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Der Keller

Der Keller

Titel: Der Keller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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Nachtkästchen zwischen den beiden Betten an.
    »Was soll ich tun?«, fragte Donna.
    »Ich werde mich zwischen den Betten verkriechen, damit er mich nicht sehen kann. Leg dich einfach auf ein Bett. Am besten auf das hier.« Er deutete auf das Bett, das am weitesten von der Tür entfernt war.
    »Okay. Was machen wir, während wir warten?«
    »Du kannst fernsehen, wenn du willst. Egal. Ich werde mal sehen, was Lilly so schreibt.«
    »Das interessiert mich auch. Soll ich es dir vorlesen?«
    »Okay.« Er lächelte. Diese Vorstellung gefiel ihm außerordentlich gut.
    Donna zog die Turnschuhe aus. Ihre Füße in den weißen Socken wirkten sehr zierlich. Sie setzte sich aufs Bett und lehnte den Kopf gegen die Wand. Er legte seine ,45er Automatik neben sich auf den Boden.
    »Fertig?«, fragte Donna.
    »Fertig.«
    »Mein Tagebuch - der wahrhaftige Bericht meines Lebens samt höchst privater Aufzeichnungen«, fing sie an zu lesen.

    2

    »›1. Januar.‹ Ich nehme an, dass es sich um das Jahr 1903 handelt. ›Dieser Neujahrstag war ernsthaftem Nachdenken gewidmet. Ich danke unserem lieben Herrgott im Himmel dafür, dass Er mir zwei so prächtige Knaben geschenkt hat und dass es uns an nichts mangelt. Ich bat Ihn, mir meine Verfehlungen nachzusehen und betete für die Seele meines armen Lyle, der ein so großes und gütiges Herz hatte und nur aus Liebe zu seiner Familie vom rechten Pfade abgekommen ist.«‹
    »Er hat eine Bank überfallen«, sagte Jud. »Trotz seines großen und gütigen Herzens.« »Vielleicht solltest du das überspringen.« »Und gleich zur Sache kommen?« Sie blätterte langsam durch die Seiten. »Ah, hier ist etwas. ›12. Februar: Heute litt ich schlimmste Seelenqualen. Der Herr erinnert uns ständig daran, dass wir in dieser Stadt nicht willkommen sind. Einige Schulkameraden griffen in ihrer Bösartigkeit Earl und Sam auf dem Nachhauseweg an. Die Feiglinge warfen Steine nach meinen Jungen, dann verletzten sie sie mit Faustschlägen und Stöcken. Den Grund für ihre Grausamkeit vermag ich nicht zu nennen. Vielleicht ist die Ursache der schlechte Ruf, den der Vater der Jungen hier genießt.«‹
    Donna blätterte weiter. »Sieht so aus, als wäre sie durch die Stadt gezogen und hätte den Eltern von den Vorfällen berichtet. Die Einheimischen waren höflich, aber reserviert, und kurz darauf wurden ihre Jungs erneut verprügelt. Einen hat es ziemlich schwer am Kopf erwischt, also brachte sie ihn zu einem gewissen Dr. Ross. ›Dr. Ross ist ein freundlicher, herzensguter Mann, der wohl knapp über vierzig Lenze zählt. Offenbar hegt er trotz meiner Verbindung zu Lyle keinen Groll gegen mich oder meine Kinder. Im Gegenteil, er sah uns mit dem wärmsten Blick an, der mir seit vielen Monaten zuteil wurde. Nachdem er mir versichert hatte, dass ich mir keine Sorgen um Earls Wohlergehen machen muss, bat ich ihn zum Tee. Wir verbrachten mehr als eine Stunde bei netter Konversation^«
    Donna blätterte weiter.
    »Anscheinend sieht sie diesen Ross jeden Tag. Sie nennt ihn schon Glen. ›14. April: Glen und ich gingen mit einem Picknickkorb auf einen Hügel hinter dem Haus. Zu meiner freudigen Überraschung zog er eine Flasche feinsten französischen Burgunder aus seinem Medizinkoffer. Wir amüsierten uns königlich, labten uns an Huhn und Wein und genossen die angenehme Gesellschaft des anderen. Je später es wurde, desto höher schlugen die Flammen unserer Leidenschaft. Ich konnte diesen Mann nur mit Mühe im Zaum halten. Obwohl er mich mit einem Überschwang küsste, der mir den Atem raubte, erlaubte ich ihm keine weiteren Freiheiten.«‹
    Donna sah zu Jud hinunter, lächelte und setzte sich neben ihn. »Ich erlaube dir einen Kuss.«
    Er küsste sie zärtlich, und sie presste ihre Lippen gegen seinen Mund. Als er eine Hand auf ihre Brust legte, schob sie sie beiseite.
    »Zurück zu Lilly«, sagte sie.
    Schulter an Schulter saßen sie da, während sie die Seiten überflog. Jud bemerkte die sanften Härchen auf ihrer Wange, die im Schein der Lampe golden glänzten. Das Buch lag aufgeschlagen auf ihren Knien. Fast hätte Jud Lilly Thorn völlig vergessen.
    »Sie verrät keine Details, aber ich glaube, über das Küssen sind die beiden inzwischen weit hinaus. Sie schreibt nur noch über Glen.«
    »Hmmmm.« Jud legte eine Hand auf Donnas Oberschenkel und spürte durch die Kordhose hindurch die Wärme ihrer Haut.
    »Aha! ›2. Mai: Gestern Nacht schlich ich mich, nachdem die Kinder zu Bett gegangen waren, zur

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