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Der Keller

Der Keller

Titel: Der Keller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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diese Kletterpartie auf sich zu nehmen.«
    »Hoffentlich bleibt das auch so. Je eher wir anfangen desto besser.«
    »Ich bin bereit, wenn du bereit bist.«
    Er lachte und machte sich an seiner Ausrüstung zu schaffen.
    Sandy setzte sich auf die Kühlbox und beobachtete ihn. Blaze war sehr eigen, was die Position von Leinwand und Staffelei anging und hätte ihre Hilfe nur als störend empfunden.
    Er entschied sich für eine Stelle, die gerade so außerhalb der Reichweite der Wellen war, und richtete die Leinwand ungefähr im 45-Grad-Winkel zur Wasserlinie aus.
    »Wo soll ich denn dann stehen - im Wasser?«
    Er grinste sie an. »Ganz genau! Das wird ein Meisterwerk. Du schleppst dich durchnässt, völlig erschöpft und halb ertrunken an Land - als wäre dein Schiff eine Meile vor der Küste untergegangen. Ich werde es Die einzige Überlebende nennen.« Er klatschte in die Hände. »Oder wie wär’s mit Die überlebende Seele ? Klingt das zu gekünstelt?«
    »Ein bisschen schon.«
    »Na ja, ich werde mir etwas überlegen. Fangen wir an.«
    Sandy stand auf und fingerte an ihrem Kleid herum. »Soll ich das ausziehen?«
    »Lieber nicht, wenn es dir nichts ausmacht, dass es nass wird.«
    »Wie du willst.«
    »Ich glaube, so ganz sans Garderobe fehlt der erzählerische Aspekt. Man könnte ja denken, dass du nur zum Spaß schwimmen warst - und dann wäre die ganze Tragik verloren. Nein, nein, auf das Kleid können wir nicht verzichten! Nur so begreifen die Leute, dass du einen dramatischen Unfall hattest und nicht freiwillig baden gegangen bist. Vielleicht weil dein Schiff untergegangen ist oder weil du von Bord gesprungen bist, um einem Verrückten zu entfliehen. Aber niemand wird mit Bestimmtheit sagen können, weshalb du im Wasser gelandet bist. Verstehst du?«
    »Verstehe.«
    »Das ist eine gewisse Undefinierbarkeit. Sie gibt Spielraum für Interpretationen und unterscheidet den Künstler vom gewöhnlichen Feld-, Wald- und Wiesenmaler. Wir deuten geheimnisvolle Tiefen an.«
    »Also soll ich das Kleid anbehalten.«
    »Genau.«
    »Und ins Wasser waten.«
    »Du musst völlig durchnässt sein.«
    »Die Haare auch?«
    »Aber sicher!«
    »Dann sind sie aber verfilzt.«
    »Das ist der Preis … schließlich bist du seit Stunden geschwommen, hast darum gekämpft, endlich Land zu erreichen, da muss dein Haar natürlich … Nein! Nein, nein, nein! Dein Haar muss trocken sein. Trocken und vom Wind bewegt und so großartig wie jetzt. Die Menschen werden staunen und sich fragen: Weshalb? Weshalb ist ihr Haar trocken geblieben? Das wird alle vor ein Rätsel stellen.«
    »Ein weiteres Stück Undefinierbarkeit«, sagte Sandy grinsend.
    »Genau! Seht sie an. Um ein Haar wäre sie von den Fluten verschlungen worden, doch ihr Haar ist trocken! Weshalb? Weshalb liegt der Kadaver eines Leoparden auf dem Gipfel des Kilimandscharo?«
    »Hä?«
    »Hemingway.«
    »Muriel?«
    »Banausin.«
    »Vielleicht sollte das Kleid auch trocken bleiben.«
    »Quatsch. Und jetzt steig ins Wasser. Du musst triefnass sein, aber pass auf dein Haar auf.«
    Sie zog ihre Sandalen aus und ging über den warmen, feuchten Sand zum Meer. Eine Welle brach sich am Strand. Das kalte Wasser an ihren Füßen ließ sie zusammenzucken.
    Dann rannte sie los, bis sie bis zu den Oberschenkeln im Wasser stand. Eine weitere Welle durchnässte sie bis zur Hüfte. Dann beugte sie sich vor, bis auch ihre Brüste nass waren. Schließlich schöpfte sie Wasser auf ihre Schultern.
    Sie sah an sich herab. Ihre Schultern und die Ansätze ihrer Brüste glänzten im Sonnenlicht. Das blaue, durchsichtige Kleid klebte an ihrem Körper und fühlte sich nicht mehr besonders angenehm an. Der Stoff bedeckte sie wie die Haut eines anderen.
    Sie wandte sich Blaze zu, der sich bereits hinter die Staffelei gestellt hatte. »Gut so?«, fragte sie.
    »Superb! Einfach toll! Aber sei so nett und komme ein paar Schritte näher. Wir wollen ja nicht, dass das Wasser diese außerordentlich schönen Beine verdeckt.«
    »Soll ich am Strand stehen?«
    »Nein, nein.«
    Als sie ein Stück aus dem Wasser gekommen war, eilte Blaze zu ihr und nahm sie sanft bei den Schultern. »So«, sagte er. »Etwas mehr in diese Richtung. Ja. Genau. Rechtes Bein nach vorn. So. Gewicht auf das Bein. Jetzt dreh dich zu mir herüber. Beug dich vor. Du bist zu Tode erschöpft und kannst dich kaum noch auf den Beinen halten.« Er trat einen Schritt zurück und begutachtete ihre Position.
    »Rechte Hand aufs Knie. Genau. Nein. Jetzt

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