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Der Keller

Der Keller

Titel: Der Keller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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vernahm die Geräusche eines Kampfes, dann eine Art Husten. Ich war vor Schreck wie erstarrt, als ich Schritte hörte, die sich mir näherten. Mein einziger Gedanke war, mich und meine Kinder in Sicherheit zu bringen, doch das blanke Entsetzen lähmte mich.
    Dann tauchte aus der Finsternis unter mir die Bestie auf. Ich konnte nicht genau erkennen, wie sie aussah - nur so viel: sie ging aufrecht wie ein Mensch. Mit einem Geräusch, von dem ich glaube, dass es ein Kichern war, stürzte sich das Monstrum auf mich. Es warf mich zu Boden und ging mit Zähnen und Klauen auf mich los. Ich versuchte, mich nach Kräften zu wehren, doch ich hatte keine Chance. Ich hatte schon mein letztes Gebet gesprochen, als der kleine Theodore im Kinderzimmer plötzlich zu schreien anfing. Die Bestie ließ von mir ab und stürmte auf das Kinderzimmer zu.
    Obwohl ich verletzt war, rannte ich hinterher. Ich musste doch mein Baby retten.«
    Die Gruppe folgte ihr zum Ende des Korridors. Maggie blieb vor einer verschlossenen Tür stehen.
    »Diese Tür stand offen«, sagte sie und klopfte mit ihrem Stock dagegen. »Und ich sah, wie diese blasse Bestie mein Kind aus der Wiege zerrte und sich darauf stürzte. Da wusste ich, dass es nicht in meiner Macht stand, meinen kleinen Theodore zu retten.
    Während ich alles mit Entsetzen beobachtete, griff jemand nach meinem Nachthemd. Meine Töchter Cynthia und Diana standen tränenüberströmt hinter mir. Leise nahm ich sie an der Hand und führte sie den Korridor hinunter.«
    Wieder führte sie die Gruppe an den durch das Seil verbundenen Stühlen vorbei.
    »Wir waren genau hier, als die Bestie knurrend aus dem Kinderzimmer stürzte. Dies hier war die nächste Tür.« Sie öffnete sie. Dahinter befand sich eine steile, enge Treppe, die vor einer weiteren Tür endete. »Wir rannten hinein und in letzter Sekunde gelang es mir, die Tür vor der Bestie zu schließen. So schnell wie wir konnten, rannten wir die Treppe hinauf, stolperten kreischend durch die Finsternis. Oben angekommen schlug ich auch diese Tür hinter uns zu und schob den Riegel vor. Dann saßen wir in der muffigen, dunklen Dachkammer und warteten ab.
    Wir hörten, wie die Bestie die Treppe hinaufkam. Sie gab zischende Geräusche von sich, die an ein Lachen erinnerten. Und dann wurde die Tür mit einer derartigen Schnelligkeit aufgestoßen, dass wir gar nicht erst reagieren konnten. Das Monstrum fiel über uns her. Innerhalb von Sekunden tötete es Cynthia und Diana. Dann wandte es sich mir zu. Es hielt mich mit seinen Klauen am Boden fest, und ich glaubte, mein letztes Stündlein sei gekommen. Doch es blies mir einfach nur seinen stinkenden Atem ins Gesicht. Schließlich ließ es von mir ab, rannte die Speichertreppe hinunter und verschwand. Seitdem habe ich es nie wieder gesehen. Andere schon.«

    3

    »Warum hat es Sie nicht umgebracht?«, fragte ein Mädchen mit rundem, von Akne überzogenem Gesicht.
    »Das habe ich mich oft gefragt. Ich glaube, ich werde in diesem Leben keine Antwort darauf finden. Vielleicht hat mich die Bestie verschont, damit ich weiterlebte, ›um mein Geschick zu melden‹, wie es schon der sterbende Hamlet von Horatio verlangte. Vielleicht wollte sie auch vermeiden, dass ein weiterer Gus Goucher für seine Taten aufgeknüpft wird.«
    »Mir scheint«, sagte der weißhaarige Mann, »dass Sie dieser Bestie eine gewisse Sympathie entgegenbringen.«
    »Ich will den Dachboden sehen«, sagte der dicke Junge.
    »Der Dachboden ist nicht Teil der Führung. Er ist abgeschlossen - immer.«
    »Dann das Kinderzimmer.«
    »Auch diesen Raum zeige ich nicht.«
    »Gibt’s denn noch mehr Puppen?«
    »Von meinen Verwandten gibt es keine Wachsfiguren. Das erlaube ich nicht.«
    Mit erhobenen Augenbrauen musterte der Junge die Gruppe. Offensichtlich suchte er nach Mitstreitern, die sein Missfallen über die recht eigenwillige Führung der alten Frau teilten. »Und was ist mit diesen beiden Typen? Mit denen sind Sie ja wohl nicht verwandt.«
    »Die beiden Typen, von denen der junge Mann spricht, sind Tom Bagley und Larry Maywood.« Maggie schloss die Tür zur Speichertreppe und führte die Gruppe wieder zu ihrem Schlafzimmer zurück. »Tom und Larry waren zwölf Jahre alt. Ich kannte die beiden gut. Sie hatten die Führung des Öfteren mitgemacht und wussten wahrscheinlich mehr über das Horrorhaus als irgendjemand sonst.
    Gott allein weiß, was sie geritten hatte, nachts hierherzukommen. Sie waren keine Dummköpfe wie diese Zieglers. Sie

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