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Der Keller

Der Keller

Titel: Der Keller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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Busbahnhof sah so aus wie immer. Zu seiner Linken hatten sie ein paar alte Gebäude abgerissen und durch ein großes, hölzernes Bauwerk ersetzt. Der Ort veränderte sich doch - wenn auch nur langsam.
    Am Stadtrand angekommen fuhr er auf die Straße, die nach Mount Tamalpais, Muir Woods und Stinson Beach führte. Nach einigen verstreuten Häusern führte die Strecke durch dichten Wald. Manche der engen Kurven konnte er nur im Schritttempo passieren.
    Als er einen Feldweg erreichte, fuhr er hinein und blieb stehen. Er schaltete die Scheinwerfer aus und saß nun völlig im Dunklen. Aus dem roten Rucksack auf der Rückbank holte er eine Taschenlampe. Er schloss die Wagentüren, schulterte den Rucksack und ging eine sanfte Anhöhe hinauf in den Wald hinein.
    Äste strichen gegen seine Hosenbeine. Er stolperte über einen niedrigen Stacheldrahtzaun, der seine Jeans durchlöcherte und sein Schienbein zerkratzte. Er befreite sich und ging weiter.
    Auf der Hügelkuppe angekommen stapfte er durch das dichte Gestrüpp. Er wollte seine Suche schon aufgeben, als er im Schein der Taschenlampe eine Lichtung entdeckte. Grinsend ging er darauf zu.
    Die Lichtung hatte einen Durchmesser von etwa sechs Metern und war flach genug, um seinen Schlafsack darauf auszurollen. Ein Steinkreis umschloss eine alte Feuerstelle. In der Asche fand er ein halbes Dutzend verkohlte Konservendosen. Roy berührte sie. Sie waren kalt.
    Um die Lichtung herum war dunkler, undurchdringlicher Wald.
    Ideal.
    Er zog eine Plastikfolie aus dem Rucksack und breitete sie aus. Dann nahm er Bobs Schlafsack aus seiner blauen Hülle und legte ihn auf die Folie.
    Ich hätte auch noch eine dieser Isomatten mitnehmen sollen, dachte er. Das hatte er glatt vergessen.
    Im Wald suchte er nach Feuerholz, stapelte tote Äste neben der Feuerstelle zu einem großen Haufen auf und warf die Konservendosen in die Büsche.
    Mit Toilettenpapier aus dem Rucksack entzündete er ein Feuer, das knisternd und knackend immer höher schlug. Die Flammen wärmten seine Hände. Ihr Schein flackerte über die Lichtung. Er legte weitere Äste in die Glut.
    »Ein richtig schönes Feuerchen«, murmelte er.
    Drei schöne Feuerchen an einem Tag. Er arbeitete wirklich hart.
    Als er durch den Wald zum Auto zurückging, sah er sich ständig um. Das Feuer war fast bis zum Wagen durch die Äste zu sehen.
    Langsam und vorsichtig kletterte er den Hügel hinunter. Er nahm die McDonald’s-Tüte vom Beifahrersitz, ging zum Kofferraum und öffnete ihn.
    Joni kniff die Augen zusammen, als er ihr mit der Taschenlampe ins Gesicht leuchtete. Sie lag auf der Seite unter einer karierten Decke.
    »Hunger?«, fragte Roy.
    »Nein«, sagte sie schmollend.
    Seit sie Santa Monica verlassen hatten, hatte er stündlich nach ihr gesehen. Sie hatte sich weder gerührt noch etwas gesagt. Genau genommen hatte sie seit gestern Nacht im Badezimmer kein Wort mehr gesprochen.
    »Du bist also doch noch nicht ganz übergeschnappt.« Er zog an der Decke. Joni wollte sie festhalten, war aber zu schwach dazu. Er riss sie ihr aus den Händen.
    Sie rollte sich noch enger zusammen.
    »Komm da raus«, sagte Roy.
    »Nein.«
    »Raus da, oder ich werde dir wehtun.«
    »Nein.«
    Er griff unter ihren Faltenrock und kniff sie in die Hüfte.
    Sie fing an zu weinen.
    »Hab ich’s dir nicht gesagt? Und jetzt komm raus.«
    Auf Händen und Knien kletterte sie über den Rand des Kofferraums und ließ sich zu Boden sinken.
    Roy schloss den Kofferraum und griff nach der Hand des Mädchens. »Wir machen einen Campingausflug«, sagte er und zerrte Joni den Hügel hinauf. Sie stolperte und weinte. Offensichtlich zerkratzten die Äste ihre nackten Beine. »Soll ich dich tragen?«, fragte er.
    »Nein.«
    »Ich kann dich huckepack nehmen, dann tun dir die Füße nicht mehr weh.«
    »Das will ich nicht. Sie sind böse.«
    »Ich bin nicht böse.«
    »Doch. Ich weiß, was Sie getan haben.«
    »Ich hab gar nichts getan.«
    »Sie…«
    »Was?«
    »Sie …« Und plötzlich verfiel sie in ein lautes, schrilles Heulen. »Waaaaaa!« Wie ein Baby.
    »Scheiße«, murmelte Roy.
    Das markerschütternde Geschrei wurde nur durch gelegentliche Schluchzer unterbrochen, und sie machte keinerlei Anstalten, damit aufzuhören. Sie verstummte erst, als ihr Roy mit dem Handrücken ins Gesicht schlug. Jetzt war nur noch leises Schluchzen zu hören.
    »Hinsetzen«, befahl Roy, als sie das Feuer erreicht hatten.
    Joni setzte sich auf den Schlafsack und umklammerte ihre Knie. Mit dem

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