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Der Ketzerlehrling

Der Ketzerlehrling

Titel: Der Ketzerlehrling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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und ungelesen durch die halbe Welt getragen, welchen Wert hatte es dann für eine junge Frau, wenn sie das heiratsfähige Alter erreicht hatte? War es nur etwas, das man verkaufen konnte, und zwar wohlüberlegt, um den höchstmöglichen Preis zu erzielen? Bücher haben noch einen anderen Wert, für diejenigen, die sich für immer und von ganzem Herzen in sie verliebt haben. Es gab Leute, die für sie betrügen würden, für sie stehlen, für sie lügen, selbst wenn sie sich nie einem anderen Menschen gegenüber ihrer Schätze rühmen konnten. Auch für sie morden? Unmöglich war es nicht.
    Aber damit schoß er vermutlich weit über den vorliegenden Fall hinaus, denn wo sollte da ein Zusammenhang bestehen?
    Wer stellte eine Bedrohung dar? Wer stand im Wege? Doch gewiß nicht ein kaum des Lesens mächtiger Schreiber, der gewiß keinerlei Interesse aufbrachte für herrliche, vor langer Zeit von hingebungsvollen Künstlern geschaffene Handschriften.
    Unvermittelt und bis zu einem gewissen Grade zu seiner eigenen Überraschung hörte Cadfael auf, seine Kräuterbeete von kleinen Unkräutern zu befreien; er stellte seine Hacke weg und machte sich auf die Suche nach Bruder Winfrid, der im Gemüsegarten jätete.
    »Mein Sohn, ich habe etwas zu erledigen, wenn der Vater Abt es erlaubt. Ich werde voraussichtlich zur Vesper zurück sein, aber wenn es später wird, sorgt dafür, daß alles in Ordnung ist und schließt meine Hütte ab, bevor Ihr geht.«
    Bruder Winfrid richtete sich einen Moment zu seiner vollen, muskulösen Höhe auf, um die ihm erteilten Anweisungen zu bestätigen, eine große Faust voll von dem Grünzeug, das er ausgejätet hatte. »Wird gemacht. Ist irgend etwas darin, was umgerührt werden muß?«
    »Nein, nichts. Ihr könnt es Euch bequem machen, wenn Ihr hier fertig seid.« Nicht, daß damit zu rechnen gewesen wäre, daß er das wörtlich nahm. Bruder Winfrid steckte dermaßen voller Energie, daß er ständig einen Auslaß für sie finden mußte, sonst würde sie ihn vermutlich in Stücke reißen. Cadfael klopfte ihm auf die Schulter, überließ ihn seinem kraftvollen Tun und machte sich auf die Suche nach Abt Radulfus.
    Der Abt saß in seinem Arbeitszimmer, in den Bericht des Kellermeisters vertieft, doch als Cadfael um Audienz bat, legte er den Bericht beiseite und widmete seine ganze Aufmerksamkeit dem Bittsteller.
    »Vater«, sagte Cadfael, »hat Bruder Anselm Euch berichtet, was wir gestern morgen bezüglich der Schatulle entdeckt haben, die aus dem Osten für das Mädchen Fortunata mitgebracht wurde? Und zu welchen Schlüssen, unter Vorbehalten, wir bei der Untersuchung gelangt sind?«
    »Das hat er«, sagte der Abt. »In solchen Dingen würde ich Anselms Urteil trauen, dennoch ist es nur eine Vermutung. Es ist anzunehmen, daß es ein solches Buch gegeben hat. Ein Jammer, daß es verlorengegangen ist.«
    »Vater, ich bin nicht sicher, daß es verlorengegangen ist. Ich habe Grund zu der Annahme, daß das, was in dieser Schatulle nach England kam, nicht das Geld war, das sich jetzt darin befindet. Das Gewicht hat sich verändert, und sie fühlt sich auch anders an. Das sagt der junge Mann, der sie aus dem Osten hergebracht hat, und das sage auch ich, denn ich hatte sie an dem Tag in der Hand, an dem er sie in Girard von Lythwoods Haus ablieferte. Ich finde«, sagte Cadfael mit Nachdruck, »daß das, was wir festgestellt haben, auch dem Sheriff mitgeteilt werden sollte.«
    »Ihr glaubt«, sagte Radulfus und musterte ihn ernst, »daß es etwas mit dem einzigen Fall zu tun haben könnte, mit dem Hugh Beringar momentan beschäftigt ist? Aber das ist ein Mordfall. Was kann ein Buch, ob es nun da ist oder nicht, für dieses Verbrechen bedeuten?«
    »Als der Schreiber ermordet wurde, Vater, haben da nicht die meisten Leute als erwiesen hingenommen, daß der junge Mann, den er angeklagt hatte, ihn aus Rache tötete? Jetzt wissen wir, daß es sich nicht so verhalten hat. Wer sonst hätte Veranlassung gehabt, um der von ihm erhobenen Anklage willen die Hand gegen ihn zu erheben? Niemand. Ich bin jetzt überzeugt, daß sein Tod nichts mit der Denunzierung von Elave zu tun hatte. Dennoch hat es den Anschein, als hätte er trotzdem etwas mit Elave zu tun, mit seiner Heimkehr nach Shrewsbury. Alles, was geschehen ist, geschah seit seiner Heimkehr. Ist es nicht möglich, Vater, daß es etwas mit dem zu tun hat, was er in dieses Haus mitbrachte? Eine Schatulle, deren Gewicht sich verändert, die sich an einem Tag

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