Der Killer im Lorbeer
fertig anziehen und ein frühes Frühstück für das Team vorbereiten.
Die meisten kenne ich. Den alten Jock, Urgestein der Forensiker, versiert in herkömmlichen Methoden ebenso wie in der DNA-Verbrecherjagd. Jock hat ein Häuschen in Somerset und möchte endlich in Rente gehen. Onkel und Neffe sind eine Nummer für sich. Beide sind zu fett, es heißt, der Neffe sei bei der Spurensicherung in einem alten Farmhaus durch die Decke gebrochen. Sie reden gern gleichzeitig, keiner hört dem anderen zu. Es gibt den jungen Constable, den schwulen Constable und den ehrgeizigen Constable. Neben Ralph gibt es noch zwei Sergeants. Das ist Rosys Kernmannschaft. Ist ein Fall komplexer, bildet sie eine Sonderkommission. Wie komplex ist dieser Fall? Hier ist nicht London oder Manchester. Mord in Trench ist die Ausnahme. Zwei Tote in drei Tagen. Das ist neu.
Rosy, auf ihr Knie gestützt. Über ihr verlieren sich die 106 Stufen im Dunkeln, unter ihr liegt der Parkplatz. Sie ist fast so schockiert wie ich. Nicht nur, weil die Tat in unmittelbarer Nähe passierte. Rosemary ist betroffen. Mrs Lancaster war nicht zufällig hier. Niemand betritt die Schlosstreppe aus Zufall. Mrs Lancaster wollte da hinauf. Sie wollte zu Detective Inspector Daybell. Jemand hat das verhindert.
Jock kniet neben der Leiche. »In ein paar Stunden sage ich es dir genau, aber auf den ersten Blick ist der Sturz die Todesursache.«
Rosy hebt den Blick. »Wie lang dauert das mit den Scheinwerfern?«, ruft sie herrischer als sonst.
Die Constables legen einen Zahn zu.
»Wie hoch war der Sturz, was meinst du?«
Jock schiebt die Brille auf die Stirn. »Sie hat mehrere Frakturen. Das Schläfenbein ist an der Schuppe gebrochen, das Kiefergelenk könnte in die Schädelhöhle eingedrungen sein. Möglich, dass sie die ganze Treppe runtergefallen ist.«
Das Licht geht an. Die Constables richten die Halogenfluter auf den Stativen ein. Onkel und Neffe kommen auf Rosy zu.
»Stufe für Stufe«, sagt der Onkel.
»Jede Stufe. Lange Nacht.« Die Fototaschen baumeln um den Bauch des Neffen.
»Könnte sie von selbst gefallen sein?«, fragt Rosy ohne Überzeugung.
»Wenn ich mir diese Treppe anschaue, staune ich, dass du selbst immer heil zum Dienst kommst, Rosy.« Er beugt sich über die Leiche. »Nein. Wahrscheinlich Fremdverschulden. Die Frau hält ein Stück Papier umkrampft.« Er legt Mrs Lancasters rechte Hand frei, ohne deren Position zu verändern. »Nur ein Fetzen. Der Rest fehlt.«
»Jemand hat es ihr aus der Hand gerissen?«
»Möglich.«
»Todeszeit?«
»Ist bestimmt zwei Stunden her.«
»Kurz nach Mitternacht.« Rosy steht auf.
Die Tote ist gut angezogen, beinahe elegant. Ungewöhnlich, wenn man spätnachts wohin will. Es wirkt, als hätte sich Mrs Lancaster für diesen Gang fein gemacht. Keine Handtasche. Sie könnte sie beim Sturz verloren haben. In der linken Hand ein Schlüsselbund. Rosy wendet sich zum Parkplatz. Neben dem Volvo steht Mrs Lancasters Wagen mit offener Tür. Auf ihn wurde die Funkstreife aufmerksam.
»Sie ist ausgestiegen und hat die Tür offen gelassen? Weshalb? Warum hat sie den Wagen nicht abgeschlossen, bevor sie hochlief?«
Über die Serpentine nähert sich Ralphs Wagen. Der Sergeant steigt im Jogginganzug aus. Das ging am schnellsten. Mit ein paar Schritten ist er bei Rosy.
Ich hasse Auftritte. Aber wie soll man ein Tablett unauffällig eine hell erleuchtete Treppe heruntertragen, ohne dass es wie ein Auftritt aussieht? Der Kaffee dampft. Die Rosinenbrötchen sind heiß und sollten gleich gegessen werden. Ich schlüpfe in die Strickjacke und trete aus dem Eichentor. Geblendet wende ich den Kopf ab, die Augen müssen sich erst an die Helligkeit gewöhnen. Ein Stück unter mir hantieren Onkel und Neffe in den Büschen. Die Tassen klirren, ich beginne den Abstieg.
»Guten Morgen, Sir.«
»Guten Morgen, Mylord.«
Ich begrüße die dicken Männer. »Darf man schon durch?«
»Wenn Sie einfach in der Mitte bleiben, Sir.«
»Bitte in der Mitte, nicht an den Rand, Sir«, echot der Neffe.
Der Onkel befestigt Marker an den Ästen eines Sanddornstrauches. Der Neffe fotografiert.
»Tut uns leid, die Ruhestörung.«
»Unangenehme Sache.« Die kreisrunden Gesichter nicken.
Ich trete so vorsichtig auf, als wäre die Treppe aus Glas. »Ist es hier passiert?«
»Die Zweige, sehen Sie, Sir? Hier ist jemand in den Busch gefallen.«
»Die Bruchstellen, Mylord.«
»Wieso stürzt jemand, der in den Busch fällt, die Treppe
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