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Der Keller

Der Keller

Titel: Der Keller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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nicht, was mit Warren passiert ist.
    Oder es waren tatsächlich Jugendliche.
    Nicht unwahrscheinlich. Eric hätte Warren vermutlich umgebracht.
    Sandy ging die Holztreppe zum Hintereingang hinauf.
    Wenn sich Warren wirklich mit Eric angelegt hätte, wäre er jetzt tot. So tot wie Terry und die anderen. Eric konnte somit nicht verantwortlich sein für …
    Mich hat er auch nicht umgebracht.
    Das ist etwas anderes, dachte sie. Ich bin seine Mutter - eigentlich ist er ziemlich sanft zu mir gewesen. Ein paar Kratzer hier, ein paar Bisse dort, nichts Ernstes.
    Jeden anderen jedoch reißt er in Stücke.
    Er hätte Warren zu Hackfleisch verarbeitet.
    Die Hintertür war abgesperrt. Sandy klemmte sich die Stablampe zwischen die Beine und zog ein Taschenmesser aus ihrer Hose.
    Sie klappte die etwa zehn Zentimeter lange Klinge aus und ließ sie in den Spalt zwischen Tür und Rahmen gleiten.
    Die Tür war nur mit einem einfachen Schnappschloss gesichert, das sie zwar nicht sehen konnte, aber genau kannte. Seit ihrer Zeit als Angestellte des Horrorhauses hatte sich daran nichts geändert, das wusste sie, da sie das Haus in der Zwischenzeit nicht nur einmal heimlich betreten hatte.
    Nachdem sie 1993 wieder nach Malcasa Point zurückgekehrt war, war sie zwei- oder dreimal pro Woche eingebrochen. Doch das hatte sie schnell wieder aufgegeben und schließlich nur ein-, zweimal im Monat nach dem Rechten gesehen. Ihre Theorie, dass Eric in seine Geburtsstadt und die Heimat seiner Vorfahren zurückkehren würde, schien sich nicht zu bestätigen.
    Doch dann erinnerte sie sich an diese Geschichten von Katzen und Hunden, die über unglaubliche Strecken hinweg wieder nach Hause gefunden hatten.
    Dagegen war die Distanz zwischen ihrer Hütte und Malcasa Point nahezu ein Katzensprung.
    Ein Mensch konnte diese Strecke in weniger als einer Woche bequem zu Fuß zurücklegen.
    Eric wäre vermutlich schneller gewesen.
    Wenn er denn überhaupt hier war. Vielleicht interessierte ihn Malcasa Point überhaupt nicht, oder er konnte nicht kommen, weil er verletzt oder bereits tot war.
    Und wenn ich der Grund bin? Vielleicht ist er schlau genug, um zu wissen, dass ich hier auf ihn warte.
    Tatsache war, dass Sandy während ihrer heimlichen Besuche im Horrorhaus nie auf Eric - oder auf Hinweise seiner Anwesenheit -gestoßen war.
    Ende 1994 war sie zum letzten Mal eingebrochen.
    Bis heute, dachte sie und öffnete das Schnappschloss. Dann klappte sie das Messer zusammen, schob es in die Tasche zurück und öffnete die Tür.
    Sie sah sich um, ohne die Taschenlampe einzuschalten. Tagsüber fungierte dieses Zimmer als Aufenthaltsraum für das Personal. Sie wusste, dass sich ein Sofa, ein Tisch, einige alte Sessel und ein kleiner Kühlschrank im Raum befanden. Sie roch abgestandenen Zigarettenrauch.
    Sandy lauschte konzentriert.
    Außer ihrem Herzschlag, dem Schrei einer Eule und einem leisen Rauschen, das entweder die Brandung oder ein vorbeifahrendes Auto sein konnte, war nichts zu hören.
    Niemand hier außer mir.
    Sie ging durch eine weitere Tür in die Küche, wo sie tief Luft holte und versuchte, sich zu beruhigen.
    Jetzt erinnerte sie sich auch, warum sie die Einbrüche aufgegeben hatte.
    Die nervliche Belastung war einfach zu groß gewesen.
    Ihr Herz drohte, aus ihrer Brust zu springen. Schweiß bedeckte ihr Gesicht und ihre Handflächen. Die Taschenlampe fühlte sich glitschig an.
    Hier ist nichts, wovor man Angst haben müsste, versicherte sie sich.
    Ich bin die härteste Braut der ganzen Stadt, schon vergessen?
    Sandy lächelte mit zitternden Lippen.
    Sie hatte keine Angst vor Schmerzen und schon gar nicht vor »der Bestie«. Außerdem brauchte sie eine Entdeckung nicht zu fürchten. Sie war schließlich Polizistin und eine gute Freundin von Lynn Tucker. Wenn sie jemand sehen sollte, konnte sie immer noch behaupten, sie hätte etwas Verdächtiges bemerkt und wolle dem nachgehen. Vielleicht ein Lichtschein in einem der Fenster …
    Davor hatte sie keine Angst. Wovor sie Angst hatte, war, ihren Sohn wiederzusehen.
    Ihr Baby.
    Eric.
    Sie hatte ihn immer geliebt. Schon vor seiner Geburt.
    Und danach noch viel mehr. Sie hätte alles für ihn getan. Sie wäre für ihn gestorben. Sie hatte für ihn getötet, und er für sie.
    Doch er hatte auch Terry ermordet.
    Und er hatte Sandy vergewaltigt, sie geschwängert und dies alles verursacht.
    Sie musste ihn töten. Für das, was er Terry und ihr angetan hatte und für all das, wozu er sie gezwungen hatte. Doch

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