Mann mit kühler Stimme.
    »Sobald die Bestie mit Ethel fertig war, schlug es den Salon kurz und klein. Es hat diese Alabasterbüste von Julius Cäsar umgestoßen, wobei die Nase abbrach.« Besagte Nase ruhte neben der Büste auf dem Kaminsims. »Außerdem warf es ein halbes Dutzend Plastiken ins Kaminfeuer und beschädigte Tische und Stühle. Dieses erlesene Rosenholzpodest beispielsweise wurde durch das Erkerfenster geschleudert. Der Lärm weckte natürlich den Rest des Hausstandes. Lillys Zimmer ist gleich hier drüben.«
    Schweigend führte sie die Gruppe aus der Eingangshalle und über eine breite Treppe in den ersten Stock. Maggie wandte sich nach links und betrat durch einen Seiteneingang eines der Schlafzimmer.
    »Wir befinden uns jetzt genau über der Eingangshalle. Hier schlief Lilly Thorn in der Nacht, in der die Bestie zuschlug.« Eine Wachsfigur in einem spitzenbesetzten Nachthemd saß aufrecht auf einem Stuhl und schien mit Entsetzen über die Messingverzierungen am Ende des Bettes zu blicken. »Der Lärm weckte Lilly auf, und sie schleppte ihren Frisiertisch von hier,« sie deutete mit ihrem Stock auf eine schwere Rosenholzkommode samt Spiegel, »nach hier, um die Tür zu verbarrikadieren. Dann floh sie durch das Fenster. Sie landete auf dem Dach des Erkerfensters und schließlich auf der Straße.
    Zeit meines Lebens frage ich mich, warum sie nicht

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