Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Ketzerlehrling

Der Ketzerlehrling

Titel: Der Ketzerlehrling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
Vom Netzwerk:
Begleiter Williams von Lythwood. Ihr erinnert Euch, wie fragwürdig sich der Glaube seines Herrn einst erwiesen hat; jetzt scheint es, als wäre der Diener noch schlimmer als der Herr. Ein Mitglied des gleichen Haushalts sagt aus, daß dieser Mann gestern abend, vor weiteren Zeugen, Ansichten äußerte, die den Lehren der Kirche aufs Gröbste widersprechen. Aldwin, der Schreiber des Girard von Lythwood, beschuldigt Elave der abscheulichsten Ketzereien und ist bereit, die Anklage gegen ihn vor dieser Versammlung zu vertreten, wie es seine Pflicht und Schuldigkeit ist.«

5. Kapitel
    Es war gesagt und ließ sich nicht mehr ungesagt machen.
    Das Wort, einmal ausgesprochen, ist von tödlicher Dauer. Es brachte eine totale Reglosigkeit und Schweigen mit sich, als hätte ein verheerender Frost den Kapitelsaal erstarren lassen.
    Die Lähmung dauerte einige Sekunden, bevor sich auch nur die Augen bewegten, von der selbstgerechten Entrüstung auf dem Gesicht des Priors über Bruder Jerome hinweg zur offenen Tür, auf der Suche nach dem Ankläger, der sich bisher noch nicht gezeigt hatte, sondern demütig irgendwo außer Sichtweite wartete.
    Cadfaels erster Gedanke war, daß dies nicht mehr war als eine von Jeromes Säuerlichkeiten, impulsiv, unbegründet und gewiß leicht zu widerlegen, sobald man der Sache auf den Grund ging. Die meisten von Jeromes Bergen erwiesen sich bei näherer Betrachtung als Maulwurfshügel. Doch dann sah er die strenge Miene des Chorherrn Gerbert und wußte, daß dies eine weitaus ernstere Angelegenheit war, die nicht leichthin beiseite geschoben werden konnte. Selbst wenn der Abgesandte des Erzbischofs nicht zugegen gewesen wäre, hätte Abt Radulfus eine solche Anklage nicht auf sich beruhen lassen können. Er konnte dafür sorgen, daß das Verfahren, das jetzt folgen mußte, vernünftig durchgeführt wurde; verhindern konnte er es nicht.
    Gerbert würde sich in eine solche Abweichung verbeißen, daran ließen die zusammengepreßten Lippen und das beutegierige Starren seiner Augen keinerlei Zweifel. Dennoch war er so höflich, die erste Initiative dem Abt zu überlassen.
    »Ich hoffe«, sagte Radulfus in dem trockenen, entschiedenen Ton, der sein beherrschtes Mißfallen anzeigte, »Ihr habt Euch vergewissert, Bruder Robert, daß diese Anklage ernst gemeint ist und nicht nur Ausdruck persönlicher Feindschaft? Wäre es nicht angebracht, bevor wir weitere Schritte unternehmen, den Ankläger auf das Schwerwiegende seines Tuns hinzuweisen?
    Wenn er die Sache nur aus einem privaten Groll heraus vorgebracht hat, dann sollte ihm Gelegenheit gegeben werden, seine eigene Position noch einmal zu überdenken und die Anklage zurückzuziehen. Menschen sind fehlbar, und es kommt vor, daß sie aus einem Impuls Dinge sagen, die sie dann schnell bedauern.«
    »Das habe ich getan«, erklärte der Prior entschieden. »Er sagte, es gäbe noch zwei Personen, die dasselbe hörten, das auch er gehört hat, und die ebenso Zeugnis ablegen können wie er. Hier handelt es sich nicht nur um einen Disput zwischen zwei Männern. Außerdem ist, wie Ihr wißt, Vater, dieser Elave gerade erst zurückgekehrt; deshalb ist nicht anzunehmen, daß der Schreiber Aldwin in so kurzer Zeit einen Grund gefunden haben könnte, ihm zu grollen.«
    »Offenbar handelt es sich um denselben Mann«, warf Chorherr Gerbert aufgebracht ein, »der den Leichnam seines Herrn heimgebracht hat und, wie ich sagen muß, bereits zu diesem Zeitpunkt gewisse rebellische und höchst fragwürdige Tendenzen an den Tag legte. Diese Anklage darf nicht so nachsichtig abgetan werden wie der nach wie vor bestehende Verdacht hinsichtlich des Toten.«
    »Die Anklage wurde erhoben und wird, wie es scheint, aufrechterhalten«, pflichtete Radulfus ihm kalt bei. »Sie muß gewiß untersucht werden, aber nicht jetzt und hier. Dies ist eine Angelegenheit, die nur die älteren Brüder angeht, nicht aber die Novizen und die Jüngeren unter uns. Kann ich annehmen, Bruder Robert, daß der junge Mann bisher nichts von der gegen ihn erhobenen Anklage weiß?«
    »Von mir hat er es nicht erfahren, Vater, und bestimmt nicht von dem Mann Aldwin, der heimlich zu Bruder Jerome kam, um ihm mitzuteilen, was er gehört hatte.«
    »Der junge Mann ist Gast in unserem Kloster«, sagte der Abt.
    »Er hat ein Recht darauf, zu wissen, was gegen ihn vorgebracht wird, und dazu Stellung zu nehmen. Und die anderen beiden Zeugen, von denen der Ankläger spricht – wer sind sie?«
    »Sie gehören zum

Weitere Kostenlose Bücher