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Der Keller

Der Keller

Titel: Der Keller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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sein. Sie sprach laut und deutlich auf Japanisch, und Dana konnte einige vertraute Namen wie Lilly Thorn, Ethel Hughes, Horrorhaus und Maggie Kutch aufschnappen.
    Die Japaner trugen keine Wiedergabegeräte mit sich.
    Ist ja auch schöner, alles in der Muttersprache erzählt zu bekommen, dachte Dana.
    Wie lange würden sie für das Erdgeschoss brauchen? Fünf Minuten?
    Dana warf einen Blick in alle Räume im Obergeschoss. Sie zählte achtundzwanzig Besucher.
    Jetzt wird’s richtig eng werden.
    Soll ich sie vorwarnen?
    Was würde das denn bringen?, fragte sie sich. Sollen sie später noch mal kommen?
    Die meisten Gäste schlenderten gedankenverloren durch die Zimmer.
    Vielleicht bemerken sie die Japaner gar nicht.
    Dana kehrte wieder zur Treppe zurück.
    »Ist ja mächtig was los da unten«, sagte ein Mann.
    Er war in etwa so alt wie Danas Vater und hatte ein nettes Lä-
    cheln. »Die werden gleich alle hier heraufkommen, Herbie«, sagte eine Frau hinter ihm.
    »Da haben Sie leider Recht«, sagte Dana. »Vielleicht wollen Sie ja einen Augenblick draußen warten. Die Snackbar ist sehr zu …«
    »Lieber nicht. Diese Treppe schaffe ich beim besten Willen nicht noch mal«, sagte die Frau. »Wir müssen eben etwas geduldig …«
    »Lance?«
    »… sein.«
    »Lance!«
    Dana wirbelte herum.
    »Lance! Wo steckst du, Lance?«
    Mitten auf der Galerie stand eine Frau mit besorgtem Gesichtsausdruck. Der Kopfhörer hing um ihren Hals.
    Ob ihr Kind ausgebüchst ist?, fragte sich Dana.
    Sie wirkte viel zu jung, um ein Kind zu haben, das ihr davonlaufen konnte.
    Sie hob die Hände und sah sich um. »Lance!«, rief sie. »Wo bist du? Komm sofort her!«
    Dana eilte zu ihr.
    Alle Augen waren auf die Frau gerichtet.
    Manche Besucher nahmen die Kopfhörer ab.
    »Was ist passiert?«, fragte Dana die Frau.
    »Mein Junge ist weg. Er war gerade noch hier, und plötzlich … er ist einfach verschwunden\«
    Dana zog das Walkie-Talkie aus dem Gürtel. »Tuck«, sagte sie. »Hier wird ein Junge vermisst. Over.«
    »Beschreib mir den Kleinen.«
    »Wie alt ist er?«, fragte Dana die Frau.
    »Neun.«
    »Haarfarbe?«
    »Blond.«
    »Er ist neun Jahre alt«, gab sie an Tuck weiter. »Blond.«
    »Wie lange ist er schon … na toll. Ich muss mich um die …«
    Das Walkie-Talkie verstummte, doch Dana konnte Tuck trotzdem hören. »Moment!«, rief sie. »Yoshi! Sag ihnen, sie sollen sich von der Treppe fernhalten. Es gibt ein Problem.«
    Mit lauter, klarer Stimme gab die japanische Reiseleiterin die Anweisungen an die Gruppe weiter.
    Dana wandte sich wieder Lances Mutter zu. »Wie lange ist er schon weg?«
    »Eine Minute, vielleicht zwei«, sagte sie mit tränenerstickter Stimme.
    »Bist du noch dran, Tuck?«
    »Ja. Hier unten ist alles unter Kontrolle. Im Moment jedenfalls.«
    »Das Kind ist erst seit ein paar Minuten verschwunden.«
    »Es muss noch oben sein. Sieh dich um und sag mir dann Bescheid.«
    »Alles klar. Weit kann er nicht sein«, sagte sie zu der Mutter. »Keine Angst, wir finden ihn schon. Wo waren Sie, als Sie bemerkt haben, dass…«
    »Vermisst jemand ein Kind?«
    »Hier«, rief Dana.
    Ein Mädchen mit kurzen Haaren und Latzhose trat vor. Dana schätzte sie auf etwa zehn. »So ein kleiner Scheißer mit blonden Haaren?«
    Die Mutter schnaubte. »Er ist kein kleiner Scheißer.«
    »Ansichtssache«, sagte das Mädchen. »Er ist unter der Absperrung durch und auf den Dachboden gerannt.«
    »Wann?«, fragte Dana.
    »Na, kurz bevor die Lady hier ihren Anfall bekommen hat.«
    »War jemand bei ihm?«
    »Nein. Er war ganz allein. Sie hätten mal sein Gesicht sehen sollen. Er hält sich wohl für clever, ist er aber nicht. Ich find’s jedenfalls nicht clever, wenn man sich nicht an die Regeln hält.«
    Dana grinste das Mädchen an. »Ich auch nicht. Vielen Dank für deine Hilfe.« »Kein Problem.«
    »Wie heißt du?«
    »Janey.«
    »Bleib mal einen Moment hier, Janey.« Dana ging auf den Dachboden zu. Während sie sich ihren Weg durch die Besucher bahnte, sprach sie wieder ins Walkie-Talkie. »Tuck? Ich hab ein Mädchen hier, das ihn gesehen hat. Sieht so aus, als wäre Lance auf dem Dachboden. Ich bin bereits auf dem Weg dorthin.«
    »Ist er allein da oben?«
    »Denke schon.«
    »Okay. Halte die Sprechtaste gedrückt, damit ich mithören kann, was da vor sich geht.«
    »Alles klar.«
    Dana sah die dunkle Treppe hinauf. Die Tür an ihrem Ende wirkte wie ein schwarzer Granitbrocken.
    »Lance, bitte komm wieder runter«, rief sie, während sie die

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