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Der Keller

Der Keller

Titel: Der Keller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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nicht.«
    »Ach ja? Lass sehen.«
    »Lass mich in Frieden.«
    »Steh auf.«
    »Ich stehe höchstens auf, um dir eins in die Fresse zu geben.«
    »Oooooh. Ich zittere.«
    Owen sprang auf.
    John deutete auf seine Hose. »Siehst du? Was hab ich dir gesagt?«
    »Und was hab ich dir gesagt?«, fragte Owen und schlug ihm ins Gesicht. John quietschte erschrocken auf, als sein Kopf zur Seite geschleudert wurde. Speichel spritzte aus seinem Mund. Seine Brille flog in hohem Bogen gegen die Wand und landete auf der Kommode.
    Abwehrend streckte er einen Arm aus.
    Mit der anderen Hand stieß er sich von der Kommode ab.
    Owen vergrub seine Faust in seinem großen, schwabbeligen Bauch.
    John kreischte und krümmte sich zusammen, doch Owen schubste ihn zurück, schlug ihm mit der Linken gegen die Brust und mit der Rechten noch einmal in den Bauch. John wimmerte bei jedem Schlag.
    Dann ging er zu Boden und rappelte sich keuchend und schluchzend wieder auf. Er humpelte zum Bett hinüber, ließ sich bäuchlings darauf fallen und vergrub sein Gesicht im Kissen.
    »Ich hab dich gewarnt«, sagte Owen mit einem mulmigen Gefühl im Bauch.
    John heulte herzzerreißend.
    »Du hättest das nicht sagen sollen.«
    »Du hättest mich … nicht … schlagen dürfen«, sagte John, die Stimme durch das Kissen gedämpft.
    Owen hatte in seinem ganzen Leben noch nie jemanden …geschlagen.
    Er dachte, es wäre ein tolles Gefühl, einem fetten, widerwärtigen Ekelpaket wie John die Scheiße aus dem Leib zu prügeln.
    Wenn er sich nur gewehrt hätte, dann vielleicht.
    Es war, als hätte er einer Katze einen Tritt verpasst.
    Seine Kehle schnürte sich zu, seine Eingeweide verkrampften sich. Er fühlte sich, als ob er sich jeden Augenblick übergeben müsste oder ebenfalls losheulen würde.
    »Alles klar?«, fragte er mit heiserer Piepsstimme.
    »Nein. Du hast mir wehgetan.«
    »Tut mir leid.«
    »Ich wollte doch nur … dein Freund sein.«
    »Tut mir wirklich leid.«
    John rollte sich schluchzend auf die Seite. Ohne seine Brille sah er irgendwie anders aus. Verwundbarer. Er hielt sich den Bauch.
    »Ich hol dir deine Brille«, sagte Owen.
    John schniefte.
    Owen ging zur Kommode hinüber und fand Johns Brille auf einem Plastiktablett neben dem Eiskübel. Als er sie aufhob, fiel das rechte Glas heraus, prallte gegen die Kante der Kommode und zersprang in drei Stücke.
    »Scheiße«, murmelte Owen.
    »Was?«
    »Sie ist zerbrochen.«
    John seufzte laut auf und schluchzte wieder. »Lass mal sehen«, sagte er schließlich.
    Owen hob die Glassplitter auf. »Tut mir leid«, sagte er. »Ich wollte deine Brille nicht kaputtmachen.«
    John setzte sich auf und streckte beide Hände aus. Owen ließ die Überreste der Brille in seine Handflächen fallen. »Du bist ja ein toller Freund«, sagte er. Owen setzte sich auf das andere Bett. »Wie geht’s dir?« John schüttelte nur den Kopf. »Brauchst du einen Arzt?«
    »Woher soll ich das wissen? Ich wurde noch nie zusammengeschlagen.«
    »Das überrascht mich.«
    »Ha, ha«, entgegnete John.
    »Willst du mich auch schlagen?«
    »Nein. Weshalb sollte ich dich schlagen wollen?«
    »Weil ich dich geschlagen hab.«
    »Davon wird es auch nicht besser.«
    »Los. Verpass mir eine.«
    »Nein, danke.«
    »Los doch!«
    »Ich bin kein Schlägertyp. Eher ein feuriger Liebhaber.« Owen lachte. John lächelte ebenfalls gequält. Seine linke Wange war gerötet und angeschwollen. Owen fühlte sich ziemlich mies.
    »Wir müssen die Brille gleich morgen früh reparieren lassen. Ich brauche ein neues Glas. Und ein Gestell. Das hier ist ja völlig verbogen.«
    Owen besah sich das Gestell. »Das warst du«, sagte John.
    »Ich weiß. Keine Sorge, du kriegst eine schöne, neue Brille.« »Und damit ist die Sache für dich erledigt?«, fragte John. »Nein. Es tut mir leid, dass ich auf dich losgegangen bin.« »Mir tut’s noch viel mehr leid.«
    »Ich weiß. Entschuldige. Wie wär’s mit einem Eis oder so? Würde das deine Laune heben?« »Genau. Ein großes Eis für den fetten kleinen Jungen, und dann ist alles wieder gut.«
    »Ich hätte jetzt selbst Lust auf eines. Neben dem Fotogeschäft war eine Eisdiele.« »Ja.«
    »Sollen wir rüberfahren? Ich geb’ dir eines aus.«
    »Ob sie da auch Waffeln haben?«
    »Bestimmt.«
    »Ich liebe Waffeln.«
    »Finden wir s raus.«
    »Aber nicht mehr schlagen. Versprochen?«, fragte John. »Versprochen.« »Ehrenwort?« »Indianerehrenwort.«
    »Das war nämlich nicht so prickelnd, musst du wissen.«

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