Der Ketzerlehrling
freiläßt, damit du mit mir als Bürgen für dein Wohl verhalten in unser Haus kommen kannst.
Ich habe versprochen, daß du erscheinen würdest, wenn du gerufen wirst, und ich habe ihnen mitgeteilt, daß ich dich wieder in meine Dienste aufnehmen werde. Warum auch nicht? Du hast nicht die Hand gegen Aldwin erhoben, ich auch nicht, und keiner von uns hätte ihn hinausgesetzt, um für dich Platz zu machen. Aber nun ist es passiert, der arme Kerl ist tot, ich brauche einen Schreiber, und du brauchst einen Ort, wo du deinen Kopf hinlegen kannst, wenn du hier herausgekommen bist. Wo wärest du besser aufgehoben als in dem Haus, das du einst so gut kanntest, bei einer Arbeit, mit der du einst vertraut warst und die du schnell wieder beherrschen wirst? Also, wenn du willst, hier ist meine Hand darauf, und wir sind beide gebunden. Was meinst du dazu?«
»Es gibt nichts in der Welt, was ich lieber täte!« Elaves Miene, in den letzten paar Tagen sehr gesetzt und zu behutsamer Gelassenheit gezwungen, strahlte jetzt eine herzliche Freude und Dankbarkeit aus, die ihn sehr jung und verletzlich erscheinen ließ. Es dürfte ihm nicht leichtfallen, den durchbrochenen Schutzwall wieder aufzubauen, wenn sie gegangen sind, dachte Cadfael. »Aber darüber sollten wir jetzt nicht sprechen! Wir dürfen es nicht!« protestierte Elave zitternd.
»Gott weiß, wie dankbar ich für Eure Großherzigkeit bin, aber ich wage nicht, an die Zukunft zu denken, bevor ich hier heraus bin. Hier heraus – und gerechtfertigt! Ihr habt mir noch nicht erzählt, was sie erwidert haben, aber ich kann es mir denken.
Sie wollten mich nicht freilassen, nicht einmal in Eure Obhut.«
Girard gab es betrübt zu. »Aber der Abt hat uns erlaubt, zu kommen und dich zu sehen und dir zu sagen, was ich mit dir vorhabe, damit du zumindest weißt, daß du Freunde hast, die sich für dich einsetzen. Jede Stimme, die für dich spricht, muß etwas für dich bewirken. So, nun habe ich dir gesagt, was ich für dich bereithalte. Und jetzt möchte Fortunata dir auch noch etwas sagen.«
Beim Eintreten hatte Girard den Gegensand, den er bei sich trug, neben Elave auf der Pritsche abgesetzt. Fortunata trat zu ihm, beugte sich nieder, um ihn zu ergreifen, und setzte sich dann mit der Schatulle auf den Knien neben ihn.
»Du erinnerst dich, daß du das in unser Haus gebracht hast?
Vater und ich haben es heute hergebracht, um es als Bürgschaft für deine Freilassung zu verpfänden. Aber sie wollten dich nicht gehen lassen. Nun, wenn wir deine Freiheit nicht auf diese Weise erkaufen können«, sagte sie mit leiser, entschlossener Stimme, »gibt es noch andere Wege. Erinnere dich, was ich zu dir gesagt habe, als wir beisammen waren.«
»Ich erinnere mich«, sagte er.
»Für derartige Dinge braucht man Geld«, sagte Fortunata, wobei sie ihre Worte sehr vorsichtig wählte. »Onkel William hat mir eine Menge Geld geschickt. Ich will, daß es für dich verwendet wird, auf jede Weise, die dir nützen kann. Jetzt bist du nicht mehr an dein Wort gebunden. Das Wort, das du gegeben hattest, haben sie gebrochen, nicht du.«
Girard legte eine warnende Hand auf ihren Arm und sagte mit kaum hörbarem Flüstern, das dennoch ein verräterisches Echo von der steinernen Wand auslöste: »Vorsichtig, Mädchen! Die Wände haben Ohren!«
»Aber keine Zungen«, sagte Cadfael ebenso leise. »Nein, sprecht offen, Kind, von mir habt Ihr nichts zu befürchten. Sagt alles, was Ihr zu sagen habt, und laßt ihn antworten. Ich werde mich nicht einmischen, weder auf die eine noch auf die andere Art.«
Anstelle einer Antwort hob Fortunata die Schatulle hoch und legte sie Elave in die Hände. Cadfael vernahm ein kaum hörbares Klirren kleiner Münzen, die sich darin bewegten, und drehte gerade noch rechtzeitig den Kopf, um zu sehen, wie Elave ein wenig zusammenfuhr, als er das Gewicht entgegennahm, und wie die Schultern des jungen Mannes erstarrten und seine Brauen sich zusammenzogen. Er sah, wie er die Schatulle in den Händen kippte, um ein schwächeres Echo des leisen Geräuschs zu erzeugen, und sie nachdenklich auf den Händen wog.
»Es war Geld, was Master William dir schickte?« sagte Elave nachdenklich. »Ich wußte nicht, was darin war. Aber es gehört dir. Er hat es für dich bestimmt, und ich habe es für dich mitgebracht.«
»Wenn es dir nützt, dann nützt es auch mir«, sagte Fortunata. »Ja, ich will sagen, was zu sagen ich gekommen bin, obwohl ich weiß, daß Vater es nicht gutheißt. Ich
Weitere Kostenlose Bücher