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Der Keller

Der Keller

Titel: Der Keller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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und Sam nicht verborgen geblieben. Ich erklärte ihnen gegenüber, nächtens kaum Schlaf finden zu können - was einer gewissen Wahrhaftigkeit nicht entbehrt.
    Anfangs war Glen Ross mein größtes Problem. Meine Mattigkeit gab ihm Anlass zu höchster Besorgnis. Er verlangte, mich auf verschiedene Krankheiten hin zu untersuchen, was ich aber mit einer
    an Unhöflichkeit grenzenden Bestimmtheit verweigerte. Er gab klein bei und verordnete mir ein Schlafmittel.
    Sein nächtliches Verlangen nach amouröser Zuwendung ärgerte und ängstigte mich über die Maßen. Seine Umarmung ließ mich erschaudern. Seine Küsse widerten mich an. Doch ich hätte diese Folter geduldet und ihm gewisse Freiheiten erlaubt, um seine Bedenken zu zerstreuen, wären da nicht die allzu offensichtlichen Spuren Xanadus auf meinem Körper gewesen - die Kratzspuren, die Bisswunden. Unterhalb meines Nackens fand sich wohl kaum ein Zoll meiner Haut, der nicht die Male unserer Leidenschaft trug. In Anwesenheit meiner Kinder und Dr. Ross’ war ich stets mit einer geschlossenen, langärmeligen Bluse und einem langen Rock bekleidet. Die Kratzer auf meinen Händen und in meinem Gesicht erklärte ich mit einer in Rage geratenen Katze, der ich zu nahe gekommen war.
    Vor drei Nächten verlangte Dr. Ross schließlich, die Ursache meiner schroffen Verweigerung ihm gegenüber zu erfahren. Obwohl ich einen Ausbruch dieser Art seit längerem erwartete, war ich doch um eine zufriedenstellende Antwort, die zudem die Wahrheit ausreichend verbergen würde, verlegen. Schließlich offenbarte ich nach theatralischem Zögern mit gespielter tiefer Scham, dass unsere fleischlichen Vergnügungen unsere Seelen in Gefahr bringen würden. Zu meinem großen Erstaunen schlug er vor, auf der Stelle zu heiraten. Ich entgegnete, dass ich niemals mit einem Mann zusammen sein könnte, mit dem ich vorher in Sünde gelebt hatte. Mit höhnischem Gelächter merkte er an, dass ich bereits mein Lager mit einem Banditen und Mörder geteilt hätte. Diese ehrenrührige Beleidigung meines verstorbenen Gatten war Vorwand genug, um Dr. Ross aus dem Haus zu jagen. Ich bezweifle, dass er jemals zurückkehren wird.
    Gestern teilte ich Ethel in einem weiteren Brief mit, dass Dr. Ross seinen Heiratsantrag zurückgezogen und mir dadurch schlimme Herzenspein bereitet hätte. Ich bat sie, sich für zwei Wochen um
    Sam und Earl zu kümmern, da ich einen Kuraufenthalt in San Francisco plante. Nun harre ich gespannt auf ihre Antwort. Wären die Jungen erst einmal in Portland, würde ich meine ermüdende Maskerade fallen lassen können. Xanadu und ich würden in unserem Haus nach Belieben unseren Begierden frönen können.
    28. Juni:‹«, las Donna. »Das ist ja fast einen Monat nach dem letzten Eintrag. ›Am morgigen Tag werden die Kinder in Begleitung Ethels aus Portland zurückkehren. Sie ist der festen Absicht, mich für eine unbestimmte Zeit zu besuchen. So sehr ich ihre Rückkehr auch ersehne, so sehr fürchte ich mich auch davor.
    Fast drei Wochen lang war ich mit Xanadu allein, fetzt werde ich ihn wieder in den Keller verbannen müssen. Ich weiß nicht, ob mein Herz dieser Bürde gewachsen ist.
    1. Juli: Als Ethel und die Kinder schliefen, schlich ich mich in den Keller. Anstatt mich mit einer Umarmung zu begrüßen, funkelte Xanadu mich böse aus einer Ecke an. Er ergriff das rohe Fleisch, das ich ihm brachte, mit seinen Klauen, kroch in sein Loch und verschwand. Obwohl ich bis zur Dämmerung auf ihn wartete, kehrte er nicht zurück.
    2. Juli: Xanadu ließ sich nicht blicken.
    3. Juli: Auch in dieser Nacht blieb er verschwunden.
    4. Juli: Wenn es in seiner Absicht liegt, mich durch seine Abwesenheit zur Verzweiflung zu treiben, so ist ihm dies vollauf gelungen. Ich weiß nicht, was ich tun soll, wenn er nicht zurückkehrt.
    12. Juli: Zehn Nächte sind vergangen, und ich fürchte, dass er nicht in meine Arme zurückkehren wird. Inzwischen ist mir bewusst, wie närrisch es war, ihm Zutritt zum Haus zu gewähren. Jetzt ist er seine Annehmlichkeiten und meine ständige Gegenwart gewohnt. Wie soll ich ihm nur begreiflich machen, dass es um unser beider Leben notwendig ist, dass er sich im Keller verborgen hält? Offenbar fühlt er sich von mir zurückgewiesen.
    14. Juli: Anstatt im Keller Wache zu halten, begab ich mich in der Nacht auf einen Streifzug durch die bewaldeten Hügel hinter dem
    Anwesen. Obwohl von Xanadu keine Spur zu sehen war, werde ich die Suche heute Nacht fortsetzen.
    31. Juli:

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