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Der Keller

Der Keller

Titel: Der Keller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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öffnete er den Rucksack und holte sein Fernglas und ein in eine Papiertüte eingewickeltes Sandwich heraus. Donna hatte ihm das Sandwich am Nachmittag zurechtgemacht.
    Nach dem Vorfall mit Larry am Strand waren sie zum Welcome Inn zurückgekehrt. Donna und Sandy hatten sich umgezogen, während Larry sich einen Drink an der Hotelbar genehmigt hatte. Jud war in Begleitung der beiden Frauen in die Stadt gegangen, wo sie in einem Supermarkt eingekauft hatten. Donna hatte dann in ihrem Bungalow die Sandwiches zubereitet. Vier Stück. Als sie ihn fragte, wo er die Nacht verbringen würde, hatte er ihr nur gesagt, dass er am Morgen wieder da sein würde.
    Mit Fernglas und belegtem Brötchen bewaffnet suchte er nach einer geeigneten Beobachtungsposition und fand eine ebene, von einem Felsen geschützte Fläche.
    Er wickelte das Sandwich aus: Sauerteigbrot mit Mayonnaise, Montereykäse und Salami. Während er aß, beobachtete er die Rückseite des Horrorhauses.
    Der Kerl war noch immer dabei, den Rasen zu mähen.
    Jud beobachtete ihn durch sein Bushnell-Fernglas. Der kahle Kopf des Mannes glänzte vor Schweiß. Trotz der Hitze trug er einen Pullover und Arbeitshandschuhe. Immer wieder wischte er sich mit dem Handrücken über die Stirn.
    Der arme Teufel.
    Beim Anblick des schwitzenden Mannes wurde ihm bewusst, wie gemütlich er es hatte. Er spürte die kühle Brise auf seiner Haut, roch den Pinienduft, aß sein Sandwich und dachte an die Frau, die er heute kennen gelernt hatte und die ihm wirklich etwas bedeutete.
    Sobald er fertiggegessen hatte, kletterte er wieder zu seinem Rucksack und dem Gewehr zurück. Das Hemd war noch immer feucht. Er stopfte alles in den Rucksack und kehrte zu seinem Beobachtungspunkt zurück.

    2

    Als der Lieferwagen das Anwesen endlich verließ, war alles ruhig in der Umgebung des Horrorhauses. Jedenfalls soweit Jud sehen konnte. Und er hatte die gesamte Rück- und Südseite des Hauses im Visier.
    Die Vorderseite interessierte ihn nicht. Sowohl im Falle der Thor-nals auch der Kutch-Morde war der Angreifer durch ein Fenster auf der Hinterseite des Hauses eingedrungen. Also musste er aus dem Wald hinter dem Anwesen gekommen sein.
    Wenn heute Nacht jemand einbrach, würde Jud einen Blick auf ihn werfen können.
    Schießen würde er nicht.
    Noch nicht. Er konnte ja nicht einfach jeden umbringen, der nachts in ein Haus einbrach. Vielleicht handelte es sich nur um einen Scherzkeks in einem Affenkostüm. Er musste sichergehen.
    Er spähte weiter durch sein Fernglas, aß noch ein Sandwich und spülte es mit Wasser aus der Feldflasche hinunter.
    Als die Sonne langsam unterging und es kälter wurde, zog er das inzwischen trockene, etwas steife Hemd wieder an und stopfte es in seine Jeans.
    Dann zündete er sich eine Zigarre an und lehnte sich gegen die Felswand hinter ihm. Vorne gaben ihm einige Gesteinsbrocken
    Deckung. Zwar schränkten sie auch seine Sicht ein, aber die gesamte Rückseite des Hauses hatte er so im Blick. Das war besser als die ganze Nacht kauernd oder kriechend verbringen zu müssen.
    Nach einer Stunde setzte er sich auf seinen Parka.
    Er dachte an viele Dinge. Noch einmal ließ er sich alles, was er über die Bestie wusste, durch den Kopf gehen und suchte nach der plausibelsten Antwort auf die Frage ihrer Identität. Die Zeitfrage war entscheidend. Die ersten Morde waren im Jahre 1903 verübt worden, die letzten 1977. Es ließ sich also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausschließen, dass es sich um ein und denselben Täter handelte.
    Mit der Vorstellung von einem unsterblichen, klauenbewehrten Ungeheuer konnte er sich auch nicht anfreunden. Trotz allem, was Larry ihm erzählt hatte. Trotz Maggie Kutchs Geschichten.
    Trotz der Narben auf Larrys Rücken? Diese Verletzungen hätte ihm auch ein Mensch zufügen können. Vielleicht nicht mit den Fingernägeln, aber mit Klauen an künstlichen Tatzen. Ein Mensch, der in einem Kostüm steckte - einem Monsterkostüm.
    Aber wie erklärte man den Zeitraum von fast fünfundsiebzig Jahren, in denen die Bestie immer wieder zugeschlagen hatte?
    Mehrere Menschen in Kostümen.
    Aber wer und weshalb?
    Plötzlich hatte er eine Theorie. Je mehr er darüber nachdachte, desto schlüssiger wurde sie. Während er sich überlegte, wie er an Beweise für diese Theorie gelangen konnte, wurde es dunkel.
    Er kroch bis zum Rand der Felsbank. Das Haus war stockfinster und der Rasen davor eine schwarze Ebene, die an die Oberfläche eines Sees in einer

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