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Der Keller

Der Keller

Titel: Der Keller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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Aber ich kann mich erinnern, dass ich sie anflehte, die Führung am nächsten Tag noch mal mitzumachen. Dad war dagegen, aber meine Mutter wollte ebenfalls noch mal einen Blick auf das Horrorhaus werfen. Also sind Dad und mein Bruder zum Strand oder so gefahren, und wir haben die Führung noch mal mitgemacht. Ich kann mich nicht an allzu viel erinnern, aber es war einer der schönsten Tage meines Lebens. Danach wollte ich immer hierher zurückkehren.«
    »Und das bist du ja auch.«
    »Genau. Sobald ich achtzehn war, hieß es: Adios Santa Monica, sei gegrüßt, Malcasa Point.«
    »Und seitdem arbeitest du hier in der Snackbar?«
    »Angefangen habe ich als Aufseher.«
    »Du hast also Karriere gemacht?«
    Er lächelte. »So könnte man es sagen.« Er sah auf die Uhr. »Oha. Die Pause ist vorbei.« Er trank seine Cola aus und stand auf. »Dana, hat mich gefreut, mit dir zu plaudern.«
    »Mich auch.«
    »Bis bald mal, okay?«
    »Klar.«
    Nachdem er den Becher in einen Mülleimer geworfen hatte, lächelte er ihr noch ein letztes Mal über die Schulter hinweg zu, bevor er wieder in seiner Imbissbude verschwand. Seine beige Uniform war genauso verwaschen wie Tucks. Seine linke Gesäßtasche war leicht ausgebeult, offenbar trug er dort seinen Geldbeutel. Daneben zeichnete sich seine rechte Hinterbacke unter dem Stoff ab. Seine Beine waren muskulös und gebräunt, seine Socken von strahlendem Weiß und seine braunen Wanderschuhe aus Leder staubig. Viele Ausflüge in die Natur schienen darauf ihre Spuren hinterlassen zu haben.
    Dana biss von ihrem scharfen Bestienwürstchen ab. Es war nicht mehr besonders warm, schmeckte aber trotzdem gut.
    Sehr gut sogar.
    Es war wahrscheinlich der beste Hotdog, den sie je gegessen hatte.
    Hotdogs haben wir nicht.
    Oh Mann.
    Jetzt mal halblang, ermahnte sie sich. Du kennst den Typen überhaupt nicht. Wahrscheinlich hat er ein Rad ab.
    Das musste ja so sein. So ein Kerl lief einem nicht einfach aus heiterem Himmel über den Weg. Er hatte bestimmt eine Macke.
    Aber keinen Ring am Finger.
    Wahrscheinlich hat er eine Freundin.
    Oder er ist schwul.
    Oder er stirbt gerade an einer schrecklichen, unheilbaren Krankheit.
    Oder er ist verrückt.
    Seine Geschichten über das Horrorhaus jedenfalls klangen ein bisschen seltsam.
    Aber das werde ich ihm nicht vorwerfen.
    Lieber würde ich mich auf ihn werfen.
    Sie legte den Hotdog beiseite und machte sich über die Pommes her. Als sie sich erinnerte, wie Warren seine Hand bekleckert hatte, musste sie grinsen.

Kapitel vierzehn
    Sandy - August 1980

    Auf der Fahrt den Pacific Highway entlang schnarchte Lib ununterbrochen. Eric in seinem Körbchen tat es ihr wahrscheinlich gleich. Leider konnte ihn Sandy aufgrund des Fahrtwindes, der durch die zerbrochene Windschutzscheibe blies, nicht hören. Außerdem war das Gebläse der Heizung bis zum Anschlag aufgedreht und der Motor ziemlich laut.
    Ab und an kam ihnen ein Auto entgegen oder überholte sie.
    Beim ersten Wagen wollte Sandy schon rechts ranfahren, doch zu beiden Seiten der Straße hatten sich Leitplanken befunden. Also hatte sie das Lenkrad fest umklammert, die Luft angehalten und war auf die entgegenkommenden Scheinwerfer zugefahren.
    Wenn das jetzt die Polizei ist…
    Ich werde einfach behaupten, dass ein Stein durch die Scheibe gekracht ist. Und nein, Officer, ich bin eigentlich zu jung für einen Führerschein, aber meine Mom ist am Steuer eingeschlafen und hätte beinahe einen Unfall gebaut, und wir hätten doch nicht einfach mitten in der Wildnis anhalten können. Das war uns zu gefährlich. Wir dachten, es wäre nicht so schlimm, wenn ich für ein paar Minuten das Steuer übernehme, damit sich Mom ein bisschen ausruhen kann. Ich weiß, das ist gegen das Gesetz, Officer, und es tut mir auch wahnsinnig leid, aber …
    Aber es war nicht die Polizei gewesen.
    Und irgendwann gewöhnte sie sich an den Gegenverkehr.
    Außerdem hatte sie ja eine Geschichte auf Lager, die unter Umständen funktionieren könnte. Die Cops waren sowieso alle auf dem 101 unterwegs, weil dort mehr Verkehr herrschte. Auf dieser engen, kurvigen Straße hier hatte man außerdem überhaupt keine Chance, gegen die Geschwindigkeitsbegrenzung zu verstoßen.
    Aber früher oder später würde man sie anhalten.
    Und dann hätte ihre Glückssträhne ein Ende.
    Wahrscheinlich würde es noch vor Sonnenaufgang so weit sein, schon allein deshalb, weil der Verkehr stärker werden würde und jeder das Loch in der Windschutzscheibe sehen konnte.

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