Der Keller
Geräusche eines Fernsehers hören. Er trat an die Theke und schlug mit der Handfläche auf eine Klingel, während Brian zu dem Regal mit den Informationsbroschüren ging.
»Wenn sie Broschüren über das Horrorhaus haben, nimm ein paar mit.«
Brian nickte, ohne sich umzusehen.
Gorman ließ den Blick über die Kattunvorhänge, die mit Pinienholz verkleideten Wände, den gelben Körper eines ausgestopften Fisches über der Tür und die Couch unter einem der Fenster wandern, deren Tweedbezüge vom Sonnenlicht verblasst
waren. Einige Zeitschriften lagen ordentlich gestapelt auf einem Beistelltisch.
An der gegenüberliegenden Wand hing eine große Karte mit dem Schriftzug MALCASA POINT UND UMGEBUNG - IHR URLAUBSPARADIES. Die Cartoonfiguren darauf gingen verschiedenen Aktivitäten wie Angeln, Sonnenbaden und Schwimmen nach. Auf einem Boot waren ein paar heitere Fischer zu sehen, von denen einer gerade einen Taucher am Haken hatte. In den Luftblasen, die der Taucher ausstieß, befanden sich Ausrufezeichen. An Land wiederum vergnügten sich Camper und Wanderer in bewaldeten Hügeln, ein Fliegenfischer mit Wathosen in einem Fluss und einige Kanufahrer, die auf Stromschnellen ritten. Im Zentrum der Karte war eine äußerst detaillierte Darstellung des Welcome Inn, größer als ganz Malcasa Point darum herum. Gormans Augen folgten der Hauptstraße bis zu einer Zeichnung des Horrorhauses. Auf seinem Dach lauerte eine weiße Gestalt, die in etwa doppelt so groß wie das Haus selbst war. Die Kreatur war weder mit Klauen noch mit Reißzähnen bewaffnet, sondern hatte verdächtige Ähnlichkeit mit Cas-per, dem freundlichen Gespenst. Auf seinen Bauch war das Wort »Buh!« geschrieben.
»Verzeihen Sie, dass Sie warten mussten.«
Gorman wandte sich um und setzte ein Lächeln auf. »Kein Problem«, sagte er.
Sie schloss die Tür zur Wohnung dahinter, warf einen Blick auf Brian und starrte dann Gorman an. »Mr Hardy?«, fragte sie.
»Janice?«
Sie nickte.
Brian konnte zufrieden sein - sie sah wirklich gut aus. Mit Erleichterung stellte Gorman fest, dass sie offensichtlich nicht minderjährig war. Aufgrund ihrer Briefe hatte er vermutet, dass sie - nicht älter als zwanzig sein konnte. Jetzt, da er sie vor sich hatte, schätzte er sie auf etwa achtzehn.
Sie war schlank und sehr attraktiv. Goldene Locken hingen ihr in
die Stirn. Unter dem dünnen Stoff ihres T-Shirts, auf dem WILLKOMMEN IM WELCOME INN stand, zeichnete sich deutlich ihr weißer BH ab.
Ja, Brian konnte wirklich zufrieden sein.
Das Mädchen warf einen Blick über ihre Schulter, als wollte sie sichergehen, dass die Tür zum Wohnraum auch wirklich geschlossen war. Dann sah sie wieder Brian an, der mit ein paar Broschüren in der Hand zurückstarrte.
»Er gehört zu mir«, sagte Gorman.
Brian trat vor, als wäre er gerufen worden.
»Janice, das hier ist Brian Blake - mein Assistent, Fotograf und Chauffeur.«
Brian streckte ihr seine Hand entgegen, die Janice mit verwirrter und misstrauischer Miene schüttelte. Gorman hatte seinen Begleiter in keinem seiner Briefe erwähnt. Ob sie nun befürchtete, den Profit dritteln zu müssen?
»Freut mich, Sie kennen zu lernen, Janice«, sagte Brian mit voller, ernster Stimme, ohne ihre Hand loszulassen. »Sehr sogar.«
Sie errötete und öffnete den Mund, ohne etwas zu sagen. Dann riss sie plötzlich die Augen weit auf. »Bri… der Brian Blake?«, platzte sie heraus. Ihre Überraschung ließ Gorman schmunzeln. Sie sah aus, als hätte sie einen Filmstar vor sich - ehrfürchtig und ein bisschen ängstlich. »Himmel«, murmelte sie.
»Keine Angst«, sagte Brian. »Den Geist habe ich in Wisconsin gelassen.«
»Mann, das glaub ich einfach nicht.«
Brian ließ ihre Hand los, die schlaff auf die Theke fiel. Sie starrte ihn unverwandt an.
»Sie erinnern sich sicher«, sagte Gorman, »dass Mr Blake und ich sehr eng bei Der Schrecken von Black River Falls zusammengearbeitet haben. Nicht nur, dass er diese schreckliche Tragödie hautnah miterlebt hat, er hat auch die Fotografien für den Band beigesteuert. Seitdem ist er mein Assistent und nahezu unersetzlich.«
Janice nickte verdutzt. »Das muss furchtbar für Sie gewesen sein«, sagte sie, ohne die Augen von Brian lassen zu können.
»Da halte ich es mit Nietzsche.«
»Hä?«
»Was mich nicht umbringt, macht mich stärker.«
»Ja. Ja, ganz ihrer Meinung.«
»Außerdem ist das alles schon eine ganze Weile her. Ich werde wohl nie darüber hinwegkommen, aber … ich
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