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Der Keller

Der Keller

Titel: Der Keller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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solche Renovierungsmaßnahmen wären der geheimnisvollen Aura des Hauses wohl eher abträglich.
    »Besonders beunruhigend wirken die drei kleinen Speicherfenster, die unter Giebeln im steil abfallenden Dach hervorragen und wie düstere Augenlider wirken. Zwangsläufig fragt man sich, welche Schrecken wohl dahinter lauern. Allein bei dem Gedanken daran läuft es mir eiskalt den Rücken hinunter - zu grausig ist der Gedanke, dass plötzlich eine abscheuliche Fratze dahinter erscheinen könnte.« Eleganter Unsinn, dachte er. Trotzdem ertappte er sich dabei, wie er unverwandt auf das am weitesten entfernte Dachbodenfenster starrte. Und tatsächlich standen ihm die Haare zu Berge. Zu grausig ist der Gedanke…
    Er senkte die Augen und blickte auf das graue Metall des Diktiergeräts. Das leise Summen des Apparats beruhigte ihn. Als er wieder zum Haus hinübersah, gab er sorgfältig darauf Acht, besagtes Fenster nicht anzustarren.
    »Am Ende des Daches befindet sich ein Turm«, fuhr er fort. »Sein Dach ist kegelförmig, wie ein Witwenhut… nein, Hexenhut heißt das. Die Fenster darunter …«Er schaltete das Gerät ab.
    Er sah sich um. Von Brian war keine Spur zu sehen. Dann bemerkte er den jungen Mann, wie er mit der Kamera im Anschlag vor der Ticketbude stand. Gorman hupte kurz, worauf Brian die Kamera sinken ließ, ihm zunickte und zum Auto zurückkehrte. Anstatt einzusteigen sah er Gorman durch das geöffnete Fenster an.
    »Bist du bald fertig?«
    »Moment noch. Ich hab ein paar tolle Schnappschüsse gemacht.
    Außerdem fängt die nächste Führung in einer Dreiviertelstunde an.«
    Diese Neuigkeit gefiel Gorman ganz und gar nicht. Seine Eingeweide krampften sich zusammen. »Nein, heute nicht«, sagte er. »Ich will erst mit dem Mädchen reden.«
    »Alles klar«, sagte Brian und stieg ein. »Das Motel ist nur ein paar Meilen von hier entfernt.« Er rangierte aus der Parklücke. »Wir können es gar nicht verfehlen, hat die Kleine gesagt.«
    »Das Mädchen in der Ticketbude?«
    »Genau die. Sie heißt Sandy. Sehr freundlich.«
    »Ist dir jemals ein Mädchen über den Weg gelaufen, das nicht freundlich zu dir war?«
    »Selten«, sagte Brian. Ein Lächeln umspielte seine hohen Wangenknochen, und dann warf er Gorman einen der ernsten, durchdringenden Blicke zu, mit denen er beim anderen Geschlecht so großen Erfolg hatte.
    »Pass auf, wo du hinfährst«, sagte Gorman mit unverhohlener Bitterkeit in seiner Stimme. Selbst nach den vier Jahren, in denen sie fast täglich zusammengearbeitet hatten, hegte er noch immer tiefen Neid gegenüber Brian. Das füllige blonde Haar, die tiefblauen Augen, die glatte Haut und sein durchtrainierter, junger Körper schienen Gorman verhöhnen zu wollen. Im Vergleich dazu sah er wie eine alte, übergewichtige Bulldogge aus. Das war einfach nicht fair.
    »Ich frage mich, ob es in diesem Nest was aufzureißen gibt«, sagte Brian.
    »Unsere Freundin Janice wird schon für die nötige Ablenkung sorgen.«
    »Hoffentlich sieht sie einigermaßen aus.«
    »Das ist völlig unerheblich. Du hältst dich an unseren Plan.«
    »Jaja, schon klar.«
    Nachdem sie an einer ganzen Reihe von Souvenirläden, Cafés, Sportwarengeschäften und Tankstellen vorbeigefahren waren, erreichten sie den Stadtrand, hinter dem die Straße in den Wald führ-
    te. Gorman sah sich um und fragte sich, ob sie das Welcome Inn übersehen hatten.
    »Keine Angst«, sagte Brian. »Wir haben es nicht verpasst. Laut Sandy können wir es gar nicht übersehen. Es muss ganz hier in der Nähe sein.«
    Und so war es auch.
    Zur Rechten entdeckten sie das zum Welcome Inn gehörige Restaurant namens Carriage House, ein anheimelndes Gebäude mit weißer Holzverkleidung, grünen Tür- und Fensterrahmen sowie einer alten Kutsche auf dem Rasen davor. Ein Fußweg führte vom Eingang des Restaurants zu einem Parkplatz, der von einem Dutzend Bungalows umringt war. Bis auf zwei Autos war der Parkplatz leer.
    »Sieht nicht so aus, als wäre es überbelegt«, bemerkte Brian.
    »Wie scharfsinnig«, sagte Gorman.
    Brian parkte vor der Rezeption. »Willst du hier warten?«, fragte er.
    »Das wäre wohl kaum angebracht.«
    »Ich dachte nur, dass du dir Notizen machen willst oder so.«
    Während Gorman das Diktiergerät ins Handschuhfach zurücklegte, überprüfte Brian seine vom Fahrtwind zerzauste Frisur im Rückspiegel. Dann stiegen sie aus und betraten die Rezeption.
    Das Büro wirkte hell und freundlich. Niemand war zu sehen, doch Gorman konnte die

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