Der Keller
hatte, würde niemand laut aussprechen. Die Bestien waren so etwas wie UFOs. Nur Betrunkene, Kinder und Idioten glaubten daran.
Und ich, dachte Sandy. Ich auch.
Sie öffnete die Tür und trat auf die Veranda. Ohne sich nach möglichen Zeugen umzusehen hob sie eine Hand zum Gruß.
»Tschüs, Terry«, sagte sie mit fröhlicher Stimme. »Und danke noch mal. Hat wirklich Spaß gemacht.«
Plötzlich hatte sie den Drang, einfach loszuschreien.
Stattdessen lächelte sie weiter. »Klar. Sicher. Morgen passt mir ausgezeichnet. Bis dann.«
Dann zog sie die Tür zu und ging immer noch lächelnd zu ihrem Lieferwagen.
Sie erspähte hier und da einige Nachbarn, jedoch niemanden in ihrer Nähe. Zumindest schien sie nicht beobachtet zu werden.
Statt in den Wagen zu steigen, ging sie zum Heck und warf einen Blick auf die Ladefläche.
Ihr Strandtuch war über etwas ausgebreitet, das grob der Gestalt eines Mannes ähnelte.
Von Eric selbst war nichts zu sehen.
Doch den Umrissen nach zu schließen hatte er sich unter der Decke zusammengerollt.
Um dich kümmere ich mich, sobald wir zu Hause sind, dachte Sandy.
Ohne ihn anzusprechen stieg sie ein und fuhr los.
Während der langen Fahrt nach Hause ließ sie alles noch einmal Revue passieren.
Sie hatte sich noch niemals so schrecklich gefühlt.
Nie.
Zerrissen von Schuldgefühlen, Scham und dem Verlust.
Ich hab nicht nur Terry verloren, sondern auch Eric. Er ist nicht mehr mein Sohn. Nicht nach dem, was soeben geschehen ist.
Wie konnte er Terry das nur antun?
Wie konnte er MIR das nur antun?
Mein Gott! Hoffentlich werde ich nicht schwanger.
Ist alles schon passiert…
Sie stöhnte verzweifelt auf.
Da sterbe ich lieber, als …
Zu ihrer Rechten befand sich ein steiler Abhang, der nur stellenweise mit Leitplanken gesichert war.
Nur ein dünner Schotterstreifen und etwas Gebüsch trennte sie von dem Abgrund.
Ein kurzer Ruck am Lenkrad und alles wäre vorbei.
Ein langer Sturz.
Eine harte Landung auf den Klippen.
Das Ende für sie und Eric und das Baby, das vielleicht bald in ihr wachsen würde.
Erics Bruder. Erics Sohn.
Ein Monster.
Ein blutrünstiges Ungeheuer.
Ich habe schon genug angerichtet, dachte sie. Und die Bestien haben ebenfalls weiß Gott genug Unheil gebracht.
Ich bringe mich, Eric und seinen möglichen Nachkommen um, und das war’s.
Keine Bestien mehr.
Es könnte alles in wenigen Augenblicken vorbei sein.
Wahrend sie auf eine Lücke zwischen den Leitplanken wartete, spürte sie etwas Nasses zwischen ihren Beinen. Blut oder Sperma, dachte sie.
Was es auch war, es tropfte langsam aus ihr heraus.
Terrys Samen?
Vielleicht werde ich ja von ihm schwanger, dachte sie.
Die Chancen stehen fünfzig zu fünfzig.
Sie umklammerte das Lenkrad.
Genau wie bei Mom, dachte sie.
Ihre Mutter hatte ihre ganze Schwangerschaft über nicht gewusst, ob sie das Kind ihres toten Mannes oder das eines Ungeheuers unter dem Herzen trug.
Wahrscheinlich werde ich überhaupt nicht schwanger, dachte Sandy.
Aber wenn doch, bin ich in exakt derselben Situation wie Mom.
Ein unheimlicher Zufall.
Aber trotzdem ein Zufall, dachte sie.
Auch wenn es sich nicht wie ein Zufall anfühlte, sondern eher wie ein unausweichliches Schicksal. Als wäre sie Opfer einer Verkettung von Ereignissen, die schon lange zuvor von unbekannten Mächten geplant worden waren.
Es ist meine Bestimmung, dachte sie.
Die Wiederholung all dessen, was Mom durchmachen musste.
Vielleicht war irgendetwas bei ihr schiefgelaufen, und jetzt versuchte jemand, die Sache wieder geradezubiegen.
»Lächerlich«, murmelte sie.
Dieser jemand treibt auf jeden Fall ein böses Spiel mit mir.
»Aber da spiele ich nicht mit«, sagte sie.
Doch noch während sie diese Worte aussprach, wusste sie, dass sie keine andere Wahl hatte. Ihr Leben wurde von Gott oder dem Schicksal oder sonst einem Witzbold manipuliert. Es war ein Spiel, über das sie nicht die Kontrolle hatte. Sie konnte nichts dagegen tun.
Ist es mir bestimmt, von der Klippe zu stürzen?, fragte sie sich.
Woher soll ich das wissen?
»Wen zum Teufel interessiert das überhaupt?«, fragte sie laut. »Ich mache, was ich will.«
Was genau das ist, was SIE wollen.
Wirklich?
Was will ich denn überhaupt?
Erst mal lange genug am Leben bleiben, um herauszufinden, ob ich schwanger bin oder nicht. Und ob es Terrys Kind ist.
Also werde ich mich heute nicht umbringen, dachte sie. Und was mache ich mit Eric?
Ich erschieße ihn.
Auf dem Feldweg wurde Sandy in
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