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Der Ketzerlehrling

Der Ketzerlehrling

Titel: Der Ketzerlehrling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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vertraue nicht darauf, daß man dir Gerechtigkeit widerfahren läßt. Ich habe Angst um dich. Ich möchte dich weit fort von hier und in Sicherheit wissen. Dieses Geld gehört mir, ich kann damit tun, was ich will. Ich kann damit ein Pferd kaufen, eine Unterkunft, Essen, vielleicht sogar einen Mann, der einen Schlüssel dreht und die Tür öffnet. Ich möchte, daß du es annimmst – daß du den Gebrauch annimmst, den man davon machen kann, und alles, was ich damit für dich erkaufen kann. Ich fürchte nichts, außer für dich. Und ich schäme mich nicht. Wo immer du auch hingehst und wie weit fort, ich werde dir folgen.«
    Sie hatte mit herausfordernder Gelassenheit begonnen, aber sie endete mit gedämpfter Leidenschaftlichkeit; ihre Stimme war nach wie vor leise und beherrscht, ihre Hände in ihrem Schoß verkrampft, ihr Gesicht sehr blaß und eindringlich.
    Elaves Hand zitterte, als er ihre Hände ergriff, nachdem er die Schatulle auf seinem Bett beiseitegeschoben hatte. Nach einer langen Pause, die kein Zögern war, sondern eher das Zeichen einer Entschlossenheit, die Mühe hatte, die deutlichsten, aber am wenigsten verletzenden Worte zu finden, sagte er ruhig:
    »Nein! Ich kann es nicht annehmen oder zulassen, daß du um meinetwillen solchen Gebrauch davon machst. Du weißt, weshalb. Ich habe meine Meinung nicht geändert, und ich werde sie auch nicht ändern. Wenn ich vor dieser Anklage davonlaufe, dann öffne ich die Tür für Teufel, die bereit sind, über ehrliche Männer herzufallen. Wenn dieser Kampf jetzt nicht bis zum Ende durchgestanden wird, dann kann jeder der Ketzerei beschuldigt werden, der seinem Nachbarn nicht gefällt.
    Es ist so leicht, jemanden anzuklagen, solange es Leute gibt, die willens sind, schon wegen eines Zweifels, einer Frage, eines unangebrachten Wortes zu verdammen. Ich werde nicht flüchten. Ich bleibe hier, bis sie kommen und mir sagen, daß man mir nichts vorzuwerfen hat und es mir freisteht, nach Belieben zu kommen und zu gehen.«
    Sie hatte die ganze Zeit gewußt, daß er trotz ihrer Beharrlichkeit nein sagen würde. Sie entzog ihm sehr langsam ihre Hände und stand auf, aber für einen Moment gelang es ihr nicht, sich von ihm abzuwenden, nicht einmal, als Girard sanft ihren Arm ergriff.
    »Aber dann«, sagte Elave entschlossen, während er ihr in die Augen blickte, »dann will ich dein Geschenk annehmen – wenn ich auch die Braut haben kann, die dazugehört.«

11. Kapitel
    »Ich habe eine Bitte an Euch, Fortunata«, sagte Cadfael, als er zwischen den schweigenden Besuchern den großen Hof überquerte, dem verzweifelten Mädchen und seinem Ziehvater, der offensichtlich erleichtert war, daß Elave so unverbrüchlich darauf bestand, zu bleiben, wo er war, und auf die Gerechtigkeit zu vertrauen. Offenbar glaubte auch Girard an die Gerechtigkeit. »Würdet Ihr mir erlauben, Bruder Anselm Eure Schatulle zu zeigen? Er ist in allen Kunstfertigkeiten bewandert und kann uns vielleicht sagen, woher sie stammt und wie alt sie ist. Ich wüßte auch gern, zu welchem Zweck sie hergestellt wurde. Es wird Euch gewiß nicht zum Schaden gereichen.
    Anselm ist in unserer Bruderschaft ein angesehener Mann und Elave wohlgesinnt. Habt Ihr Zeit, mit mir ins Scriptorium zu kommen? Vielleicht möchtet Ihr selbst gern mehr über die Schatulle erfahren. Ich bin sicher, daß sie ziemlich wertvoll ist.«
    Sie gab ihre Zustimmung fast geistesabwesend; in Gedanken war sie noch immer bei Elave.
    »Der Junge braucht alle Freunde, die er bekommen kann«, sagte Girard. »Ich hatte gehofft, daß jetzt, da die schwere Anklage gegen ihn in sich zusammengebrochen ist, diejenigen, die ihn für schuldig hielten, einige Scham empfinden und auch die andere Anklage nachsichtiger beurteilen würden. Aber da ist dieser große Herr aus Canterbury, der behauptet, vorwitzige Gedanken über den Glauben seien schlimmer als Mord. Was soll man davon halten? Ich weiß es nicht – aber ich glaube, ich hätte dem Jungen selbst ein Pferd besorgt, wenn er zugestimmt hätte; aber es wäre mir lieber, wenn mein Mädchen damit nichts zu tun hätte.«
    »Er läßt ja nicht zu, daß ich etwas damit zu tun habe«, sagte Fortunata bitter.
    »Und das rechne ich ihm hoch an! Was ich im Rahmen des Gesetzlichen tun kann, um ihn sicher aus dieser Schlinge herauszuholen, das werde ich tun, was immer es mich kostet.
    Wenn er der Mann ist, den du haben willst, so wie er offensichtlich dich haben will, dann sollt ihr beide nicht vergeblich

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