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Der Keller

Der Keller

Titel: Der Keller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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an einem Miniaturleuchtturm hing, verkündete »Lighthouse Inn - Bar und Restaurant«.
    Tyler sah in den Rückspiegel. Der Mustang war etwa hundert Meter hinter ihnen. Sie blinkte, und einen Augenblick später blinkte auch Abe. Dann bogen sie in den gepflasterten Parkplatz.
    Nora beugte sich vor, drehte den Rückspiegel herum und fing an, sich das Haar zu bürsten. Tyler hielt an, wartete, bis Nora fertig war, und betrachtete sich dann selbst im Spiegel. Ihre Frisur war durcheinandergeraten, sah aber noch einigermaßen akzeptabel aus. Und Blut schien sie auch nicht mehr im Gesicht zu haben.
    Der Mustang hielt neben ihnen. Tyler nahm die Handtasche vom Rücksitz und stieg aus. Eine angenehme Brise wehte vom Ozean herüber, zerzauste ihr Haar und blähte ihre Bluse auf. Da sie darauf verzichtet hatte, den untersten Knopf zu schließen, konnte Abe einen Blick auf ihren nackten Bauch erhaschen. Schnell schloss sie den Knopf, und er sah ihr ins Gesicht. Keine harten Augen, dachte sie. Durchdringend, ja, und auch etwas amüsiert.
    »Hätte nicht gedacht, dass wir noch was finden«, sagte Nora.
    »Ja, da haben wir Glück gehabt.«
    »Verdammte Provinz.«
    Jack ging voraus und öffnete ihnen die schwere Holztür. Sie betraten das dunkle Foyer, und eine blonde Empfangsdame in Rollkragenpullover und Schottenrock näherte sich ihnen mit einem Stapel Speisekarten. Als Abe ihr gesagt hatte, dass sie nur etwas trinken wollten, führte sie sie durch einen fast leeren Speisesaal zu einem
    Fenstertisch. »Ihre Bedienung kommt sofort«, sagte die Frau und verließ sie.
    »Netter Schuppen«, sagte Jack.
    »Haben wir extra für euch ausgesucht«, sagte Nora.
    »Seid ihr öfter hier?«, fragte Abe und hob eine Augenbraue.
    »Immer, wenn wir in der Gegend sind.«
    »Wir sind aus L.A.«, sagte Nora. »Und ihr?«
    »Mal hier, mal da«, sagte Jack.
    »Ihr seid echte Geheimnistuer«, sagte Nora. »Seid ihr Bankräuber oder so?«
    Jack grinste. »Wäre mal eine Idee. Was meinst du dazu, Abe?«
    »Man könnte uns wohl als Landstreicher bezeichnen.«
    »Wanderarbeiter? So wie César Chávez?«
    Jack lachte - es war mehr ein hohes, leises Kichern, das so gar nicht zu seinem muskulösen Körper passen wollte. Dafür umso mehr zu seinem Jungengesicht, wie Tyler fand.
    Die Kellnerin kam. Nora bestellte einen Wodka Martini und Tyler eine Margarita. Abe verlangte ein Dos Equiis, aber da sie kein mexikanisches Bier hatten, entschied er sich für ein Michelob. Jack nahm das Gleiche.
    »Also«, sagte Nora. »Ihr seid also auf der Flucht?«
    Abe schüttelte lächelnd den Kopf. »Eigentlich wurden wir gerade aus dem Marine Corps entlassen.«
    »Oha! Ledernacken.« Sie grinste Tyler an. »Was hab ich dir gesagt? Es sind harte Jungs.«
    »Ihr wurdet gerade entlassen?«
    »Seit Montag sind wir Zivilisten.«
    »Waren aber seit ‘67 dabei«, fügte Jack hinzu.
    »Heiliger Strohsack. Zwölf Jahre?«
    »Uns hat’s gefallen«, sagte Jack.
    »Aber nicht gut genug, um uns noch mal zu verpflichten.«
    Jack rümpfte die Nase und schüttelte den Kopf. »Wenn gerade kein Krieg ist, kann es ziemlich langweilig sein.« »Machst du Witze?«, fragte Nora.
    »Es ist nicht so, dass uns das Kämpfen so großen Spaß gemacht hat«, sagte Abe.
    »Das ist vielleicht deine Meinung«, wandte Jack ein.
    »Trotzdem ist die Armee zu Friedenszeiten eine ziemlich öde Truppe, und nach unserem letzten, weniger glorreichen Krieg werden wir auch so schnell keinen neuen mehr anfangen. Ohne Krieg ist es nicht besonders sinnvoll, ein Soldat zu sein. Also haben wir uns entschlossen, uns mal als Zivilisten zu versuchen.«
    »Und was wollt ihr jetzt tun?«, fragte Tyler.
    »So wenig wie möglich«, sagte Jack grinsend.
    »Im Moment machen wir auf Touristen. Wir haben Camp Pend-leton am Montag verlassen, und seitdem waren wir im Hearst Castle in Sant Simeon, haben uns Monterey und Big Sur angesehen, und waren ein paar Tage in San Francisco, um uns dort die Sehenswürdigkeiten anzugucken.«
    »Reine Entspannung«, sagte Jack.
    Die Kellnerin brachte ihre Drinks.
    »Auf unsere glückliche Begegnung«, sagte Nora und hob das Glas.
    »Hört, hört«, sagte Jack.
    »Und vielen Dank, dass ihr uns geholfen habt«, sagte Tyler.
    Abe lächelte. »War uns ein Vergnügen.«
    Sie tranken, und nach ein paar Schlucken seufzte Jack laut. »Ah. Genau das habe ich jetzt gebraucht.«
    »Also, ihr seid aus Los Angeles«, sagte Abe. »Was führt euch in diese Gegend?«
    »Ach, wir …«
    »Wir suchen nach Tylers

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